Der Feind der Präsidenten

Von Falk Landahl
Massimo Oddo hat sich beim AC Milan zurück ins Rampenlicht gespielt
© Getty

Seit seinem Wechsel zurück zum AC Milan ist Massimo Oddo so gut wie von der Bildfläche verschwunden. Als Führungsspieler im Kader hoch anerkannt, macht er sich als Gewerkschaftsvorsitzender keine Freunde bei den Vereinspräsidenten - und sorgt mittlerweile auch auf dem Rasen wieder für Aufsehen.

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Wie üblich nimmt Massimo Oddo auch am achten Serie-A-Spieltag seinen Platz auf der Bank ein. Auch gegen den ersten Verfolger SSC Neapel spielt ein anderer auf der Rechtsverteidigerposition, diesmal ist es Daniele Bonera. Die Liste der Konkurrenten ist lang: Ignazio Abate, Daniele Bonera und Gianluca Zambrotta und können rechts hinten spielen.

Nach zwölf Minuten verletzt sich der 28-jährige Luca Antonini jedoch und Milan-Coach Massimiliano Allegri ruft Oddo zu sich. Jener Oddo, der vorher keine einzige Minute auf dem Rasen stand. Obwohl nur als Notnagel eingesetzt, spielt der Ex-Bayern-Spieler hervorragend und wird durch zwei Vorlagen beim 2:1-Sieg zum Matchwinner.

Allegri ist nach dem Spiel voll des Lobes: "Oddo hat in Neapel nach einer langen Pause gespielt und die zwei entscheidenden Vorlagen gegeben. Diese Spiele sind es, die dich den Scudetto gewinnen lassen."

Galliani: "Er war fantastisch"

Auch Milan-Vizepräsident Adriano Galliani stößt ins selbe Horn: "Er ist unser toller Gewerkschaftssprecher-Vorlagengeber. Er war fantastisch, als er für den verletzten Luca Antonini hereinkam und Robinho und Zlatan Ibrahimovic die Vorlagen für die zwei Tore gegeben hat."

Das Lob von Galliani ist umso bemerkenswerter, da Oddo der Vorsitzende der italienischen Spielergewerkschaft ist - und somit der Gegner von Galliani am Verhandlungstisch. Im September wäre die Situation zwischen den Parteien fast eskaliert: Die Vereinsbosse wollten im neuen Kollektivvertrag zwischen Liga und Spielern durchboxen, dass Transfers auch gegen den Willen der Spieler möglich sein sollen.

Die Spieler waren natürlich anderer Meinung und wollten notfalls den fünften Spieltag der Serie A bestreiken. "Wir sind es leid, wie Objekte behandelt zu werden. Es wird so lange gestreikt, bis wir uns geeinigt haben", kündigte Oddo an. Die strikte Haltung der Gewerkschaft stieß auf wenig Gegenliebe in der italienischen Bevölkerung.

In einer Umfrage der "Gazzetta dello Sport" hielten 90,6 Prozent der Befragten den Spielerstreik für nicht gerechtfertigt, der "Corriere dello Sport" titelte: "Wahnsinn! Die Superreichen des Fußballs streiken". Trotz der öffentlichen Schelte hielten die Spieler an ihrem Plan fest, die neue Regelung unter allen Umständen zu vehindern.

Kollektivvertrag bis 2013

"Wir kämpfen für unsere Rechte, nicht für Geld", sagte Cristiano Lucarelli, der Vorzeigekommunist des italienischen Fußballs: "Unsere Gewerkschaft repräsentiert 2800 Spieler, das sind nicht alles Superreiche. Mein Vater war Hafenarbeiter in Livorno, ich weiß, dass gewisse Kollegen in der dritten Liga auch nicht mehr verdienen."

Die Streiks konnten jedoch abgewendet werden und im Dezember wurde ein neuer Kollektivvertrag bis 2013 unterschrieben - ohne die entsprechenden Klauseln. Trotz aller Streitigkeiten außerhalb des Platzes wird Oddo im Verein hochgeschätzt.

Bereits mit 17 wurde er zum Rossenero und blieb bis zum Jahr 2000 im Klub - obwohl er in dieser Zeit kein einziges Pflichtspiel bestreiten durfte und immer wieder ausgeliehen wurde.

Bei Lazio Rom hatte er - sportlich gesehen - die beste Zeit seiner Karriere. Oddo wurde Kapitän und gehörte 2006 zur Weltmeister-Mannschaft Italiens. Ein Jahr nach dem Triumph von Berlin zog es ihn zurück nach Mailand.

Oddo verkörpert den Milan-Geist

Der Verein bedeutet ihm so viel, dass er wieder in Kauf nahm, wenig zu spielen und ins zweite Glied zu rücken.

Er versteht es, was es heißt, für einen Weltklub wie Milan zu spielen und er verkörpert den Geist des Vereins wie kaum ein Zweiter. Die Partie gegen Neapel war deshalb für den 34-Jährigen eine Art Feuertaufe.

Durch seine starke Leistung konnte er seinem Trainer beweisen, dass er nicht nur als Führungsspieler hinter den Kulissen wichtig für den Verein sein kann, sondern auch auf dem Feld von Bedeutung ist.

Nach seinem Auftritt in Neapel durfte er bis zum 25. Spieltag sechs Mal ran - fünf Mal von Beginn an. Im Pokalspiel gegen den FC Genua führte er das Team sogar als Kapitän aufs Feld.

Plaudern auf Deutsch mit Boateng, Merkel und van Bommel

"Um Titel zu gewinnen braucht man junge Spieler wie Alex Merkel und Rodney Strasser, aber auch erfahrene Profis wie Massimo Oddo", sagte Allegri vor nicht allzu langer Zeit über den Außenverteidiger.

Innerhalb der Mannschaft hat er insbesondere den deutschsprachigen Spielern bei der Integration geholfen. Mit Kevin-Prince Boateng, Mark van Bommel und Youngster Merkel spreche er sogar gelegentlich Deutsch, da er bei seinem Aufenthalt in München kräftig gepaukt hat.

Besonders an der Integration von Boateng ist er maßgeblich beteiligt. "Er singt a capella und immer englisch. Auch ein Laie versteht, dass er wirklich eine schöne Stimme hat. Er ist sehr sympathisch und ich durch meine Bayern-Vergangenheit spreche manchmal deutsch mit ihm", sagt der 34-Jährige über seinen neuen Mitspieler.

2012 läuft der Vertrag von Oddo beim AC Milan aus. Was dann passiert, steht noch in den Sternen. Eines scheint aber festzustehen: Der Rossonero wird kein anderes Trikot mehr tragen und dem Verein länger verbunden sein. Ob als Trainer, Funktionär oder einfach nur als Zuschauer - sein Herz ist schon längst rot-schwarz.

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