Die Ankündigungen von Zlatan Ibrahimovic blieben auch Eric Cantona nicht verborgen. Also meldete sich die United-Legende im Zuge des Ibrahimovic-Transfers zu Wort: "Es kann nur einen König in Manchester geben. Du kannst Prinz werden, wenn du willst. Der König ist gegangen, lang lebe der Prinz!"
Keine Frage, dass Cantona nicht lange auf eine Antwort warten musste. "Er sollte wissen, dass ich in Manchester nicht König werden will, ich werde Gott in Manchester!", gab Ibrahimovic in seiner gewohnt selbstbewussten Art zu Protokoll.
Bereits in Paris war an der Seite von Ibrahimovic wenig Platz gewesen. So war es besonders für den anderen Top-Stürmer bei PSG schwer, den Weg ins Rampenlicht zu finden. Egal, wie gut es Edinson Cavani machte, hieß es immer: Zlatan hier, Ibrahimovic dort.
Trotz allem, betonte Cavani immer wieder, habe es keine Probleme zwischen ihm und Ibrahimovic gegeben: "Ich weiß nicht, wo die bösen Gerüchte um mein Verhältnis zu Ibrahimovic herkommen. Wir sind Fußballer, die für denselben Klub spielen. Wir respektieren einander, auch wenn man nicht mit jedem zwingend befreundet ist."
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Mutiger Wechsel
Den Wechsel von Cavani zu PSG kann man getrost als mutig bezeichnen. Als amtierender Torschützenkönig der Serie A ging der Urugayer im Sommer 2013 für eine Ablöse von knapp 65 Millionen Euro nach Paris. Ein durchaus branchenüblicher Tapetenwechsel. Warum also mutig?
Cavani stellte sich bei dem Umzug nach Paris freiwillig dem Konkurrenzkampf mit der personifizierten Tormaschine Ibrahimovic. Der Schwede hatte die französische Hauptstadt bereits zlatanisiert und war mit 30 Toren in seiner Debüt-Saison ebenfalls Torschützenkönig geworden.
Trainer Laurent Blanc hatte die Qual der Wahl - und entschied sich für die sichere und stressfreie Variante: Ibrahimovic machte das Rennen.
Cavanis Schicksal war damit besiegelt. Ab sofort musste er mit den Außenbahnen oder gar der Ersatzbank Vorliebe nehmen. Er erledigte seinen Job über drei lange Jahre trotz ungewohnter Positionen gar nicht mal so schlecht, erzielte 16, 18 und 19 Treffer in der Liga. Glücklich wurde er in Ibrahimovic' Schatten aber nicht. Tatsächlich war er sogar sehr unglücklich. "PSG hat ihn gekauft, damit er im Sturmzentrum spielt. Aber jetzt muss Edi auf der Außenbahn ran. Auf dieser Position ist er nicht glücklich. Er kann der Mannschaft nicht so helfen, wie er es möchte", meldete sich sogar sein besorgter Vater zu Wort.
Au revoir Ibra, bonjour Sturmzentrum
Doch jetzt ist alles anders: Seit dem Abgang von Ibrahimovic nach Manchester ist in der Sturmmitte endlich Platz. Die Chance, auf die Cavani drei Jahre wartete, ist endlich da. Und diese Chance nutzt er allem Anschein nach fulminant. Mit insgesamt elf Treffern in nur neun Pflichtspielen in der Meisterschaft und der Champions League ist er im Handumdrehen aus Ibras Schatten getreten.
Dabei ging die Saison denkbar ungünstig los: Während Cavani am ersten Spieltag noch mit Oberschenkelproblemen aussetzen musste, stand er gegen den FC Metz am zweiten Spieltag in der Startelf und auch direkt im Fokus der Fans. Dummerweise legte Cavani in der Partie eine Slapstick-Einlage nach der anderen hin. Er spielte unkonzentriert und ließ haufenweise Chancen aus. Die Zuschauer verloren ihre Geduld und buhten Cavani nach dem Spiel in die Kabine. Wer es mit dem PSG hält und dieses Spiel gesehen hat, sendete wohl Stoßgebete an den Fußballgott und bat um einen neuen Stürmer. Gerüchte um Alexandre Lacazette, Carlos Bacca und Pierre-Emerick Aubameyang machten bereits die Runde.
