Bellamy vermöbelt Riise mit Golfschläger: "Er hätte meine Karriere beenden können"
Dass Bellamy - wahlweise aus Frust oder Freude - ganz gern mal zum Glas greift, war schon damals kein Geheimnis. Was ein alkoholisierter Bellamy zu leisten imstande ist, durfte dann Liverpools John Arne Riise bereits wenige Monate nach der Ankunft seines neuen Mitspielers am eigenen Leib erfahren.
Während eines Kurztrainingslagers vor dem Champions-League-Achtelfinale gegen den FC Barcelona im Februar 2007 organisierte Kapitän Steven Gerrard einen Mannschaftsabend in einer Karaoke-Bar. Ohne Trainer, mit Alkohol. Die Stimmung war losgelöst und Bellamy hatte bereits ein paar Pints intus, als er Riise aufforderte, beim Wettbewerb mitzusingen. Der Norweger, der die Situation in der Biografie "Running Man" aus seiner Sicht schilderte, entgegnete: "Ich singe nicht. Halt dein Maul oder ich schlag dich kaputt", woraufhin Bellamy zurückbrüllte: "Ich bring dich um, du rothaarige F***e."
Bevor die Situation komplett eskalierte, verließ Riise die Bar und begab sich auf sein Zimmer: "Ich bin ziemlich schnell eingeschlafen, es war vielleicht halb zwölf. Auf einmal wurde ich im Dunkeln wach und hörte, wie jemand die Tür öffnete. Ich drehte mich um, konnte aber in dem hellen Licht zunächst nichts erkennen. Doch dann sah ich ihn: Craig Bellamy an meinem Fußende mit einem Golfschläger in den Händen. Er holte aus und schlug so stark zu, wie er konnte."
Der mittlerweile sturzbetrunkene Waliser drosch mehrmals auf seinen Kameraden ein, erwischte ihn an der Hüfte und am Oberschenkel. "Er hätte meine Karriere beenden können", war sich Riise sicher, während Bellamy die Ereignisse nicht ganz so eng sah: "Ich habe ihn mit der Rückseite des Schlägers geschlagen. Aber ich habe nicht voll durchgezogen. Es war vielmehr ein Hieb, ehrlich."
Der englische Boulevard tauft Bellamy im Anschluss "The Nutter with the Putter" - der Irre mit dem Putter. Dass es sich bei der Tatwaffe zwar um ein Achter-Eisen und keinen Putter gehandelt hatte, sollte dabei nur eine Randnotiz bleiben. Bellamy wurde vom Verein mit einer Geldstrafe in Höhe von 120.000 Euro belangt. Wenige Tage später folgte das Hinspiel gegen Barca.
Nachdem die Reds zunächst mit 0:1 in Rückstand geraten waren, erzielte ausgerechnet Bellamy den zwischenzeitlichen Ausgleich und bejubelte seinen Treffer stilecht mit einem simulierten Golfschlag. Einige Buchmacher kam dieser Jubel teuer zu stehen: Sie hatten eine Quote von 100:1 geboten für den Fall, dass Bellamy ein Tor auf diese Art zelebrieren würde. Anschließend legte der Waliser dann noch den 2:1-Siegtreffer auf. Der Torschütze: John Arne Riise. "Es war vom Schicksal für uns beide bestimmt", lachte der Norweger im Anschluss über die hollywood-reife Episode. Die Streithähne hatten sich offenbar wieder lieb. Der Daily Mirror resümierte treffend: "Zwei über Par."
Der Nomade zieht weiter
Liverpool erreichte in jenem Jahr das Finale der Königsklasse, musste sich dort jedoch dem AC Mailand geschlagen geben. Bellamy schmorte dabei die volle Spielzeit über auf der Bank und erfuhr auf dem Rückflug von Trainer Rafa Benitez, dass man künftig nicht mehr mit ihm plane. Next stop: West Ham United.
Nach anderthalb Jahren im Osten Londons zog es Bellamy im Januar 2009 zu Manchester City, wo er erneut unter seinem ehemaligen Weggefährten Mark Hughes trainierte. Die Folgesaison 2009/10 mutierte zur besten Premier-League-Spielzeit seiner Karriere, was die Zahlen anging. Trotz der zwischenzeitlichen Amtsübernahme von Roberto Mancini erzielte Bellamy zehn Tore und bereitete zehn weitere vor.
Diverse Uneinigkeiten mit dem italienischen Trainer führten letztlich jedoch dazu, dass Bellamy sein Nomadendasein weiterführte: Erst per Leihe zum Heimatklub aus Cardiff, dann die Rückkehr nach Liverpool. Es war bereits der vierte Wechsel innerhalb von vier Jahren. Doch urplötzlich geriet das Fußballgeschäft in den Hintergrund.
Gary Speed begeht Selbstmord: "Die schlimmste Zeit meines Lebens"
Als Bellamy vom Suizid seines ehemaligen Mannschaftskameraden und langjährigen Freundes Gary Speed erfuhr, brach für ihn eine Welt zusammen. "Meinen besten Kumpel zu verlieren, hat alles verändert. Ich kann nicht glauben, wie hart das ist", sagt er dem Sunday Mirror. Der Vorfall beeinträchtigte Bellamy nachhaltig: Seine Ehe ging in die Brüche, er litt an Depressionen und nahm psychologische Unterstützung in Anspruch. "Es ist die schlimmste Zeit meines Lebens", sagte er damals.
Bellamy sehnte sich nach seinen Kindern und der Heimat. Auf eindringlichen Wunsch wechselte er nach Cardiff. Bei den Bluebirds erfüllte er sich schließlich im Spätherbst seiner Karriere "einen unmöglichen Traum." Angetrieben vom 33-jährigen Altmeister Bellamy, der in der Saison 2012/13 insgesamt 33-mal auf dem Platz steht und an zwölf Toren direkt beteiligt ist, schrieb der Zweitligist Geschichte: Erstmals seit 53 Jahren stieg Cardiff in die höchste englische Spielklasse auf. "Mit Cardiff aufzusteigen, ist der stolzeste Moment meiner Karriere. Nie zuvor hatte ich so ein Gefühl, denn es ging dabei um meinen Hintergrund und meine Geschichte", so Bellamy. Manchmal liegt das große Glück eben direkt vor der Haustür.
Seit jeher bemühte Bellamy jedoch nicht den geradlinigen, spießigen Weg. Nach insgesamt elf Profistationen und 78 Länderspielen verkündete er im Sommer 2014 sein Karriereende: "Es ist genug." Im Rückblick auf seine zahlreichen Eskapaden blieb ihm die Erkenntnis: "Ich glaube nicht, dass ich meinen Ruf jemals loswerde." Vielleicht ist das auch ganz gut so. Craig Bellamy und britische Fußballmentalität - das passte im wörtlichen Sinne wie die Faust aufs Auge.