Die Schockbotschaft schlug in der reichsten Liga der Welt ein wie eine Bombe: Nicht nur die zeitnahe Fanrückkehr ist geplatzt, es droht fast eine komplette Geistersaison. Bis zu 29 von 38 Spieltagen könnten in der englischen Premier League ohne Zuschauer ausgespielt werden, es drohen Verluste von über drei Milliarden Euro. Statt dem Vorbild Bundesliga zu folgen und den ersten Schritt zurück zur Normalität zu gehen, stehen die englische Eliteliga und der gesamte britische Sport vor einem Trümmerfeld.
"Wir müssen uns eingestehen, dass die Ausbreitung des Virus unsere Fähigkeit beeinträchtigt, Geschäftskonferenzen, Ausstellungen und große Sportveranstaltungen wiederzueröffnen", sagte der britische Premierminister Boris Johnson: "Wir werden also nicht in der Lage sein, dies ab dem 1. Oktober zu tun." Doch die schlechteste Nachricht schob er nach der Bekanntgabe der vorläufigen Aussetzung des Programms zur stufenweisen Rückkehr von Zuschauern noch hinterher. Die verschärften Maßnahmen könnten für "vielleicht sechs Monate" in Kraft bleiben, kündigte Johnson an.
Erst ab April könnten dann wieder Sportveranstaltungen vor Fans stattfinden, die Premier League hätte dann bereits mehr als drei Viertel ihrer Partien absolviert. Ihr Vorstandsvorsitzende Richard Masters hatte bereits Anfang des Monats gegenüber der BBC betont, dass es aus finanzieller Sicht "absolut entscheidend" sei, dass die Fans so schnell wie möglich wieder in die Stadien zurückkehren dürften. Entsprechend tief saß der Schock nach den neuesten Beschlüssen.
"Die Premier League nimmt die heutige Ankündigung der Regierung zur Kenntnis, und obwohl die Gesundheit der Nation für alle weiterhin Priorität haben muss, sind wir enttäuscht, dass die sichere Rückkehr der Fans zu den Spielen verschoben wurde", hieß es in einer Stellungnahme. Mit "ligaweiten Richtlinien" und einem "klaren Verhaltenskodex" seien die Fans in den Stadien "genauso sicher oder sogar sicherer als bei allen anderen derzeit erlaubten öffentlichen Aktivitäten", glaubt die Liga.
Lampard: "Sicherheit muss an erster Stelle stehen"
Der Chef der Football Supporters Association, Kevin Miles, bestätigte: "Das Feedback unserer Mitglieder bei Testveranstaltungen hat bestätigt, dass alle Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen in hohem Maße eingehalten wurden und dass sie sich bei Spielen sicherer fühlten als in vielen anderen sozialen Situationen." Selbst am Dienstagabend fanden ungeachtet der Beschlüsse noch drei Freundschaftsspiele als Testläufe für die Öffnung der Stadien statt.
"Wir wollen es den Menschen zu gegebener Zeit ermöglichen, Fußball und andere Sportereignisse zu sehen", sagte Staatsminister Richard Gove in der Fernsehsendung BBC Breakfast: "Aber im Moment müssen wir einfach vorsichtig sein, und ich denke, dass eine massenhafte Wiedereröffnung zu diesem Zeitpunkt nicht angebracht wäre."
Chelsea-Teammanager Frank Lampard hat dafür zumindest teilweise Verständnis. "Sicherheit muss immer an erster Stelle stehen", betonte der Coach von Timo Werner und Kai Havertz, schob aber gleich eine Aufforderung hinterher: "Sobald wir eine kontrollierte Anzahl von Fans zurück ins Stadion bringen können, müssen wir wirklich darauf drängen."