Rivalität zwischen Wenger und Mourinho: Sie können’s nicht lassen

Nino Duit
05. Dezember 201717:00
Arsene Wenger und Jose Mourinho verbindet eine leidenschaftliche Rivalitätgetty
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Als Jose Mourinho 2004 den FC Chelsea übernahm, war Arsene Wenger mit dem FC Arsenal ungeschlagener Meister. Der Portugiese stieß ihn vom Thron, gleichzeitig entwickelte sich eine an Ausdauer und Gehässigkeit kaum zu überbietende Rivalität. Mittlerweile trainiert Mourinho Manchester United und trifft am Samstag (13.30 live auf DAZN und im LIVETICKER) auf Wengers Arsenal.

Natürlich, irgendwann geht es meist nur mehr um Gehaltszahlen und Prämien, aber zumindest ganz zu Beginn, in ganz früher Kindheit, wollen spätere Fußballer nur deshalb Fußballer werden, weil sie für ihren Sport leben und ihn auch lieben. Nur logisch, dass sie ihm auch dann treu bleiben wollen, wenn Schnelligkeit und Beweglichkeit irgendwann nicht mehr für das aktive Ausüben auf Profiniveau ausreichen. Trainer, Sportdirektor, oder Scout - irgendein Tätigkeitsbereich lässt sich meist finden, damit der wehmütige Ex-Kicker dem grünen Rasen nicht allzu fern bleiben muss.

Meist ist dieser Lauf der Dinge, die Weitergabe kostbarer Erfahrungen natürlich auch sinnvoll, manchmal aber einfach nur schade. In Fußballern stecken Talente, die über das Schießen, Passen und Köpfen von Bällen hinausgehen. Nach der aktiven Karriere könnten, ja sollten sie ausgelebt werden.

Wunderbar anbieten würde sich das etwa bei Laurent Koscielny. 31 Jahre ist der Franzose mittlerweile alt, ein paar Jahre könnte er noch als Innenverteidiger die Defensivabteilungen des FC Arsenal und der französischen Nationalmannschaft zusammenhalten, um dann endlich seiner wahren Bestimmung nachzukommen und Stegreif-Komiker werden.

Die lange Geschichte keiner Freundschaft

Einen kleinen Vorgeschmack auf sein Potenzial in dieser fußballfremden Sparte der Unterhaltungsbranche lieferte Koscielny bereits im Anschluss an ein Spiel seiner Gunners gegen den FC Chelsea im Oktober 2014.

Gary Cahill räumte einige Stunden zuvor nahe der Seitenauslinie Alexis Sanchez so rüde um, dass sich dessen Trainer Arsene Wenger der Coaching-Zone seines Kontrahenten Jose Mourinho näherte und sich mit ihm eine kleine Schubserei lieferte.

Wenger erklärte daraufhin ganz nüchtern: "Ich wollte von A nach B und da hat sich mir jemand in den Weg gestellt, ohne mich willkommen zu heißen." Mourinho machte sich schon Gedanken über mögliche Konsequenzen: "Wenn es nach mir geht, bekommt er eine Stadionsperre." Und eben jener Koscielny fand das alles nicht der Rede wert, denn "es gibt eine lange Geschichte der Freundschaft zwischen den beiden".

Zertrümmerte Gesichter, freie Plätze

Eine lange Geschichte der Freundschaft zwischen Arsene Wenger und Jose Mourinho also. Zum Brüllen! Klar, was sich neckt, das liebt sich ja bekanntlich, aber auch bei diesem vielbedienten Sprichwort gibt es wohl Grenzen. Körperliche Gewalt beispielsweise. "Eines Tages werde ich Wenger außerhalb des Platzes treffen und sein Gesicht zertrümmern", wird Mourinho in seiner Biographie zitiert.

