Martin Ödegaard beim FC Arsenal: Doppelte Wiedergeburt

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Wunderkind, als gescheitert abgestempelt, jetzt Kapitän des FC Arsenal: Martin Ödegaards Karriere nahm zuletzt eine erstaunliche Wendung. Mit Arsenal könnte sich der 23-jährige Norweger am Donnerstagabend für die Champions League qualifizieren.

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Martin Ödegaard und handelsübliche Zeitpläne, das passt einfach nicht zusammen: Beim mittlerweile 23-jährigen Norweger geht alles entweder viel schneller als normal oder viel langsamer.

Mit 16 Jahren wechselte Ödegaard als sogenanntes Wunderkind zu Real Madrid, dem wohl größten Klub der Welt. Zu früh? Die Erwartungen erfüllte er dort jedenfalls nicht im geringsten, weshalb er quer durch Europa verliehen wurde. Jahr um Jahr verging und die große Karriere schien vorbei, bevor sie eigentlich begonnen hatte.

Sein viertes Leihgeschäft führte ihn im vergangenen Winter schließlich zum FC Arsenal. Und auf einmal war wieder alles wie zu Teenager-Zeiten: Es ging rasend schnell! Ödegaard erarbeitete sich einen Stammplatz, wurde im Sommer für 35 Millionen Euro fest verpflichtet und kürzlich von Trainer Mikel Arteta zum Kapitän ernannt.

"Sie haben mir Ruhe und Stabilität gegeben, damit ich ankommen kann und mir nicht den Kopf darüber zerbrechen muss, wo ich während des nächsten Transferfensters landen würde", dankte Ödegaard. Seine eigene Wiedergeburt begünstigte unterdessen Arsenals Wiedergeburt. Ödegaard avancierte innerhalb kürzester Zeit zum Gesicht einer der wohl aufregendsten, aufstrebendsten Mannschaften Europas.

FC Arsenal steht vor der ersten CL-Quali seit 2016/17

Nach den trägen letzten Jahren unter Arsene Wenger war Arsenal im Mittelmaß versunken, die letzte Champions-League-Teilnahme liegt schon sechs Jahre zurück. Am Donnerstagabend könnte Arsenal die Durststrecke beenden und vorzeitig in die Königsklasse zurückkehren. Dafür bräuchte es nur einen Sieg gegen den Lokalrivalen Tottenham Hotspur. Drei Spieltage vor Saisonende beträgt Arsenals Vorsprung auf den einzigen Verfolger vier Punkte.

"Vielleicht sind wir ein bisschen vor unserem eigentlichen Zeitplan", findet Ödegaard, der bei seinem festen Wechsel im vergangenen Sommer und drei Niederlagen aus den ersten drei Saisonspielen offenbar nicht von einer umgehenden Champions-League-Qualifikation ausgegangen war. "Alles ist schneller gegangen, als ich es erwartet habe."

Begünstigt haben diese Entwicklung die für insgesamt 167 Millionen Euro verpflichteten Neuzugänge, die erstaunlich rasant einschlugen: Keeper Aaron Ramsdale (23), der im Tor Bernd Leno verdrängte. Abwehrchef Ben White (24). Der stets so aufopferungsvoll kämpfende Rechtsverteidiger Takehiro Tomiyasu (23) aus Japan. Und vor allem eben: Martin Ödegaard.

FC Arsenal: Martin Ödegaard erinnert an Mesut Özil

In einem 4-2-3-1 oder 4-1-4-1-System glänzt Ödegaard als Spielmacher, Tempobestimmer und Chancenkrerierer. 56 Tormöglichkeiten erspielte er im Laufe dieser Premier-League-Saison schon, übertroffen wird dieser Wert nur von Mohamed Salah (FC Liverpool) und Bruno Fernandes (Manchester United). Seine bisher zehn Torbeteiligungen wirken ob seines Einflusses auf das Spiel seiner Mannschaft fast schon wenig.

Längst wird Ödegaard bei Arsenal mit Mesut Özil verglichen. Dem Mesut Özil natürlich, der zu Beginn seiner Zeit in London in beachtlicher Konstanz brillierte. Nicht dem, der den Klub nach unrühmlichen letzten Monaten im Januar 2021 zwei Tage vor Ödegaards Ankunft verließ. Als "großes Kompliment" erachtet er die Vergleiche mit Özil, denn: "Er war ein Spieler, zu dem ich aufgeschaut habe. Er war einer meiner Lieblingsspieler."

Özil stand bei Arsenal für eine Ära erfahrener Stars in eher durchschnittlichen Mannschaften: Der volle Fokus lag meist auf dem deutschen Spielmacher und einem brillanten Stürmer, zunächst Alexis Sanchez und dann Pierre-Emerick Aubameyang. Spätestens mit dem Abschied des vormaligen Kapitäns Aubameyang zum FC Barcelona im Winter gilt diese Ära als beendet.

FC Arsenal hat die jüngste Mannschaft der Liga

Exemplarisch für die Zeitenwende steht die Binde an Ödegaards Oberarm. Zunächst bekam sie Alexandre Lacazette, der im Sturm dann aber vom jungen Eddie Nketiah (22) aus der Startelf verdrängt wurde. Obwohl Ödegaard seit nicht einmal eineinhalb Jahren im Klub ist, galt er doch als naheliegende nächste Wahl Artetas, zu dem er ein tiefes Vertrauensverhältnis pflegen soll.

"Er ist ein geborener Anführer. Sucht man nach dem perfekten Profi, Ödegaard wäre nicht weit von diesem Ideal entfernt" sagte Arteta im Winter, lange vor seiner Berufung zum Kapitän. "Er ist sehr, sehr jung, hat aber trotzdem schon viele Erfahrungen in verschiedenen Klubs im europäischen Fußball gesammelt. In den letzten Wochen ist er seinem Top-Level immer näher gekommen."

Dieses Top-Level hat Ödegaard in der Rückrunde nicht nur konserviert, sondern weiter angehoben. Gleichzeitig steigerte sich auch die restliche so junge Mannschaft um die gut integrierten Neuzugänge und die Supertalente Bukayo Saka (20) und Emile Smith Rowe (21) kontinuierlich. Mit einem Durchschnittsalter von 25,2 Jahren verfügt Arsenal ligaweit über das mit Abstand jüngste Aufgebot, deutlich vor "Verfolger" FC Brentford mit 26,2 Jahren.

Premier League: Die Tabelle

PlatzTeamSp.ToreDiffPkt.
1.Manchester City3694:227289
2.Liverpool3689:246586
3.Chelsea3673:314270
4.Arsenal3556:421466
5.Tottenham Hotspur3560:402062
6.Manchester United3757:56158
7.West Ham United3657:461155
8.Wolverhampton Wanderers3636:39-350
9.Brighton & Hove Albion3638:42-447
10.Leicester City3552:56-445
11.Crystal Palace3546:42444
12.Aston Villa3548:49-143
13.Brentford3644:52-843
14.Newcastle United3640:61-2143
15.Southampton3641:61-2040
16.Everton3537:56-1936
17.Burnley3532:49-1734
18.Leeds United3639:77-3834
19.Watford3632:70-3823
20.Norwich City3622:78-5621
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