PSG-Neuzugang Bradley Barcola: Auf den Spuren von Marcus Rashford - Nachfolger von Kylian Mbappé?

Von Thomas Hindle und Patrik Eisenacher
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45 Millionen Euro gab PSG für einen relativ unbekannten Flügelstürmer von Olympique Lyon aus. Was kann man von Bradley Barcola erwarten?

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Paris Saint-Germain hat sich in diesem Sommer bei den meisten seiner Transfers außerhalb der Ligue 1 umgesehen. Manuel Ugarte, Gonçalo Ramos und Cher Ndour wurden aus Portugal geholt, Marco Asensio und Ousmane Dembélé kamen aus LaLiga, Milan Skriniar aus der Serie A und Randal Kolo Muani aus der Bundesliga. Doch bei einem Transfer wagte PSG endlich wieder den Blick vor die eigene Haustür.

Der 21-jährige Bradley Barcola kam vom Ligue-1-Rivalen Olympique Lyon und ist ein dynamischer Offensivspieler, der jegliche Position im Sturm übernehmen kann. Sein Durchbruch in der vergangenen Saison hat Lyon geholfen, eine Saison, die von einem Eigentümerwechsel und schlechten Leistungen geprägt war, einigermaßen zu retten.

Dennoch sind 45 Millionen Euro eine Menge Geld für einen 21-Jährigen, der außerhalb seines Heimatlandes praktisch unbekannt ist. Die Marktwerte sind zwar so hoch wie nie zuvor, aber Spieler mit solchen Ablösen müssen selten gegoogelt werden.

Wer also ist Bradley Barcola, was kann er PSG bringen und warum hat Borussia Dortmunds Champions-League-Gegner auf einer Position, auf der er bereits gut besetzt ist, so viel Geld investiert? SPOX wirft einen Blick auf eines der interessantesten Talente Frankreichs.

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PSG, Bradley Barcola: Wo alles begann

Barcola war ein echter Lyonnais. Geboren als Sohn togolesischer Eltern keine zehn Kilometer entfernt vom legendären Stade de Gerland, der alten Heimat des französischen Fußballriesen, spielte er in seinen jungen Jahren für verschiedene Klubs der Region.

Die AS Buers war sein erster Verein, in einem Vorort der Stadt Villeurbanne. Nach zwei Jahren wechselte er dann bereits in die berühmte Akademie von Olympique Lyon, die schon Talente wie Eric Abidal, Hatem Ben Arfa, Florent Malouda, Samuel Umtiti und Karim Benzema hervorgebracht hatte. Barcola wurde zwar nicht als Riesentalent gehandelt, aber hat sich in seiner Heimatstadt stetig weiterentwickelt.

Vielleicht war es sein Glück, dass der Nachschub an Ausnahmetalenten Ende der 2010er Jahre etwas ins Stocken geriet. Jedenfalls nutzte Barcola seine Chance bei OL.

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PSG, Bradley Barcola: Der große Durchbruch

Als Barcola dann erst einmal loslegte und in der U19 in der UEFA Youth League und in der Ligue-1-Reserve regelmäßig traf, wurden auch die Verantwortlichen der Profis auf ihn aufmerksam. Anfang 2020 hatte er sich als bester Torjäger der Lyoner Jugend etabliert und in 15 Spielen neun Treffer erzielt sowie drei Vorlagen gegeben. Aufgrund dieser Leistungen wurde er in die Reservemannschaft befördert und konnte sich später für das Training in der ersten Mannschaft empfehlen.

Ein Förderer war Trainer Peter Bosz, einst bei Bayer Leverkusen und Borussia Dortmund, der einigen jungen Talenten den Übergang in den Profibereich ermöglichte. Barcola debütierte unter dem niederländischen Trainer im November 2021 in der Europa League gegen Sparta Prag. Er kam von der Bank und lieferte keine zehn Minuten später die Vorlage für Lyons drittes Tor des Abends - ein schnelles und feines Zuspiel auf den langen Pfosten, das Karl Toko Ekambi zum 3:0-Sieg ins Tor köpfte. Ab dem folgenden Februar durfte Barcola dann in der Liga ran.

