Drei Spieltage sind in der Premier League gespielt. Erst drei, wird sich der FC Liverpool denken. Alles ist noch offen, vieles kann - nein, muss sich sogar noch ändern. Als Jürgen Klopp sich nach der 1:2-Niederlage gegen Manchester United der versammelten Presse stellte, wirkte er niedergeschlagen. Wie jemand, dem gerade gesteckt wurde, dass ihn auf dem Heimweg ein mehrstündiger Stau erwarte.
Nach den besagten drei Spielen stehen die Reds auf dem 16. Tabellenplatz. Zwei Punkte, vier zu fünf Tore, kein einziger Sieg - in Deutschland erinnern sich schon jetzt viele an Klopps letzte Saison mit Borussia Dortmund. Damals stand der BVB zur Winterpause auf einem Abstiegsplatz.
Noch ist es für derartige Vergleiche zu früh. Trotzdem haben die Probleme des FC Liverpool nicht nur mit Pech oder Zufällen zu tun. SPOX und GOAL schauen auf die größten Baustellen des amtierenden Vizemeisters.
FC Liverpool: Die Verletzungen
Caomhin Kelleher, Calvin Ramsay, Ibrahima Konaté, Joel Matip, Curtis Jones, Thiago Alcántara, Alex Oxlade-Chamberlain, Naby Keïta, Kaide Gordon, Diogo Jota, Darwin Núñez - keine schlechte Mannschaft, oder? Gut genug, um viele Mannschaften in der Premier League zu schlagen, könnte man meinen. Doch diese Liverpooler Elf besteht ausschließlich aus Spielern, die derzeit nicht zur Verfügung stehen. Kein Wunder, dass der Kader im Moment ein wenig kahl aussieht.
Angesprochen auf die Wechseloptionen sagte Klopp: "Wir hatten sonst noch Innenverteidiger und Kinder auf der Bank". Natürlich ist die Abwesenheit von Núñez selbst verschuldet, aber es ist nicht verwunderlich, dass der Trainer letzte Woche von einer "Hexe im Haus" in Kirkby gesprochen hat. Kaum mehr als zwei Wochen nach Beginn der Saison sind seine Optionen dezimiert worden.
Vor allem Thiago fehlt dem Team sehr. Er gibt sonst den Rhythmus und das Tempo des Spiels vor und verfügt über kreative Fähigkeiten, die gegen jeden Abwehrriegel wichtig sind. Im Angriff gingen den Reds zuletzt ebenfalls die Optionen aus. Fábio Carvalho musste das Fehlen von Núñez kompensieren, weil Roberto Firmino angeschlagen war und Jota fehlte.
Thiago, Matip und Konaté werden wohl noch bis mindestens Mitte September fehlen, Oxlade-Chamberlain sogar noch länger. In der Zwischenzeit muss Klopp Lösungen finden und hoffen, dass sich nicht noch mehr Spieler verletzen.
FC Liverpool: Zentrale Probleme
Dass Thiago nicht zu ersetzen ist, ist die eine Geschichte der aktuellen Krise an der Anfield Road. Die andere ist, dass auch darüber hinaus im Mittelfeld wenig zusammenläuft. Noch Anfang Juli reagierte Klopp sehr gereizt auf eine Nachfrage, ob man dort noch Bedarf habe. "Sagen Sie mir, welche Art von Spieler fehlt uns? Einer, der offensiv ist, 1,95 m groß und in den Strafraum kommt, um Bälle einzuköpfen?", sagte der 55-Jährige: "Was wollt ihr? Diese goldene Kuh, die absolut alles produziert, auch Milch?!"
Wie denkt der Trainer wohl sechs Wochen später darüber? Die Verletzungen kann er mit den Optionen kaum auffangen. Einige Spieler sind noch sehr jung, andere wie James Milner sind mit 36 weit über ihrem Zenit.
Spätestens nach diesem Saisonstart muss sich der FC Liverpool die Frage gefallen lassen, ob der wohl wichtigste Teil des Kaders nicht ausreichend durchdacht und geplant wurde. In den letzten Jahren waren die Reds erfolgreich damit, notfalls auch mal auf den richtigen Spieler zu warten. Aber ob das Aussitzen der Probleme in diesem Fall funktioniert? Kurzfristig ist das Mittelfeld bereits ein Problem, langfristig könnte es sich noch verschärfen. Das Thema brodelt bereits länger als ein paar Wochen.
Aller Anfang ist schwer: Liverpool kommt nicht aus den Startlöchern
Es braucht keine tiefgreifende Analyse, um festzustellen, dass es vielleicht keine allzu gute Idee ist, dem Gegner einen Vorsprung zu geben. Saisonübergreifend ist Liverpool in den vergangenen sieben Ligaspielen einem Rückstand hinterhergelaufen. Klopp kritisierte nach dem Unentschieden in Fulham die "Einstellung" seiner Spieler.
Auch wenn er nach dem United-Spiel betonte, dass es nicht daran gelegen habe, so gab es doch Ähnlichkeiten in der Art und Weise, wie seine Mannschaft mit der Intensität, der Körperlichkeit und dem Willen der Gastgeber umging.
Genau wie in Craven Cottage brauchte Liverpool eine halbe Stunde, um zur Ruhe zu kommen und einen Rhythmus zu finden. Genau wie in Craven Cottage lag man zu diesem Zeitpunkt bereits mit einem Tor zurück - und es hätte noch schlimmer kommen können.
Ob es nun an der Selbstzufriedenheit, der Fitness oder dem kollektiven Mangel an Selbstvertrauen liegt? Vielleicht ist es ja von allem etwas. In jedem Fall aber muss das Problem behoben werden. Am Samstag gegen AFC Bournemouth (16 Uhr im Liveticker) wird es dementsprechend wichtig sein, das erste Tor zu erzielen - auch für den Kopf.