Leicester City: Vom Champion in die Championship? Der Fall der Foxes

Von Matt O'Connor-Simpson/Patrik Eisenacher
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Nur sieben Jahre nach dem sensationellen Gewinn der Meisterschaft in der Premier League droht Leicester City der Abstieg in Englands zweite Liga. Das steckt hinter dem Absturz der Foxes.

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Als am vergangenen Montag im Craven Cottage von Fulham der Halbzeitpfiff ertönte, schallten Buhrufe aus dem Auswärtsblock. Die mitgereisten Fans von Leicester hatten gerade gesehen, wie ihre Mannschaft Fulham drei Tore geschenkt hatte, nicht eingeschenkt. Die Foxes selbst trauten sich hingegen kaum in den gegnerischen Strafraum. Eigentlich sollte die Begegnung der Wendepunkt in einer katastrophalen Saison sein. Stattdessen war es ein weiterer Nagel am Sarg für das abstiegsbedrohte Leicester.

Vor fast genau sieben Jahre warteten dieselben Fans im King Power Stadium auf Andrea Bocellis Ausführung des Songs Nessun Dorma - die perfekte Atmosphäre, um die Premier-League-Trophäe überreicht zu bekommen. In der jüngeren Vergangenheit wurden die Fans in der Folge mit einem Champions-League-Viertelfinale, regelmäßigen Teilnahmen an der Europa League und einem Triumph im FA-Cup-Finale in Wembley verwöhnt.

Nun wird Leicester, sofern in den letzten drei Spielen keine wundersame Besserung eintritt, eine Nacht im Metropolitano von Atletico Madrid gegen einen kurzen Zwischenstopp in Taunton Dean Services auf dem Weg nach Plymouth Argyle eintauschen - in der Championship, der zweiten Liga Englands.

Der Niedergang der Mannschaft scheint unglaublich. Obwohl die Erwartungen vor der Saison nicht allzu hoch waren - der lange versprochene Umbruch im Sommer blieb aus -, hat niemand erwartet, dass die Mannschaft am Ende der Saison um den Klassenerhalt kämpft. Wie konnte es so weit kommen?

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Leicester City mit Transfer-Problemen

Der Erfolg von Leicester beruhte auf exzellenten Transfers. Die Elf, die 2016 den Titel gewann, kostete knapp 35 Millionen Euro. Das ist ein unglaubliches Preis-Leistungs-Verhältnis für Spieler wie N'Golo Kanté, Jamie Vardy und Riyad Mahrez.

Das Mastermind dieses Erfolgs war Scout Steve Walsh. Als er 2016 zu Everton ging, waren die Befürchtungen groß, dass Leicesters Transfers deutlich schlechter werden würden. Doch auch ohne Walsh kaufte man weiterhin großartig ein: Harry Maguire wurde 2018 für einen Gewinn von fast 80 Millionen Euro verkauft, während Spieler wie Youri Tielemans, James Maddison und Ricardo Pereira weit unter ihrem Marktwert gekauft wurden.

In jüngster Zeit ist es jedoch immer schwieriger geworden, auch nur einen einzigen Transfer zu tätigen. Das Sommerfenster 2021 war ein einziges Desaster: Patson Daka, Boubakary Soumare, Jannik Vestergaard und Ryan Bertrand gehörten zu den Spielern, die kamen - jeder einzelne von ihnen war ein totaler Reinfall.

Auch in dieser Saison sind die Transfers nicht besser geworden. Die Neuzugänge Wout Faes und Harry Souttar, die im Sommer bzw. im Winter geholt wurden, haben wenig dazu beigetragen, die löchrige Abwehr zu verbessern. Der junge Außenverteidiger Victor Kristiansen ist noch meilenweit von Premier-League-Niveau entfernt - und der inkonstante Tete hat nur sporadisch seine Qualitäten aufblitzen lassen.

In der wohl stärksten Liga der Welt ist man immer nur ein paar schlechte Transferfenster davon entfernt, in der Tabelle nach unten zu rutschen - und genau das ist Leicester nun passiert.

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Leicester City: Finanzielle Probleme

Es gibt zahlreiche Gründe dafür, warum Leicester keine großen Namen mehr an Land ziehen konnte. Zunächst einmal gehören sie einem in Thailand ansässigen Duty-Free-Unternehmen, das verständlicherweise eine schwierige Zeit durchlebte, als die Flughäfen während der Pandemie geschlossen waren.

Hinzu kommt die Inflation der Premier League: Je länger man sich in ihr hält, desto schwieriger ist es, überhöhte Verträge zu vermeiden. Nach zwei fünften Plätzen in Folge wollten die Spieler finanziell für ihren Erfolg belohnt werden.

Nichts hat jedoch einen größeren finanziellen Tribut gefordert als das hochmoderne Trainingszentrum des Vereins. Es wird berichtet, dass Leicester 115 Millionen Euro dafür in die Hand genommen hat.