Nach Boszs Aus nach zehn Spieltagen der Saison 22/23 kam Barcolas Aufstieg zunächst ins Stocken, da der neue Trainer Laurent Blanc zunächst nicht auf ihn setzte. Aber der junge Franzose biss sich durch und stand in zwei der letzten drei Saisonspiele in der Startelf - ein positives Zeichen für die folgende Spielzeit.

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PSG, Bradley Barcola: Der aktuelle Stand

Und tatsächlich wurde Barcola 2023 regelmäßig von Beginn an in die Startelf geschickt. Er brauchte einige Monate, um sich in der Mannschaft zurechtzufinden, bekam in der Anfangsphase der Saison nur wenige Minuten. Doch ab Januar kam er ins Rollen. Los ging's mit einem Tor gegen Metz in der Coupe de France.

Es war der Beginn einer tollen Serie für seine Mannschaft. Lyon hatte in der ersten Saisonhälfte zu kämpfen und litt unter der schlechten Form, vor und nach der Weltmeisterschaft. Das änderte sich jedoch, als Barcola sich in die erste Elf spielte. Der Flügelstürmer stand in der zweiten Saisonhälfte in fast jedem Spiel in der Startelf, erzielte sieben Tore und steuerte acht Vorlagen bei, als die Gones das Ruder herumrissen.

Blanc hob seine Qualitäten Anfang April hervor: "Er zweifelt nicht an sich. Er schießt Tore, auch wenn er nicht unbedingt ein Vollblutstürmer ist. Mit seiner technischen Finesse und seiner Schnelligkeit kann er seine Gegner leicht ausdribbeln."

Seinen Durchbruch feierte Barcola beim 1:0-Sieg gegen PSG im April. Der Flügelstürmer stand zwar nicht in der Startelf. Doch als Amine Sarr ausgewechselt werden musste, kam Barcola nach 20 Minuten aufs Feld. Mit seiner Schnelligkeit und seinen Tricks stellte er die Pariser vor große Probleme.

Das Toptalent erzielte dann schließlich den späteren Siegtreffer. Am hinteren Pfosten schlich er sich heran und schob den Ball an Gianluigi Donnarumma vorbei zum 1:0-Sieg im Parc des Princes. Das reichte anscheinend aus, um PSG von einem Mega-Deal zu überzeugen.

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PSG, Bradley Barcola: Seine großen Stärken

Barcola ist der Prototyp eines modernen Flügelspielers und bringt alle Eigenschaften eines Spitzentalents mit. Er war im vergangenen Jahr der schnellste 20-Jährige in Europa und ist ein ordentlicher Dribbler. Seine Stärken liegen in der Vorwärtsbewegung bei Pässen in den Strafraum - eine Eigenschaft, die ihm in einer Mannschaft mit Kylian Mbappé zweifellos zugute kommt.

Sein Spiel zeichnet sich außerdem durch Vielseitigkeit aus. Obwohl Barcola eher ein Rechtsfuß ist, hat er sich in der Vergangenheit an der rechten Seitenlinie ebenso wohl gefühlt wie auf dem linken Flügel.

Für seinen neuen Trainer Luis Enrique ist es besonders wichtig, dass er auch abseits des Balls hart arbeitet. Beim Abfangen von Bällen und Luftzweikämpfen ist der 21-Jährige einer der besten Offensivspieler der Ligue 1.

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PSG, Bradley Barcola: Hier kann er sich noch verbesseren

Wie bei fast jedem jungen Flügelstürmer gibt es auch bei Barcola einige Abzüge beim Abschluss. In der vergangenen Saison bekam er den Ball regelmäßig in der gefährlichen Zone, traf aber nicht immer die richtigen Entscheidungen.

