Ex-BVB-Spieler Andriy Yarmolenko bei West Ham United: Schon die letzte Chance

Von Julian Wessel
Kam bisher nur im Pokal über 90 Minuten zum Einsatz: Andriy Yarmolenko.
© getty

Für 20 Millionen Euro wechselte Andriy Yarmolenko im Sommer von Borussia Dortmund nach England in die Premier League zu West Ham United. Nach seiner einjährigen Zeit beim BVB könnten die Hammers schon die letzte Chance des 28-Jährigen sein, sich in einer europäischen Top-Liga durchzusetzen.

Cookie-Einstellungen

Neun Jahre lang spielte Andriy Yarmolenko in der Ukraine für seinen Heimatverein Dynamo Kiew, ehe er im vergangenen Sommer die Nachfolge von Ousmane Dembele beim BVB antrat. Ab seiner zweiten Saison war er in seiner Heimat immer an mindestens 18 Toren direkt beteiligt und wurde von 2013 bis 2015 zu Ukraines Fußballer des Jahres gewählt. Wenig verwunderlich also, das Yarmolenko jede Transferphase aufs Neue mit sämtlichen europäischen Top-Klubs in Verbindung gebracht wurde.

Sein Wechsel erfolgte dennoch erst mit 27 Jahren im letzten Sommer. Warum dies erst so verhältnismäßig spät passierte, ist nicht hinreichend bekannt.

Es scheint allerdings, dass Yarmolenko mögliche Interessenten aus Westeuropa nicht vollkommen von sich und seinen Stärken überzeugen konnte. Wer in der Ukraine brilliert, ist nicht zwangsläufig auf Anhieb eine Verstärkung für einen Bundesligisten oder ein Team aus England.

Defensive Schwächen bei Yarmolenko

Ein wesentlicher Unterschied liegt in der Defensivbewegung, die Yarmolenko in Europa bislang sichtlich Probleme bereitete. Während er als Superstar in Kiew kaum mit nach hinten arbeiten musste, ist er nun wie jeder andere in der Rückwärtsbewegung gefordert.

Schon beim BVB zeigte sich, dass ihm in vielen Situationen das taktische Verständnis fehlte, er die defensive Mitarbeit vernachlässigte und nicht unbedingt als Konditionswunder durchging. In seinen 18 Einsätzen für Dortmund konnte er vier gefährliche Szenen in der Defensive bereinigen und 42 Bälle gewinnen. Das entspricht etwa zwei bis drei Balleroberungen pro Spiel - eine Statistik, die sicherlich ausbaufähig ist.

Andriy Yarmolenko: Statistiken beim BVB

StatistikErfolgreichErfolgslosQuote
Pässe3148678,5 %
Zweikämpfe678743,5 %
Lufzweikämpfe91932,1 %
Tackles12570,6 %

Auch sonst lief in seinem Jahr bei der Borussia nur wenig zusammen für Yarmolenko. Dabei war er unter Peter Bosz mit drei Torvorlagen in drei Spielen stark in die Saison gestartet, doch wie die Bosz-Euphorie versank auch Yarmolenkos Form in einem längeren Tief. Die Umstände beim BVB machten es dem Ukrainer aber auch nicht leichter, sich an die europäische Kultur und das neue Umfeld zu adaptieren.

Der BVB befand sich in einem Umbruch, es kamen vor der Saison zehn neue Spieler und noch in der Hinrunde stand mit Peter Stöger ein neuer Mann an der Seitenlinie, der Yarmolenko weniger Vertrauen schenkte.

Als er sich gegen Ende der Saison noch eine Fußverletzung zuzog und über zwei Monate lang ausfiel, kamen nicht zum ersten Mal Gerüchte um einen vorzeitigen Abgang auf. Dortmund, das seinen üppigen Kader ohnehin ausdünnen musste, ergriff die Chance und stieß Yarmolenko für 20 Millionen Euro an West Ham ab. Der Start des Ukrainers in England stand bislang aber unter keinem guten Stern.

Yarmolenko bei West Ham: Parallelen zur BVB-Saison

Zumal sich einige Parallelen zu seinem BVB-Jahr ziehen lassen. Die Hämmers befinden sich ebenfalls in einem Umbruch, wie der BVB kaufte man für über 100 Millionen Euro ein. Es kamen insgesamt neun neue Spieler, darunter auch Felipe Anderson für 38 Millionen Euro, der wie Yarmolenko bevorzugt über Rechtsaußen kommt. Und auch die Defensivschwächen Yarmolenkos blieben, einen großen Fortschritt hat er in dieser Hinsicht nicht vollzogen.

Sportlich läuft bislang kaum etwas zusammen. Nach vier Spieltagen steht West Ham ohne Punkte und mit einem Torverhältnis von 2:10 auf dem letzten Tabellenplatz der Premier League. Yarmolenko kam in allen vier Spielen nicht über die Joker-Rolle hinaus und konnte auch nach seinen Einwechslungen nicht auf sich aufmerksam machen. Seine Konkurrenten Felipe Anderson, Marko Arnautovic, Michail Antonio und Robert Snodgrass scheinen in der Gunst von Trainer Manuel Pellegrini über Yarmolenko zu stehen.

Der bekam zudem kürzlich vom ehemaligen ukrainischen Nationalspieler Hennadiy Orbu sein Fett ab und wurde heftig kritisiert: "Er ist nicht mal gut genug, um das Level von West Ham zu erreichen. Und die sind Letzter", sagte der 48-Jährige. Er prophezeit schon jetzt, dass es Yarmolenko nach der Saison zurück zu seinem Ex-Klub Dynamo Kiew ziehen wird: "Und dann werden wir feststellen, was für ein Fiasko seine Zeit im Ausland war".

Ex-BVB-Spieler Andriy Yarmolenko: Leistungsdaten nach Verein

VereinSpieleToreVorlagen
Dynamo Kiew34013790
Borussia Dortmund2666
West Ham United500

Bis zum Ende der Saison ist allerdings noch ausreichend Zeit, um einen Umschwung einzuleiten. Auch Pellegrini, der jetzt schon in der Kritik steht, könnte womöglich noch ausgetauscht werden. Obwohl Yarmolenko Pellegrini noch vor der Saison für seinen offensiven Spielstil lobte, könnte der Ukrainer vielleicht von einem Trainerwechsel profitieren.

Ihm sollte jedoch klar sein: Es dürfte seine letzte Chance sein. Schafft es Yarmolenko nicht, in der Mannschaft anzukommen, ansprechende Leistungen zu zeigen und vor allem seine Defensivarbeit zu verbessern, dürfte auch seine Zeit bei den Ostlondonern begrenzt sein.

Artikel und Videos zum Thema