"Der Klopp-Hype ist nebensächlich"

Jürgen Klopp ist seit 8. August neuer Trainer von Emre Can in Liverpool
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Emre Can spielt seine zweite Saison beim FC Liverpool und gehört zu den absoluten Leistungsträgern der Reds. Der Nationalspieler spricht über die erste Begegnung mit Jürgen Klopp, die emotionalen Ansprachen des neuen Trainers und schildert die Geschehnisse von Paris.

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SPOX: Herr Can, Sie stehen nun seit fast auf den Tag genau 17 Monaten beim FC Liverpool unter Vertrag. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer persönlichen Entwicklung in dieser Zeit?

Emre Can: Sehr zufrieden. Meine Anfangszeit in Liverpool war nicht leicht. Das Land, die Sprache, der Klub: alles war neu für mich. Ich musste mich erstmal einleben und habe aufgrund mehrere kleiner Verletzungen auch nicht sofort gespielt. Dann wurde ich am 26. Dezember 2014, dem Boxing Day, erstmals eingewechselt. Anschließend war ich Stammspieler und habe fast jedes Spiel von Beginn an gemacht.

SPOX: Der Start in die neue Saison verlief eher durchwachsen und kostete Ihrem Trainer Brendan Rodgers letztlich den Job. Haben Ihre Mitspieler Sie über Jürgen Klopp ausgefragt, als erste Gerüchte aufkamen, er könnte Rodgers' Nachfolge antreten?

Can: Es gab schon ein paar Spieler, die von mir wissen wollten, was Klopp für ein Typ ist. Allerdings kannte ich ihn zu dem Zeitpunkt noch gar nicht persönlich und konnte dementsprechend nicht wirklich viel sagen.

SPOX: Wie verlief dann das erste Aufeinandertreffen von Klopp und der Mannschaft?

Can: Ganz normal. Wir haben uns im Besprechungsraum getroffen und Jürgen Klopp hat sich erstmal allen vorgestellt. Er war ganz ruhig und freundlich, hat in seiner bekannten Art aber auch ein paar Späße gemacht. Es war eine sehr angenehme Begegnung.

SPOX: Nach seiner ersten offiziellen Pressekonferenz als Liverpool-Trainer, in der er sich als 'The Normal One' vorstellte, entstand in ganz Deutschland und England ein großer Hype um seine Person. Wie erlebt man so eine Situation als Spieler?

Can: Natürlich bekommt man es mit, für uns als Mannschaft ist ein solcher Hype aber nebensächlich, uns geht geht es einzig um die Leistung auf dem Platz. Was drum herum passiert, ist für uns nicht wichtig.

SPOX: Klopp ist vor allem für seine rhetorischen Fähigkeiten und Ansprachen bekannt. Erinnern Sie sich noch an Ihre erste?

Can: Ja, Klopps erste Ansprache war sehr emotional und motivierend. Er verstellt sich nicht und weiß ganz genau, wie er das Feuer in der Mannschaft entfacht. Gleichzeitig lockert er die Stimmung immer wieder auf, indem er hier und da auch mal einen Witz macht.

SPOX: Wie beschreiben Sie das Verhältnis zwischen Ihnen und Klopp? Unterhalten Sie sich auf Deutsch?

Can: Wir haben ein tolles Verhältnis, verstehen uns gut und reden viel miteinander. Er will mich auch persönlich weiterbringen, was ich sehr zu schätzen weiß. Wenn wir uns unter vier Augen unterhalten, sprechen wir Deutsch.

SPOX: Wieviel Klopp steckt nach knapp zwei Monaten schon in der Mannschaft?

Can: Sehr viel. Er hat eine ganz andere Idee von Fußball, setzt auf Pressing und Umschaltspiel. Wir verinnerlichen seine Philosophie immer besser, stehen kompakt und treten als Mannschaft auf.

SPOX: Wie wichtig sind dabei solche Resultate wie zuletzt das 4:1 bei Manchester City? Ist es auch für Sie als Spieler eine Bestätigung, mit dem neuen Trainer auf dem richtigen Weg zu sein und diesen auch mit vollem Einsatz mitgehen zu wollen?

Can: Solche Spiele sind enorm wichtig, weil man dadurch das nötige Selbstvertrauen zurückerlangt. Nach dem schwierigen Start in die Saison haben viele Spieler gezweifelt. Klopp hat uns diese Zweifel genommen und uns aufgezeigt, wie wir guten, erfolgreichen Fußball spielen können, der gleichzeitig Spaß macht. Die Mannschaft glaubt an ihn und seinen Weg.

SPOX: Auf diesem Weg spielen Sie eine wichtige Rolle. Was sind Ihre persönlichen Ziele für die kommende Zeit?

Can: Zunächst möchte ich gesund bleiben, das ist das Wichtigste. Darüber hinaus möchte ich natürlich weiter entwickeln, Verantwortung übernehmen und als Nationalspieler vorangehen.

SPOX: Nachdem Sie alle Jugend-Nationalmannschaften durchliefen gehören Sie mittlerweile zum festen Kreis der DFB-Elf und profitieren dort von Ihrer Polyvalenz. Auf welcher Position fühlen Sie sich am wohlsten?

Can: Das spielt für mich überhaupt keine Rolle, ich stelle keinerlei Ansprüche. Als junger Spieler ist man dankbar, wenn man Einsatzchancen bekommt, da ist es mir völlig egal, ob ich als Außenverteidiger oder Mittelfeldspieler auflaufe. Ich will der Mannschaft dort weiterhelfen, wo ich gebraucht werde.

SPOX: Und wenn Jogi Löw Sie als Stürmer aufstellt?

Can: Dann würde ich auch als Stürmer auflaufen. (lacht)

SPOX: An die beiden letzten Länderspiele denken Sie sicher mit gemischten Gefühlen zurück. Wie haben Sie den Abend des Freundschaftsspiels gegen Frankreich in Paris erlebt?

Can: Wir Spieler haben auf dem Platz zunächst nichts davon mitbekommen, was rund um das Stadion und in der Stadt passierte. Nach dem Spiel wurden wir dann darüber informiert und blieben sicherheitshalber auch die Nacht über in der Kabine. Das war eine schwierige und beklemmende Situation für alle, sowas hatte noch keiner von uns erlebt. Ich denke, das Wichtigste ist, dass man die richtigen Lehren daraus zieht.

SPOX: Das darauffolgende Spiel in Hannover gegen die Niederlande wurde in der Tat aus Sicherheitsgründen abgesagt. Hatten Sie anschließend ein mulmiges Gefühl beim Betreten eines Stadions?

Can: Nein, das hat in meinem Kopf überhaupt keine Rolle mehr gespielt. Es ist immer unterschiedlich, wie Menschen mit einer solchen Situation umgehen. Manche machen sich viele Gedanken, können nicht schlafen und sind dann auch auf dem Platz nicht ganz bei sich. Ich kann so etwas sehr gut ausblenden und mich voll auf den Fußball konzentrieren.

Emre Can im Steckbrief

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