Diese Faktoren führten dazu, dass die Foxes im März einen Rekordverlust von 106 Millionen Euro bekannt gaben. Auch wenn in dieser Zahl die Ablösesumme Chelseas für Wesley Fofana in Höhe von 83 Millionen Euro nicht enthalten ist, so hilft sie uns doch zu verstehen, warum Leicester im Sommer nur zwei Spieler verpflichtet hat - obwohl der Klub den Fans seit Langem einen verbesserten Kader versprochen hatte.

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Leicester City: Zu viel Loyalität

Leicesters finanzielle Probleme sind zum Teil auch selbst verschuldet. Während der Amtszeit von Trainer Brendan Rodgers traf die Führungsetage gravierende Fehlentscheidungen: Alte Spieler bekamen neue Verträge mit sogar noch mehr Gehalt.

Jonny Evans erhielt im Dezember 2020 einen Vertrag über zweieinhalb Jahre und war seitdem öfter verletzt als fit. Bertrand, ein weiterer Großverdiener, hat in seinen beiden Spielzeiten nur zwölf Einsätze absolviert, während ein weiterer Transferflop, Vestergaard, noch ein weiteres Jahr unter Vertrag steht.

Es war auch ein Fehler, Tielemans nicht zu verkaufen, als er in den letzten beiden Spielzeiten auf dem Höhepunkt seines Marktwertes stand. Seit seinem wunderschönen Siegtreffer im FA-Cup-Finale 2021 hat seine Form stark nachgelassen.

So hätte der Belgier den Verein als Legende verlassen können. Stattdessen blieb er und brachte Leicester nicht wie gewohnt im Sommer viel Geld für einen Leistungsträger ein. In der laufenden Saison hatte man manchmal das Gefühl, dass er nur auf den Sommer 2023 gewartet hat, in dem er endlich ablösefrei gehen kann.

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Leicester City: Ein neuer Torhüter wird benötigt

Die Entscheidung von Leicester, den nach Nizza abgewanderten Kasper Schmeichel nicht angemessen zu ersetzen, ist und war verheerend.

Danny Ward hatte gerade in der ersten Saisonhälfte keinerlei Kontrolle über seine Abwehr und hielt selbst nur wenige Bälle. Auch die Expected Goals unterstreichen seine schwache Leistung: Im Normalfall hätte er 5,5 Gegentore weniger kassieren müssen, als es tatsächlich der Fall war. Nur vier Torhüter waren bisher noch schlechter.

Daniel Iversen hat sich etwas besser geschlagen, seit er im Saisonendspurt zwischen den Pfosten steht. Aber auch seine Leistungen sind nicht Premier-League-würdig - das zeigt auch sein kostspieliger Patzer gegen Fulham.

Die Foxes hatten fast das gesamte Sommertransferfenster Zeit, um einen Ersatz für Schmeichel zu verpflichten, doch sie setzten auf den bisherigen Ersatz Ward. Das könnte sich als fataler Fehler erweisen, wenn es um den Klassenerhalt geht.

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Leicester City: Abgrundschlechte Defensive

Nicht nur bei den Torhütern hat Leicester in dieser Saison Probleme, auch die Abwehrreihe gehört zu den schlechtesten ihrer Zunft in der Premier League. Das ist zum Teil ein personelles Problem.

Die Foxes haben seit Langem Schwierigkeiten mit dem mentalen Druck. Das zeigen ihre acht Gegentore nach kapitalen, unerzwungenen Fehlern in nur zwei Spielzeiten und zahlreiche verursachte Elfmeter. Auch die individuellen Leistungen waren in dieser Saison nicht gut genug. Faes hatte einen starken Start, war dann aber nicht mehr konstant genug. Praktisch jeder Verteidiger von Leicester hatte längere Phasen, in denen er nicht in Form war.

Aber auch der mittlerweile gefeuerte Trainer Rodgers muss einen Teil der Schuld auf sich nehmen. In der vergangenen Saison kassierte sein Team ganze 20 Gegentore nach Standardsituationen - und obwohl sich die Situation in dieser Spielzeit etwas verbessert hat, atmen die Fans immer noch kollektiv durch, wenn ein gegnerischer Standard geklärt wird. Das Versäumnis von Rodgers, dies während seiner Amtszeit zu verbessern, wirft kein gutes Licht auf den Trainer.

Auch die Anfälligkeit bei gegnerischen Kontern ist gravierend. Wilfred Ndidi war früher einer der besten Abräumer, weil er mit seinen krakenartigen Beinen der Abwehrreihe viel Schutz bot. In den letzten beiden Jahren sind seine Leistungen jedoch immer schwächer geworden, er steht nicht einmal mehr in der Startelf - und auch kein anderer Spieler kann die dadurch entstandene Lücke schließen.

