SPOX: Herr Polter, vor dem EM-Spiel Nordirland gegen Deutschland haben Sie mit Ihrem Teamkameraden Conor Washington um einmal Schuheputzen gewettet, sofern er treffen sollte? Wie kam es dazu?
Sebastian Polter: Das war eine spontane Aktion, als ich wusste, dass er gegen Deutschland spielt haben wir das über Twitter ausgemacht. Da konnte er kaum 'Nein' sagen. (lacht) Das muss er bald mal einlösen.
SPOX: Machen Sie Ihre Schuhe vielleicht noch extra dreckig?
Polter: Wer mein Spiel kennt, wie ich mich im Training und in den Spielen reinhänge, der weiß, dass meine Schuhe dreckig sein werden.
SPOX: Vor einigen Wochen meinten Sie, dass Sie für eine Teilnahme an den Olympischen Spielen von England bis nach London schwimmen würden. Wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Polter: Naja, ich wollte mich schon ein bisschen ins Gespräch bringen und mich auch anbieten, da ich Horst Hrubesch und die Co-Trainer noch von früher kenne. Ich denke, von meiner Art her hätte ich gut in die Mannschaft reingepasst, ich bin ein Teamplayer, der auch alle motivieren kann. Ich hätte alles getan, damit ich dabei bin.
SPOX: Fast wären Sie gar kein Stürmer geworden, Sie spielten in den Juniorenteams als Torwart. Wie wurde aus Ihnen ein Torjäger?
Polter: Das war zu meiner Zeit bei Werder Bremen. Als Torwart hatte ich schon immer den Drang mitzuspielen und hatte irgendwann keine Motivation mehr. Ich wollte mich bewegen und bin dann wieder zu meinem Jugendverein gegangen, wo ich als Stürmer gespielt und Tore geschossen habe.
SPOX: Wenn Sie so einen starken Bewegungsdrang hatten, wie sind Sie überhaupt im Tor gelandet?
Polter: Ins Tor bin ich durch meinen Vater gekommen. Ich war schon immer recht groß und da hat er mich hinten reingestellt. Und mit fünf Jahren wiederspricht man seinem Vater nicht. (lacht) Aber irgendwann habe ich meinen eigenen Kopf bekommen.
SPOX: In Wolfsburg haben Sie dann Ihre ersten Spiele gemacht. Wie war es für Sie, Bundesligaluft zu schnuppern?
Polter: Meinen ersten Einsatz hatte ich bei Werder, wir lagen zur Halbzeit hinten. Bernd Hollerbach kam zu mir und Patrick Helmes und hat uns gesagt, dass wir reinkommen. Das war kurios, ich habe in Bremen meine Position gewechselt und dann dort mein erstes Bundesligaspiel gemacht. Meine ganze Familie und meine Freunde waren im Stadion. Ich habe leider zwei, drei Chancen verballert, aber dafür in den beiden nächsten Spielen jeweils den Siegtreffer geschossen.
SPOX: Waren Sie sehr nervös?
Polter: Ein bisschen, aber das gehört dazu, wenn man sein erstes Bundesligaspiel macht und das noch dazu vor einer Kulisse mit 40.000 Zuschauern wie in Bremen, wo immer eine geile Stimmung herrscht. Das habe ich aber schnell nach einigen Spielen abgelegt, auch dank der Unterstützung von erfahrenen Spielern wie Diego Benaglio und Marcel Schäfer.
SPOX: Sie mussten in der Zeit vermutlich auch die Tore und Ballnetze tragen?
Polter: Manchmal trage ich noch heute die Tore, das ist nicht schlimm. Das hat für mich nichts mit dem Alter zu tun, sondern mit Respekt.
SPOX: In Wolfsburg waren Ihre Einsatzchancen gering und Sie sind per Leihe nach Nürnberg gegangen. Dafür haben Sie sogar Ihre kirchliche Trauung verschoben...
Polter: Ich wollte mich damals sportlich weiterentwickeln, habe viele Gespräche geführt, hatte engen Kontakt mit Nürnberg und musste deswegen oft rüberfahren. Daher haben wir die Trauung vorsichtshalber abgesagt.
SPOX: War Ihre Frau sauer?
Polter: Sie hat es verstanden. (lacht)
SPOX: In Nürnberg haben Sie zu Beginn viel gespielt, in der zweiten Saisonhälfte dann nur noch recht wenig. Wie kam das?
Polter: Ich habe davon profitiert, dass Dieter Hecking mich unbedingt wollte, wir hatten gute Gespräche. Im Winter ist er dann plötzlich nach Wolfsburg gegangen. Michael Wiesinger wurde Trainer und ich habe kaum noch gespielt. Vielleicht hat er meine Spielart nicht gemocht. Ich habe das angenommen, das ist Fußball und macht einen nur noch stärker. Aus solchen schlechten Zeiten nimmt man viel Erfahrung mit.
SPOX: Anschließend sind sie zu Mainz 05 gewechselt. Was gab den Ausschlag?
Polter: Ich hatte ein sensationelles Gespräch mit Thomas Tuchel. Danach bin ich mit meinem Berater Branko Panic essen gegangen und habe sofort gesagt, dass ich nach Mainz will. Meine Vorbereitung war auch gut und ich habe von Beginn an gespielt, aber einige Großchancen vergeben. Mein Pech war, dass Shinji Okazaki vom Asien Cup zurückkam und gleich getroffen hat. Dann war es schwer in die Startelf reinzukommen. Trotzdem hat mich das Jahr unter Thomas Tuchel technisch und vom taktischen Verständnis her weitergebracht, denn sein Training ist unglaublich akribisch. Auch wenn ich nicht viel gespielt habe, bereue ich den Wechsel zu Mainz nicht.