Doch sein neuer Trainer Unai Emery stärkte ihm demonstrativ den Rücken: "Es ist sehr wichtig, Cavani zu vertrauen." Vier Wochen später gegen Caen platzte der Knoten. "El Matador" traf vier Mal in der ersten Halbzeit. Es schien, als sei der Napoli-Cavani an diesem Tag endlich in Paris angekommen.
Auch seine Mitspieler wissen, was sie an ihrem Stürmer haben. Der französische Abräumer Blaise Matuidi erwartet noch viel von Cavani: "Wir vertrauen ihm durch und durch. Ich weiß, dass er dieses Jahr noch viele Tore schießen wird. Wir freuen uns sehr für ihn. Ich hoffe, er wird sich weiter verbessern. Wir wissen, dass Edinson Selbstbewusstsein braucht."
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"Ich spiele für Gott"
Seine Kraft findet Cavani in Gott und seinem Glauben. Er kommt sehr häufig darauf zu sprechen, obwohl er die Bibellektüre erst vor einigen Jahren mit seiner jetzigen Ehefrau Maria Soledad Cavani begann: "Der Glaube ist für mich wie ein Navigationsgerät, das mich auf dem rechten Weg hält. Er hilft mir, wenn ich mich fürchte, Fehler zu machen", erzählt er. "Ich spiele für Gott, ich will ihm damit die Ehre erweisen und ihm danken, dass ich die Fähigkeit habe, als Profi Fußball zu spielen. Ich bin ein Athlet, der für Jesus antritt."
Der 29-Jährige ist ein tiefgläubiges Mitglied der "Atleti di Cristo", einer Vereinigung, der zahlreiche Spitzensportler, darunter Stars wie der ehemalige Weltfußballer Kaka, NFL-Quarterback-Superstar Aaron Rodgers oder Allyson Felix, ihres Zeichens sechsfache Olympiasiegerin in der Leichtathletik, angehören.
Top-Torjäger in der WM-Quali
Nicht nur in der Ligue 1 steht Cavani an der Spitze der Torjägerliste, auch in der südamerikanischen WM-Qualifikation thront er auf Platz eins. In sieben Partien gelangen ihm sieben Treffer. Auch dank seiner Tore steht Uruguay derzeit mit 19 Punkten an der Tabellenspitze.
Nach dem 3:0-Sieg gegen Venezuela, bei dem Cavani einen Doppelpack schnüren konnte, steht nun das Qualifikationsspiel gegen Kolumbien (22.30 Uhr, live auf DAZN) an.
In der Nationalmannschaft steht Cavani - anders als bei PSG - nicht als einziger Stürmer auf dem Platz. La Celeste baut auf ihn und Luis Suarez als Doppelspitze. Während aber Suarez sehr beweglich agiert, sich immer wieder fallen lässt oder auf die Flügel ausweicht, bleibt Cavani im Sturmzentrum und wartet dort auf die Zuspiele seiner Mitspieler.
Dort steht er seit Jahren im Mittelpunkt, dort spielt er nicht die zweite Geige wie über drei quälende Jahre in Paris. Bei PSG hat Ibrahimovic' Abschied Cavani buchstäblich entfesselt. Sein Vorgänger schickt sich eigener Aussage nach nun an, in Manchester Gott zu werden. Diese Ambition, dafür ist Cavani viel zu religiös geprägt, würde er nicht einmal zu äußern wagen. Zum König von Paris hat er aber allemal das Zeug.
Edinson Cavani im Steckbrief