"Er ist eine Maschine": Wataru Endo überragt beim FC Liverpool nach Stotterstart mit Bestmarken

Von Janek Subke
Wataru Endo, FC Liverpool, Premier League, Reds, England, VfB Stuttgart, Jürgen Klopp
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Im vergangenen Sommer-Transferfenster war es der Plan des FC Liverpool, junge Talente an die Anfield Road locken. Das gelang jedoch nur bedingt, auch ein Statement-Transfer blieb aus. Stattdessen holten die Reds auf den letzten Drücker Wataru Endo vom VfB Stuttgart - und der sorgt längst für ordentlich Furore.

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Der FC Liverpool beging im vergangenen Sommer im Grunde genommen so etwas wie einen Tabubruch: "Normalerweise holen wir keine Spieler dieser Altersklasse", sagte Trainer Jürgen Klopp und gestand: "Ich bin mir nicht sicher, ob wir ihn bekommen hätten, wenn er nicht 30 wäre."

Ihn, das ist Wataru Endo. 20 Millionen Euro ließen sich die Reds die Dienste des Japaners vom VfB Stuttgart kosten, den in England niemand kannte. Eigentlich sollten die beiden talentierten Sechser Moisés Caicedo und Roméo Lavia verpflichtet werden - Kostenpunkt: circa 180 Millionen Euro.

Die entschieden sich aber letztlich beide für den FC Chelsea. Auch deshalb erschien Endo vor allem in den Augen vieler Liverpool-Fans als Verzweiflungstransfer.

Ein halbes Jahr später geschah Folgendes: Liverpool holte gegen die Blues im EFL-Cup den ersten Titel der Saison. Bei Chelsea stand der verletzte Lavia gar nicht im Kader und Caicedo im Verlaufe des Spiels kurz vor einem Platzverweis. Groß aufgespielt hat während der 120 Minuten nur einer: Der mittlerweile 31-jährige Endo. Für ihn, der nach der Partie völlig entkräftet war, bedeutete dies seinen ersten Titelgewinn außerhalb Japans.

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Jürgen Klopp über Wataru Endo: "Das hat ihn die ersten zwei Wochen gekostet"

Dabei war gerade zu Saisonbeginn keineswegs absehbar, dass es so weit kommen würde. Da nämlich nahm Endo hauptsächlich auf der Bank Platz. Viermal spielte er sogar keine einzige Minute. Die Fans fanden sich bestätigt.

"Er muss sich erst an die Dinge hier gewöhnen", erklärte Klopp nach dem 3:1-Heimsieg gegen West Ham am 6. Spieltag, bei dem Endo in der 88. Minute eingewechselt wurde. "Wataru ist ein super Typ, sehr ruhig und sehr höflich - und das hat ihn vielleicht die ersten zwei Wochen gekostet."

Neben dem Platz war der Mittelfeld-Abräumer schon in Stuttgart kein Lautsprecher. Dennoch wartete Endo geduldig auf seine Chance. Und das sollte sich lohnen: 33 Pflichtspiele absolvierte er mittlerweile für die Reds, in 25 davon stand er in der Startelf.

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Wataru Endo mit Liverpooler Bestmarke nach 18 Jahren

Ursprünglich war Endo als Ersatz für Fabinho geplant, den es im Sommer zum saudischen Klub Al-Ittihad zog. Mittlerweile übertrifft Endo nicht nur alle Erwartungen, sondern auch dessen Zahlen aus der Vorsaison. Laut Opta hat er in Bezug auf Zweikämpfe pro 90 Minuten (2,22 zu 2,19), abgefangene Bälle (1,50 zu 1,25), gewonnenen Ballbesitz (6,8 zu 5,9), gewonnenen Ballbesitz im letzten Drittel (0,92 zu 0,71) und Pässe (64,4 zu 60,3) die besseren Werte vorzuweisen.

"Er arbeitet unheimlich hart, jeden Tag aufs Neue. Seine Tacklings bedeuten der Mannschaft sehr viel. Wir wissen, was wir an ihm haben!", sagte Klopp zwischenzeitlich.

Trotz seiner aggressiven Spielweise, mit der er gut zum englischen Fußball passt, ist Endo selten verletzt. In seiner gesamten Zeit in Stuttgart beispielsweise verpasste der Defensivspieler nur drei Spiele. Für Liverpool war Endo nun der erste Feldspieler seit Januar 2006, der fünf Spiele in 13 Tagen in der Startelf absolvierte.

