Jürgen Klopp geht mit dem FC Liverpool in die zweite Saison. Der Kader der Reds wurde vor allem offensiv punktuell für viel Geld verstärkt. Einige Liverpool-Legenden erwarten noch Transfers in der Defensive, doch Klopp verfolgt andere Pläne. Das Team soll weiter ausgedünnt werden. Die Kaderanalyse des FC Liverpool.
Tor: Loris Karius, Simon Mignolet, Alexander Manninger, Shamal George
Es wäre eine spannende Frage vor dem Auftaktspiel beim FC Arsenal gewesen: Wen stellt Klopp ins Tor? Der ausgerufene Zweikampf zwischen Neuzugang Karius und dem etablierten Mignolet hat sich aber aufgrund der Verletzung Karius' (Handbruch) vorerst erledigt.
Der für sechs Millionen Euro von Mainz 05 verpflichtete Karius wird noch bis in den Oktober hinein fehlen und zuschauen müssen, wie sich sein belgischer Konkurrent im Tor schlägt.
Mignolet geht in seine vierte Saison an der Anfield Road und war zuletzt aufgrund mehrerer Patzer nicht unumstritten. Karius hatte also gute Chancen, die Nummer eins bei den Reds zu werden.
Mit Manninger hat sich Klopp einen weiteren Keeper aus der Bundesliga geangelt. Der Österreicher ist ein solider Ersatzmann mit großer Erfahrung. Der 39-Jährige kennt die Premier League aus seiner Zeit beim FC Arsenal Anfang des Jahrtausends. Zum erweiterten Kader zählt der 18-jährige Shamal George.
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Innenverteidiger: Mamadou Sakho, Joel Matip, Dejan Lovren, Ragnar Klavan, Joe Gomez, Tiago Ilori, Lucas Leiva, Andrew Wisdom
"Gomez, Sakho und Lucas sind verletzt. Natürlich haben wir im Moment zu wenige Innenverteidiger", sagte Klopp vor rund einer Woche. Die Personaldecke im defensiven Zentrum ist reichlich dünn geworden vor dem Premier-League-Start, deshalb halten sich auch Gerüchte um weitere Neuzugänge. Klopp zeigt sich im Allgemeinen zufrieden mit seinem Kader, will die Tür für Transfers vor Schließung des Transferfensters aber nicht endgültig zuknallen.
Im Moment scheint er aber davon auszugehen, dass die Ausfallzeiten überschaubar sind und es sich nur um ein kurzfristiges Problem handelt, das er mit den vorhandenen Optionen überbrücken kann. Sakho arbeitet nach seinen Achillessehnenproblemen am Comeback, auch Lucas soll nach seiner Oberschenkelverletzung Mitte August wieder zurückkehren. Wie Gomez, der vor seiner Achillessehnenverletzung erst eine Kreuzbandverletzung hinter sich hatte, auf die Belastung reagiert, bleibt abzuwarten. Der von Klopp in der Vorbereitung hoch gelobte Tiago Ilori wird nach seinem Olympia-Auftritt mit Portugal in absehbarer Zeit zurückkehren.
Bis dahin stehen Klopp mit den Neuzugängen Matip und Klavan sowie Lovren sehr ordentliche Alternativen zur Verfügung. Die Abgänge von Martin Skrtel und Kolo Toure scheinen also kompensiert. Auf jeden Fall sind Matip und Klavan bessere Aufbauspieler als ihre Vorgänger.
Rechtsverteidiger: Nathaniel Clyne, Andre Wisdom, Connor Randall, James Milner, Trent Alexander-Arnold
Es gibt keine Zweifel, wer bei den Reds als Rechtsverteidiger auflaufen wird: Clyne ist gesetzt. Es stellt sich allerdings die Frage, wer ihn ersetzen soll, falls er mal verletzt sein oder eine Pause brauchen sollte. Mit Jon Flanagan hat Liverpool einen Rechtsverteidiger abgegeben und mit Randall nur noch einen gelernten rechten Außenverteidiger im Kader. Der 20-Jährige ist aber nur eine durchschnittliche Alternative.
Wisdom ist eigentlich ein rechter Innenverteidiger, hat bei seinen Leihstationen in Derby, West Brom und Norwich aber auch immer außen verteidigt, er kennt die Position also. Allerdings ist er eher defensiv ausgerichtet, was Klopps Anspruch an Außenverteidiger eher widerspricht.
Zur Not kann auch Milner rechts hinten auflaufen, wenn er nicht gerade links hinten gebraucht werden sollte. Und mit Alexander-Arnold hat Klopp noch einen 17-Jährigen in der Hinterhand, der sich in der Vorbereitung ein Sonderlob verdiente.
Linksverteidiger: Alberto Moreno, James Milner
Nicht wenige Experten und Ex-Spieler wie Jamie Carragher und John Arne Riise sind der Meinung, Liverpool müsse unbedingt noch einen Linksverteidiger verpflichten. Laut den spekulationsfreudigen englischen Medien sollen die Reds auch an Leicesters Ben Chilwell interessiert gewesen sein, doch der 19-Jährige hat sich für eine Vertragsverlängerung bei den Foxes entschieden.
Gegen die Meinung der Gurus hat Klopp sogar noch einen Spieler verkauft und den Australier Brad Smith an Bournemouth abgegeben.
