"In England wird der Fußball gelebt"

Von Interview: David Binder und Jan Konietzny (DAZN)
Ron-Robert Zieler wechselte im Sommer von Hannover 96 zu Leicester City
© getty

Ron-Robert Zieler hat der Bundesliga den Rücken gekehrt und beim englischen Sensations-Meister Leicester City angeheuert. Im Interview mit DAZN spricht der Keeper über seine Beweggründe, den Konkurrenzkampf im Tor, das Ziel Nationalmannschaft und die Chancen der Foxes gegen Englands Top-Klubs.

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Frage: Herr Zieler, Sie sind jetzt einige Wochen in Leicester. Wie ist der Start gelaufen? Was ist anders?

Zieler: Man braucht eine gewisse Eingewöhnungszeit, auch wenn ich schon einmal fünf Jahre in England gelebt habe. Bislang ist aber alles prima. Die Mannschaft ist intakt. Sie haben es mir und allen anderen Neuzugängen recht einfach gemacht. Von Leicester habe ich noch nicht wahnsinnig viel gesehen, wir haben viel trainiert. Die erste Woche war sehr intensiv. Dann hatten wir einen freien Tag und dann ging es auch schon ins Trainingslager. Aber ich denke, das ist auch ganz normal.

Frage: Was waren Ihre Gründe zurück nach England in die Premier League zu wechseln?

Zieler: Das Gesamtpaket war einfach sehr lukrativ. Die Premier League gilt als die beste Liga weltweit und ich spiele jetzt beim englischen Meister und bekomme die Chance, Champions League zu spielen. Als das Angebot kam, ist es mir nicht schwer gefallen, diese Entscheidung pro Leicester zu treffen.

Frage: Die Liga steht für Spektakel und wenig Geplänkel. Was macht für Sie die Faszination Premier League aus?

Zieler: In England wird der Fußball wortwörtlich gelebt. Es gibt vier Profiligen und jeder Verein hat seine Anhänger. Man kann jeden Tag ein anderes Spiel sehen, sei es Premier League, Championship oder League Two. Das ist schon beeindruckend und man spürt es auch selbst. Wir haben unheimlich viele Spiele in der Liga, zwei Pokalwettbewerbe und die Champions League. Das ist eine Menge Holz.

Frage: War die Bundesliga für Sie auch eine Option?

Zieler: Die Bundesliga war definitiv eine Möglichkeit. Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich mich in Deutschland sehr wohl gefühlt habe. Ich hatte auch eine tolle Zeit in Hannover, wenn wir mal von der letzten Saison absehen. Ich habe dort meine ersten Gehversuche meiner Profikarriere gemacht. Es hat wunderbar funktioniert. In den deutschen Stadien herrscht eine tolle Stimmung. Grundsätzlich hätte ich mir das schon vorstellen können. Es gab auch einige Anfragen, aber als das Angebot von Leicester kam, musste ich nicht lange nachdenken.

Frage: Ist die Stimmung ein Argument für einen Fußballer?

Zieler: Sowohl in England als auch in Deutschland ist die Atmosphäre super. Ich hatte den Plan, in einer der Top-Ligen Europas zu spielen. Es war daher beides möglich.

Frage: Ist es für Sie auch eine Art Zeichen an Jogi Löw, zu zeigen, dass Sie da sind und noch mal angreifen?

Zieler: Ich habe noch lange nicht mit dem Thema abgeschlossen. Ich war jetzt eine Weile nicht nominiert, aber davor vier Jahre fester Bestandteil der Nationalmannschaft und auch im Kader bei der WM 2014. Ich hatte dort eine tolle Zeit. Aber ich war selbstverständlich enttäuscht über die Nicht-Nominierung. Dennoch gilt meine volle Konzentration Leicester City. Ich muss mich hier neu beweisen und versuche, mein Bestes zu geben und vielleicht kann ich dann wieder auf die Nationalmannschaft schauen.

Frage: Das Märchen von Leicester war einzigartig in den letzten Jahren. Wie geht man jetzt in die Saison danach?

Zieler: Den meisten hier ist klar, dass diese Saison kein Selbstläufer wird. Es ist harte Arbeit. Es war eine Sensation letztes Jahr. Viele haben mit dem Verein sympathisiert und dem Team auch den Titel gegönnt. Aber nun geht es bei null los. Die Mannschaft ist intakt und es sind gute Typen dabei. Aber es ist klar, dass es mit der Mehrbelastung durch die Champions League eine schwierige Saison wird. Ich denke aber auch, dass wir eine sehr schlagkräftige Truppe auf dem Platz haben werden.

Verfolge Ron-Robert Zieler und Leicester City live auf DAZN

Frage: Wie schätzen Sie die Umstellung für Sie als Torwart ein? In der Premier League wird schließlich oft aus allen Rohren gefeuert.

Zieler: Ich habe auch in der vergangenen Saison viele Schüsse auf meinen Kasten bekommen. Ich denke, das ist kein Problem für mich. Ich glaube aber, dass das Spiel intensiver und körperbetonter ist. Es wird wahrscheinlich auch nicht alles gegen mich im Strafraum abgepfiffen. Da muss man sich aber durchsetzen. Es ist zwar eine gewisse Umstellung, aber der Fußball ist im Prinzip der gleiche.

Frage: Sie kommen als Weltmeister. Kasper Schmeichel war in der vergangenen Saison im Kasten. Wer spielt dieses Jahr?

Zieler: Das weiß ich, Stand jetzt, auch noch nicht. Das kann nur der Trainer beantworten. Ich weiß, was ich kann und worauf ich mich eingelassen habe. Ich bin extrem motiviert und gehe positiv an die Sache heran und versuche jeden Tag, mich neu zu beweisen. Das, was ich mir in Hannover erarbeitet habe, zählt hier nicht mehr. Das ist aber kein Problem für mich. Es ist eine neue Herausforderung. Ich freue mich auf diese reizvolle Aufgabe. Ich bin sehr ehrgeizig und versuche die Leute hier zu überzeugen.

Frage: Marc-Andre ter Stegen musste sich das Tor in Barcelona bislang teilen. Wäre das auch eine Lösung für Sie, beispielsweise nur in der Champions League im Kasten zu stehen?

Zieler: Ich denke, das ist noch zu früh. Wir können da jetzt viel spekulieren, aber ich werde mich damit auseinandersetzen, wenn es soweit ist. Ich werde auf jeden Fall Gas geben, um es dem Trainer so schwer wie möglich zu machen.

Frage: Abschließend noch: Wo landet Leicester nach dieser Saison?

Zieler: Gute Frage. Ich hoffe, dass wir bei den Spitzenklubs dabei bleiben können. United, Chelsea, Arsenal: Die haben alle mächtig aufgerüstet. Sie waren mit Sicherheit nicht zufrieden mit der letzten Saison. Letztlich wollen wir einfach eine gute Runde spielen.

Ron-Robert Zieler im Steckbrief

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