Dank der Presse, die Wenger natürlich mit dieser furchteinflößenden Ankündigung konfrontierte, ist der Franzose nun zumindest vorgewarnt, auf der Straße die Augen offen zu halten. Er selbst habe das Buch nämlich nicht gelesen, erklärte Wenger, und er werde es auch sicherlich nicht lesen, denn für ihn ist klar: "Ich rede nur über Fußball, das ist alles."

Mit Mourinho will Wenger aber offenbar nicht einmal über Fußball reden, das ist spätestens seit Anfang September, als die alljährliche Trainertagung der UEFA stattfand, gesichert. Eingeladen waren sie natürlich beide, aber Mourinho etwas spät dran. Als er als letzter in den Vortragsraum eilte, war nur mehr ein einziger Platz frei. Wie konnte es anders sein, natürlich der direkt neben Wenger. Ob er sich denn setzen dürfe, fragte Mourinho also, und bekam als Antwort ein schroffes: "Nein, das geht nicht." Das Gelächter unter den Kollegen soll groß gewesen sein.

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Spektakulär unspektakuläre Spieler

Dieses Treffen vor einigen Wochen war die bis hierhin letzte Episode einer Trainer-Rivalität, die hinsichtlich ihrer Ausdauer und Gehässigkeit europaweit beinahe ihresgleichen sucht. Im Sommer 2004 war es, als Mourinho beim FC Chelsea unterschrieb und sich somit aus dem beschaulichen Portugal aufmachte, die Premier League zu erobern. Von Wenger zu erobern, denn er war der Platzhalter. Mit seinem FC Arsenal feierte Wenger in der Saison zuvor die Meisterschaft. Ungeschlagen.

Nun kam im amtierenden Champions-League-Sieger Mourinho also ein aufstrebender Herausforderer, als großer Erneuerer und Revolutionär angepriesen. Acht Jahre früher gab es das schon einmal, nur ohne den Champions-League-Titel und das Anpreisen: Damals verpflichtete Arsenal den weitestgehend unbekannten Wenger. Der Franzose ließ völlig neue Ideen in die Ausübung des Trainerberufs einfließen und veränderte ihn so nachhaltig, Mourinho sollte Ähnliches tun. Gleich in seiner ersten Saison gewann er unterdessen die Premier League und stieß Wenger somit vom Thron. SPOX

So unterschiedlich ihre Charaktere und ihr Umgang mit der Öffentlichkeit und den Medien sind, so unterschiedlich ihr Verständnis vom Fußball selbst ist, so ähnlich sind sich Wenger und Mourinho in ihrem allgemeinen Zugang zum Beruf.

Beide präsentierten sie sich als Aktive bei Vereinen wie dem Rio Ave FC oder GD Sesimbra einerseits, dem FC Mulhouse oder Vauban Strasbourg andererseits, spektakulär unspektakulär. Frühzeitig setzten sie dem trostlosen Treiben ein Ende, großartig vermisst hat sie als Spieler danach ohnehin keiner.

Der absolute Versager

Ihre wahre Berufung war das Trainieren und da sie als Spieler keine Erfolge vorzuweisen hatten, die ihnen einen Einstieg auf höchster Ebene ermöglicht hätten, galt es, sich hoch zu kämpfen. Als Jugend- und Co-Trainer sammelten sie Erfahrungen und Ideen, die sie später zu ihren Erfolgsrezepten vermengten. Irgendwann standen sich Wenger und Mourinho dann auf der Bühne Premier League gegenüber.

Genutzt haben sie diese Bühne für sportliche Duelle genauso wie für verbale. Bei den sportlichen behielt lange nur Mourinho die Oberhand, erst im 14. Aufeinandertreffen zwischen den Rivalen gelang Wenger der erste Erfolg. Im Sommer 2015 besiegte Arsenal Chelsea im Community Shield, dem englischen Supercup. Ein Gunners-Spieler nach dem anderen schlug in der Folge artig mit dem unterlegenen Mourinho ein. Wenger marschierte einfach an ihm vorbei.

