Der Dicke geht ins Tor

Von Johannes Rohrmaier
Wayne Shaw ist Ersatzkeeper bei Sutton United
© imago

Fünf Tage ist es her, dass Arsenal in der Champions League auf Bayern München traf und in der Allianz Arena baden ging. Seitdem wackelt der Stuhl von Arsene Wenger bedenklich. Im FA Cup wartet nun das nächste Schwergewicht auf die Gunners: Suttons 150 Kilo schwerer Keeper Wayne Shaw.

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"He's fat, he's round, he's worth a million pounds", singen die Fans von Sutton United über Wayne Shaw. Der wollte seine Karriere eigentlich beenden, bevor sein Ex-Klub vor der Saison noch einmal anfragte.

Ein alter Keeper kehrt als Ersatztorwart zu seinem Lieblingsverein zurück und tingelt über die Fußballplätze der Region. An und für sich nichts Besonderes. Wäre der Torwart nicht 46 Jahre alt, würde 150 Kilogramm wiegen und am Montag gegen Arsenal spielen.

Die Argumente für einen Rücktritt vom Rücktritt lagen für Torwart-Oldie Wayne Shaw auf der Hand: Ersatztorwart in der fünften Liga. Regelmäßig trainieren, eigentlich nie spielen, aber dafür die Spiele umso regelmäßiger in der Kneipe Revue passieren lassen. Und das alles bei seinem Herzensklub. Das alles klang zu verlockend, also ließ sich Shaw nicht lange bitten und heuerte nochmals in Sutton an.

Schlafplatz im Vereinsheim

Auch von 150 Kilometern Anfahrt lässt sich Shaw nicht abhalten. Unter der Woche schläft er dann schon mal im Medienraum des Vereins, damit er nicht mehr nach Hause nach Southampton fahren muss. "Ich habe meinen Job als Eisverkäufer aufgegeben, damit ich nur hier arbeiten kann", sagt er schlicht.

In der fünften Liga liegt Sutton United derzeit auf dem 17. Platz mit nur sechs Punkten Vorsprung auf die Abstiegsplätze. Die Konzentration auf den Abstiegskampf steht aber zunächst hinten an, das nächste Spiel gegen Tabellenführer Lincoln City wurde abgesagt. Der Grund: Am Montag wartet auf die Kicker aus dem Süden Londons der FC Arsenal. Eine Geschichte, wie gemalt für ein Fußballwunder.

Hauptprotagonist ist dabei nicht etwa Coach Paul Doswell, Ross Warner, der mit seinen Paraden dafür sorgte, dass Sutton in der vierten Runde den Zweitligisten aus Leeds ohne Gegentor aus dem Pokal kegelte, oder Jamie Collins, Kapitän und Siegtorschütze in der vierten Runde, sondern eben jener Shaw.

Schnelle Reflexe auf und neben dem Platz

"Ich bin ein passabler Torwart, mein Vorteil ist, dass ich fast das komplette Tor ausfülle", gab Shaw selbst eine Einschätzung zu seinen Fähigkeiten auf dem Platz ab. Als "erfahrener Torwart", der seine Wichtigkeit für die Mannschaft mehrmals unter Beweis gestellt hat, wird er unterdessen auf der offiziellen Homepage des Klubs beschrieben.

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"Seine Reflexe sind einfach brilliant", schwärmte Tony Henderson-Smith, seines Zeichens Sutton-Maskottchen, gegenüber der BBC und fügte an: "Ich habe ihn in der Bar gesehen und wenn da irgendwo Sandwiches sind, weißt du, er ist der erste dort."

Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte. Doch Shaw ist viel mehr als ein mittelmäßiger Ersatztorwart, er ist Publikumsliebling, Kultfigur und Symbolfigur für jeden Amateurkicker, der noch an Fußballwunder glaubt.

Zum Einsatz kommen wird Shaw gegen Arsenal höchstwahrscheinlich nicht, man darf aber davon ausgehen, dass er von den Fernsehkameras dennoch, genauso wie gegen Leeds, regelmäßig eingefangen werden wird.

Auch für die Zeit nach seiner Karriere hat er schon einige Möglichkeiten. Vielleicht sogar im Modellbereich, eine Zeitung hat ihm bereits ein Fotoshooting, nur mit Torwarthandschuhen bekleidet, angeboten.

Für Arsenal kommt Sutton zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, denn die Gunners können sich gegen den Fünftligisten eigentlich nur blamieren. Nach der krachenden Niederlage in München und bei zehn Punkten Rückstand in der Premier League stellt der FA Cup die letzte Chance auf einen Titel dar. Wieder einmal.

Unterschiede wie Tag und Nacht

Das Spiel bei Sutton ist für die Londoner der sprichwörtliche Boden der Tatsachen.

Der Gegner hat nämlich wenig von schillernden Champions-League-Abenden oder prestigereichen Premier-League-Kicks.

Stattdessen kicken die Gunners gegen einen Fünftligisten, auf dessen Twitter-Account man nach dem Sieg über den AFC Wimbledon in der letzten Pokalrunde lesen konnte: "Danke für die vielen Nachrichten. Es tut uns Leid, aber wir können einfach nicht alle beantworten. Die Bar ist die ganze Nacht geöffnet." Gefolgt von zwölf Bierkrug-Emojis.

Symbolisiert wird das von der Kabine Suttons, in der sich die Arsenal-Spieler wiederfinden werden. Auf Twitter kursieren Bilder des Umkleideraumes, der auf die Gunners warten und in dem sich jeder Kreisligist wie zu Hause fühlen würde. Kein Vergleich zu dem Luxus, den die Arsenal-Spieler aus dem Emirates Stadium gewohnt sind. Ob Sanchez, Özil und Co. nach dem Spiel das Entmüdungsbecken nutzen, darf getrost bezweifelt werden.

"Wir freuen uns sehr, sie hier in der Stadt zu haben. Sie werden eine Erfahrung machen, die sie so womöglich noch nicht gemacht haben. Wir haben nur vier Duschen in der Kabine", freut sich Shaw auf den kommenden Gegner.

Vorbereitung ist alles

Ähnlich unterschiedlich dürfte die Spielvorbereitung der beiden Mannschaften aussehen. Von Videoanalysen oder stundenlangen Taktiksitzungen hält man in Sutton nichts: "Am Abend vor dem Spiel war der Plan, sich um acht Uhr zum Essen zu treffen, aber Jamie Collins war hungrig und hat schon um sieben entschieden, sich einen Burger mit Pommes und ein paar Pints Guinness zu gönnen", erzählte Shaw der Daily Mail.

"Um halb neun hat er dann wie alle anderen seine Nudeln und sein Hähnchen gegessen und sechs Pints später war der Abend vorbei", fuhr er fort. Am Tag darauf schoss er Sutton in die nächste Runde. Wayne Shaw würde es sicher nichts ausmachen, wenn das gegen Arsenal wieder so läuft.

"Arsenal sieht sich selbst als unangreifbar. Wenn wir das 0:0 für fünf Minuten halten können, dann machen wir vieles richtig. Es ist wirklich wie David gegen Goliath", kann er die Chancen gegen die Gunners aber auch realistisch einschätzen.

Und eins ist klar: Auch wenn Shaw nicht spielen wird, die Vorbereitung auf das Spiel wird er voll durchziehen und wenn er dafür mal wieder in den Vereinsräumen übernachten muss.

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