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Leicester City von Verletzungen geplagt

In den vergangenen beiden Spielzeiten fehlten Leicester oft Stammkräfte in der Abwehr. Man mag es kaum glauben, aber Ricardo Pereira war einst einer der besten Rechtsverteidiger Europas, bevor ihn eine Kreuzbandverletzung kurz vor der Pandemie stoppte.

Gerade als er wieder auf dem Weg zu seiner Bestform war, riss seine Achillessehne - aktuell ist er nur Ergänzungsspieler.

Ähnlich verhält es sich mit seinem Ersatz James Justin. Der Engländer sprang nach Pereiras erster Verletzung hervorragend in dessen Fußstapfen, bis sein Kreuzband im Februar 2021 riss. Wie bei seinem Mannschaftskameraden wurde auch seine Rückkehr durch eine Achillessehnenverletzung behindert.

Die Probleme betreffen indes auch den Angriff. Kelechi Iheanacho hat in seiner wechselhaften Zeit bei Leicester für unglaubliche Leistungen gesorgt - doch der Nigerianer fehlt derzeit wegen eines Leistenrisses.

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Leicester City: Interessiert es die Spieler überhaupt?

Das ist der Punkt, der den Leicester-Fans am meisten wehtut. Unter den Anhängern der Foxes wächst die Meinung, dass die aktuelle Mannschaft einfach nicht genug kämpft, um in der Premier League zu bleiben. Die Zuschauerzahlen sind nicht gesunken, aber die Stimmung ist schlechter geworden.

Die Buhrufe in Fulhams Craven Cottage waren nicht die ersten. Auch bei mehreren Heimspielen in dieser Saison waren sie zu hören. James Maddison deutete nach der Niederlage in Fulham sogar an, dass die Mannschaft "nicht hungrig genug war, um das Spiel gewinnen zu wollen."

Die Frage, die sich die Fans nach diesen Äußerungen stellten: Warum zum Teufel strengt ihr euch nicht an? Es war das entscheidende Spiel der Saison. Wenn man sich dafür nicht motivieren kann, wie will man dann erst den Abstieg verhindern?

Auch wenn Maddison nach dem Spiel in den sozialen Medien versuchte, seine Äußerungen in ein besseres Licht zu rücken - es stimmt, dass die Foxes etwas weniger motiviert sind als die Konkurrenz im Tabellenkeller. Maddison selbst wird so oder so wohl wechseln, als möglicher Abnehmer gilt Newcastle.

Auch der bereits erwähnte Tielemans wird sicher gehen, ebenso wie Caglar Söyüncü, der zu Atletico Madrid wechselt. Daniel Amartey, dessen Vertrag ausläuft, wird wohl kaum einen neuen erhalten. Auch Harvey Barnes, Wout Faes und Boubakary Soumaré könnten im Falle eines Abstiegs gehen.

Bei so vielen abwanderungswilligen Spielern ist es verständlich, dass keine Einheit entsteht. Der Kader hätte schon lange besser zusammengestellt werden müssen.

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Leicester City: "Das wird schon"

Die ganze Saison über herrschte im King Power Stadium der Eindruck einer gewissen Arroganz. Als ehemaliger Premier-League-Champion, FA-Cup-Sieger und Champions-League-Anwärter war man sich sicher, "zu gut zu sein, um abzusteigen".

Maddison selbst schien diese Einstellung bereits im März zu vertreten, als er einen Artikel des Lokaljournalisten Rob Tanner zitierte und twitterte. In seinem Beitrag meinte Tanner, dass nach der 0:1-Niederlage gegen Southampton "alle Zutaten" für einen Abstieg Leicesters vorhanden seien.

Maddisons schlagfertige Antwort lautete: "Blödsinn. Schauen Sie sich das Spiel an und analysieren Sie es richtig, und hören Sie auf, solche Schlagzeilen zu schreiben. Wenn wir so spielen, wird uns nichts passieren. Wir haben zahlreiche tolle Chancen kreiert und hätten an einem anderen Tag mit dieser Leistung locker gewonnen."

Seit diesem Tweet hat Leicester sechs von 30 möglichen Punkten geholt. Maddisons gereizte Antwort auf den Tweet spiegelt die Ambivalenz wider, die zu dieser katastrophalen Situation geführt hat.

Wahrscheinlich hat man zu lange damit gewartet, Rodgers zu entlassen. Auch Interimstrainer Dean Smith konnte keine Wende einleiten.

Das Ausmaß von Leicesters Misere schien ihm nach dem Fulham-Spiel endlich zu dämmern, als er zugab: "In der ersten Halbzeit war ich heute wirklich sehr besorgt. In der zweiten Halbzeit wurde es dann besser. Das ist das erste Mal, dass ich bei diesen Spielern mangelnden Einsatz sehe. Ich hoffe, dass ich das nicht noch einmal sehen muss."

Die Leicester-Fans werden das ebenfalls hoffen. Andernfalls wären sie in weniger als einem Jahrzehnt von Bocelli, der Nessun Dorma sang, in die zweite Liga abgestiegen.

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