Seine Medaille warf Mourinho in der Folge eher achtlos ins Publikum. Ein zweiter Platz zählt nichts für ihn. Wenger behielt seine Siegerbestätigung natürlich, so viele hat er seit der Ankunft seines Rivalen bekanntlich nicht gewonnen. Dreimal den FA Cup, dreimal den Community Shield. Über diese eher magere Ausbeute kann Mourinho nur lachen. "Wenger ist ein Spezialist im Versagen", sagte er mal und seine lange titellose Zeit bei Arsenal sei gar "das absolute Versagen".

Mourinho selbst war seit Anbeginn der erbitterten Rivalität mit Wenger erfolgreicher, das steht außer Frage. Während sich Arsenal-Fans immer und immer wieder wehmütig an Zeiten erinnern müssen, in denen Dennis Bergkamp und Thierry Henry im längst abgerissenen Highbury zauberten, krönte sich Mourinho das eine oder andere Mal zum Meister. In England mit dem FC Chelsea und zwischendurch auch in Italien mit Inter Mailand und in Spanien mit Real Madrid. SPOXspox

Kaputt und respektlos

Gut für den Lebenslauf, schlecht für den Charakter. "Erfolg macht dumme Menschen manchmal noch dümmer und nicht intelligenter", philosophierte Wenger 2005 und meinte damit wohl eher nicht Rafael Benitez, der Liverpool gerade zum Champions-League-Titel führte, oder Mick McCarthy, der Sunderlands Premier-League-Aufstieg zu verantworten hatte. Mourinho dagegen eher, denn er sei laut Wenger "kaputt und respektlos" und außerdem hätte er so ganz nebenbei und überhaupt den Bezug zur Realität verloren.

Immerhin hat Mourinho wohl weiterhin perfekten Bezug und Überblick über Wengers Attacken auf ihn und seine Vereine, er ist ja bekanntlich ein Perfektionist und hat mit der entsprechenden Archivierung bereits frühzeitig begonnen. "Wir haben ein Dokument mit allen Aussagen Wengers über Chelsea", erzählte Mourinho bereits 2005, "und es ist kein Dokument von fünf Seiten, sondern von 120." Mittlerweile musste er sich wohl schon einen Sammelband-Schuber zulegen, um nicht die Ordnung zu verlieren.

Sollte er sich tatsächlich einen solchen besorgt haben, Wenger wüsste natürlich Bescheid. "Es gibt diese Jungs, die zu Hause ein großes Teleskop haben, um damit zu beobachten, was bei anderen Familien so vor sich geht", sagte Mourinho. Genau so einer sei Wenger, denn "er mag es, andere Leute zu beobachten".

Ein Funken Anerkennung

Gehässigkeiten über Gehässigkeiten. Wenger gegen Mourinho und Mourinho gegen Wenger und immer und immer wieder. Abgesehen von allen Scharmützeln aber prägten die beiden Trainer die Premier League mit ihren stets so unterschiedlich ausgerichteten Mannschaften in sportlicher Hinsicht wie wenige andere. Wenger mit dem FC Arsenal, Mourinho bei seinen zwei Amtszeiten mit dem FC Chelsea und mittlerweile mit Manchester United.

Irgendwo, tief drinnen, lässt sich in beiden aber wohl ein Hauch von Wertschätzung füreinander finden. Selten, ganz selten, entweicht er sogar dem Mund. "Ich bewundere ihn und auch Arsenal, weil es nicht möglich ist, 1.000 Spiele lang einen Verein zu betreuen, ohne dass man die absolute Rückendeckung des Klubs besitzt, auch in schwierigen Momenten", sagte Mourinho einst anlässlich Wengers Jubiläum durchaus anerkennend, war wohl von sich selbst erschrocken und schob nach: "Speziell, wenn es wie in seinem Fall ziemlich viele schlechte Momente gibt."

Sie können's einfach nicht lassen.

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