Barcola wurde von einem frustrierten Alexandre Lacazette oft schief angeschaut, wenn er sich bei einem Pass verschätzte oder einen unüberlegt Schuss auf die Ränge des Groupama Stadiums feuerte. Für PSG dürfte dies jedoch kein großes Problem darstellen, da er durch seine besseren Mitspieler öfter zu Chancen kommen wird - Fehler sind also erlaubt.

Ein weiteres Fragezeichen betrifft Barcolas Fähigkeit, auf engem Raum zu spielen. Das Problem: Enrique bevorzugt Ballbesitzfußball und PSG wird in den meisten Spielen der Ligue 1 auf defensive Formationen treffen. Ähnlich wie Sadio Mané oder Gabriel Martinelli könnte sich Barcola in solchen Situationen schwertun - zumindest in seiner Anfangszeit im PSG-Trikot.

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Bradley Barcola: Der nächste ... Marcus Rashord?

Es gibt einige Spieler, denen Barcola ähnelt. Er erinnert in vielerlei Hinsicht an Arsenals Martinelli, vor allem dank seiner Unerschrockenheit im Spiel nach vorne und seiner Fähigkeit, mit enormer Präzision zu beschleunigen und abzubremsen. Aber er hat auch etwas von Mané an sich.

Der vielleicht treffendste Vergleich ist jedoch Marcus Rashford von Manchester United. Barcola ist ein Rechtsfuß, der sich auf der linken Seite wohl fühlt und oft direkt spielt. Wie Rashford ist er schnell am Ball, äußerst geschickt und ein solider, aber nicht überragender Torjäger. Barcola teilt auch Rashfords Fähigkeit, den Ball zwischen den Linien zu erobern und nach vorne zu stürmen. Sie haben sogar einen ähnlichen Laufstil.

Rashford wäre in der Tat ein hochgestecktes Vorbild und der Vergleich entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn man bedenkt, dass die Pariser in der Vergangenheit Interesse am Star von Manchester United bekundeten. Gleichzeitig zeigt die Ablösesumme für einen so jungen Spieler, wie viel Potenzial PSG in Barcola sieht.

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PSG, Bradley Barcola: Was nun?

Das Leben bei PSG könnte schwer für den 21-Jährigen werden. Barcola sollte eigentlich auf absehbare Zeit Stammspieler bei Lyon werden und über Jahre hinweg einer der Schlüsselspieler sein. Stattdessen steht er nun vor einer Art Neuanfang. Mbappé, Dembélé, Asensio, Ramos und Randal Kolo Muani stehen in der Pariser Hackordnung allesamt vor ihm stehen. Auch Lee Kang-in wird auf beiden Flügeln um Einsatzzeiten kämpfen. In der noch jungen Saison sah er 38 Minuten Spielzeit bei zwei Kurzauftritten.

Aber Barcola wird seine Chance bekommen. Man hat das Gefühl, dass er darauf vorbereitet wird, eines Tages in die Fußstapfen von Mbappé zu treten. Die Chance, vom 2018er-Weltmeister zu lernen und an seiner Seite zu spielen, könnte daher von unschätzbarem Wert sein.

Auch aus der Nationalmannschaft gibt es gute Nachrichten. Barcola hat bei der U21-Europameisterschaft im vergangenen Sommer für Frankreich auf sich aufmerksam gemacht und wird weiterhin gefragt sein. Sein neuer Coach, auch bei einer möglichen Teilnahme an den Olympischen Spielen 2024 in Paris, ist mit Thierry Henry ebenfalls ein früherer Außenstürmer.

PSG ist vielleicht nicht die beste Wahl, wenn Barcola jede Woche 90 Minuten spielen will, aber für einen jungen Spieler seines Kalibers ist Paris ein guter Ort, um zu lernen.