Ohnehin scheint der Coach an einer anderen Lösung für die Position links hinten zu basteln, auf der der wankelmütige Spanier Alberto Moreno nur selten höchsten Ansprüchen genügte. James Milner hat u.a. beim 4:0 über Barcelona als Linksverteidiger begonnen und bis zu seiner verletzungsbedingten Auswechslung kurz vor der Halbzeit einen guten Eindruck hinterlassen. Milner wäre nicht der erste Spieler, den Klopp von einer etwas offensiveren Position auf die Außenverteidigerposition umschult, nachzufragen bei Lukasz Piszczek und Erik Durm.
Defensives Mittelfeld: Jordan Henderson, Emre Can, Lucas Leiva, James Milner, Marko Grujic, Kevin Stewart
Diverse Grundformationen dürfte Klopp im Laufe der Saison spielen lassen. Die wahrscheinlichsten sind 4-2-3-1, 4-3-3 und 4-1-4-1. Auf der zentralen Position vor der Abwehr gesetzt ist Kapitän Henderson, der Engländer ist für die Balance im Spiel der Reds zuständig. Doch wie sollte es an der Anfield Road anders sein: Henderson hat verletzungsbedingt immer wieder lange Ausfallzeiten in seiner Vita stehen.
Goal-Analyse: Wie Liverpool spielen könnte
Sein erster Vertreter, aber auch sein wahrscheinlichster Partner im Falle einer Doppelsechs, ist Can. Mit Grujic hat er aber einen starken Konkurrenten bekommen, der zum Saisonstart vermutlich den Vorzug bekommen wird, weil Can aufgrund seiner EM-Teilnahme verspätet in die Vorbereitung eingestiegen ist.
Lucas ist die weniger körperliche, dafür spielerisch stärkere Option. Der Brasilianer wird zwar immer wieder mit einem Wechsel in die Türkei in Verbindung gebracht. Es ist aber unwahrscheinlich, dass ihn die Reds noch ziehen lassen, zumal er auch als Alternative in der Innenverteidigung gebraucht wird.
Dass sich Klopp in diesem Mannschaftsteil gut aufgestellt sieht, zeigt auch die Tatsache, dass er Joe Allen zu Stoke City hat ziehen lassen.
Offensives Mittelfeld: Coutinho, Georginio Wijnaldum, Adam Lallana, Luis Alberto, Sadio Mane, Lazar Markovic, Sheyi Ojo, Roberto Firmino
Die Besetzung des defensiven Mittelfelds wird auch stark davon abhängen, wie viele seiner Offensiven Klopp von der Leine lässt. Coutinho, Wijnaldum und Lallana könnten auch auf den Halbpositionen in einem Dreier-Mittelfeld aufgeboten werden. Vor allem gegen tief stehende Gegner, könnte die Variante mit einem Defensiven und zwei offensiveren Achtern eine Möglichkeit sein, um Chancen zu kreieren.
Mit Mane hat Klopp nun einen echten Außenspieler in seinem Kader, der die spielstarke Offensive um Dynamik und Fähigkeiten im Eins-gegen-eins ergänzt. Auf dem Flügel ist der Senegalese damit fast konkurrenzlos. Denn weiterhin fraglich ist, ob Markovic nach seiner Leihe an Fenerbahce in dieser Saison bei den Reds durchstarten kann. Bisher konnte er die 25 Millionen Euro Ablöse, die Liverpool 2014 an Benfica überwies, nicht rechtfertigen. Auch ein Wechsel ist noch nicht vom Tisch.
Wahrscheinlich ist ein Abschied von Luis Alberto, der in der vergangenen Saison an Deportivo La Coruna ausgeliehen war und in den Planungen keine Rolle mehr spielt.
Anders als der 19-jährige Ojo, der in der Vorbereitung auf eine stattliche Zahl an Spielminuten kam, aber mit Rückenproblemen erst kürzlich das Lazarett der Reds vergrößerte. Sollte die Verletzung aber nicht allzu schlimm sein, könnte er eine der Überraschungen in dieser Saison werden. Klopp beschrieb ihn kürzlich als "wonderful".
Angriff: Roberto Firmino, Christian Benteke, Daniel Sturridge, Danny Ings, Divock Origi, Mario Balotelli
Für ein System mit einem zentralen Stürmer hat Liverpool aktuell zu viele Kandidaten im Kader. Balotelli soll den Verein auf jeden Fall verlassen. Auch für Benteke würde sich Liverpool "ernsthafte Angebote" anhören. Das Problem beim Belgier sind die 46 Millionen Euro Ablöse, die Liverpool voriges Jahr an Aston Villa überwies. Die Summe ist jetzt nicht mal mehr ansatzweise zu erzielen.
Stürmer Nummer eins ist nach wie vor Sturridge, doch wie seriös lässt sich mit dem extrem verletzungsanfälligen Mittelstürmer planen? Firmino ist weniger durchschlagskräftig, aber beweglicher und spielstärker als zentraler Angreifer. Firmino wäre aber auch eine Position weiter hinten denkbar.
Der natürliche Ersatz für Sturridge ist Origi, der in der vergangenen Saison im Ranking an seinem Landsmann Benteke vorbeigezogen ist und sich auch in dieser Spielzeit gute Chancen auf viel Spielzeit ausrechnen kann.
Für Danny Ings, der seine erste Spielzeit an der Anfield Road aufgrund eines Kreuzbandrisses fast komplett verpasste, dürfte es auch in der zweiten Saison schwer werden.