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Wataru Endo verdrängte Alexis Mac Allister von der Sechs

Vor allem die einmonatige Knieverletzung von Endos Konkurrent Alexis Mac Allister im Dezember kam dem Kapitän der japanischen Nationalelf in Klopps offensivem 4-3-3 zugute. Zuvor war der Argentinier auf der Sechs gesetzt - nun ist es Endo.

Prompt wählten ihn die Fans zum Spieler des Monats Dezember. Ihrer vorherigen Skepsis ist längst Begeisterung gewichen. "Er nähert sich immer mehr dem Status eines Kulthelden in Anfield, falls er es nicht ohnehin schon ist", sagt Farrell Keeling, stellvertretender Herausgeber des Liverpool-Website Empire of the Kop , im Gespräch mit SPOX. "Es sagt viel aus, dass wir uns jetzt fragen, ob wir mit Endo statt Caicedo den besseren Deal gemacht haben."

Seit Mac Allister wieder fit ist und sich auch Dominik Szoboszlai, Curtis Jones sowie Ryan Gravenberch verletzt hatte, rückte der Weltmeister im Jahr 2024 zunehmend auf die Achterposition.

Ob Endo in der Premier League in der Startelf stand oder nicht, schlug sich auch in den Zahlen nieder: Wenn er in dieser Saison von Beginn an auf dem Platz war, kassierte Liverpool im Schnitt nur 0,75 Tore pro Spiel. Wenn nicht, waren es 1,1 Gegentore pro Spiel.

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Wataru Endo: Mehr erfolgreiche Pässe als alle seiner Mitspieler

Doch auch von der Bank kommend machte er bislang einen Unterschied. Wie etwa beim 4:3-Sieg gegen Fulham an Spieltag 14, als er einen Distanzschuss in den rechten Winkel knallte. Wenn der Japaner spielte, ging Liverpool in Englands höchster Spielklasse bislang in 75 Prozent der Begegnungen als Sieger vom Platz. Spielte er nicht, waren es nur 57 Prozent.

Aufgrund des Asien-Cups mussten die Reds im Januar und Februar in sieben Spielen auf Endo und seine Top-Form verzichten. Kaum war er zurück, stand er gegen Burnley direkt wieder in der Startformation. Bereits im letzten Spiel vor dem Turnier in Katar überragte er beim 4:2 gegen Newcastle: Obwohl er nur 75 Minuten auf dem Rasen stand, spielte er mehr erfolgreiche Pässe als alle seiner Mitspieler.

Kürzlich beim Topspiel gegen Manchester City wurde Endo sogar mit dem Award für den Spieler des Spiels ausgezeichnet. Er beeindruckte mit einer Passquote von 96 Prozent und bärenstarken Zweikampfwerten. Kevin De Bruyne hatte ordentliche Probleme mit Endo, den das Netz ausgiebig für seine Leistung abfeierte.

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Wataru Endo beim FC Liverpool: "Er ist eine Maschine"

Neben der überragenden Passsicherheit ist der ehemalige Stuttgarter in der Luft besonders stark. In der Premier League weisen nur acht Mittelfeldspieler, die mindestens 500 Minuten gespielt haben, einen höheren Wert an gewonnenen Luftduellen auf.

Diese herausragenden Statistiken sind bei Endo genau genommen nichts Ungewöhnliches mehr. Bereits in der Bundesliga flog er lange unter dem Radar, gehörte aber nicht nur beim Blick auf die Daten zu den Besten auf seiner Position.

Bis 2027 hat Liverpool den 61-maligen Nationalspieler unter Vertrag genommen. Dann wäre Endo 34 Jahre alt. Für Klopp, der dann nicht mehr an der Seitenlinie stehen wird, ist sein Alter aber ohnehin nicht ausschlaggebend: "Wir hatten Glück. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Wataru in drei, vier Jahren einen weiteren langfristigen Vertrag bei Liverpool unterschreiben wird, weil er vielleicht 30 oder 31 Jahre in seinem Pass stehen hat, aber das ist er nicht. Er ist eine Maschine. Er ist fußballerisch außergewöhnlich. Sein Defensivverstand ist herausragend."

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Wataru Endo: Seine Leistungsdaten beim FC Liverpool in der Saison 2023/24

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