Luca Toni ist happy. Mit fünf Toren und sieben Vorlagen hat er einen großen Anteil am Erfolg von Hellas Verona, das momentan auf Platz sechs der Tabelle der Serie A steht. Der Sensationsstart des Aufsteigers ist eng verbunden mit der Renaissance des alten Mannes, den man schon fast vergessen hatte. "Ich habe wieder Lust am Fußball", sagt Toni.
Die hatte ihm in der Saison 2009/10 Louis van Gaal erstmal genommen. Mit dem egozentrischen Bayern-Trainer kam Toni überhaupt nicht klar. "Van Gaal hat mich aufs Höchste verachtet", sagte Toni Anfang des Jahres dem "kicker". Toni wollte nur noch weg aus München, der Stadt, die eigentlich seine fußballerische Heimat werden sollte.
"Ohne van Gaal wäre ich sicher noch einige Jahre bei Bayern geblieben", so Toni. Im Januar 2010 wurde er zunächst an den AS Rom ausgeliehen.
Es war der Startschuss für ein Nomadendasein. Zwischen 2010 und 2013 lief für sechs verschiedene Klubs auflaufen, nirgendwo wurde er glücklich. Für die Roma machte er als Leihspieler in 15 Spielen fünf Tore. Der Hauptstadtklub wollte ihn fest verpflichten, konnte den Transfer aber finanziell nicht stemmen.
Missverständnis Dubai
Er heuerte bei CFC Genua an, allerdings dauerte auch dieser Zwischenstopp nur ein halbes Jahr. "Unglücklicherweise ist irgendetwas zwischen mir und Präsident Enrico Preziosi schiefgegangen. Wir haben nicht mehr miteinander gesprochen, seitdem wir verschiedene Wege gegangen sind", sagt Toni im Rückblick auf diese Zeit geheimnisvoll.
Es folgte der nächste Wechsel zu Juventus, das nach dem Ausfall von Fabio Quagliarella dringend einen weiteren Stürmer benötigte. Dort kam er allerdings nie über die Reservistenrolle hinaus und saß zum Schluss sogar nur noch auf der Tribüne. Anfang 2012 war es abermals Zeit für Toni, die Koffer zu packen. Das nächste Ziel: Dubai.
Al-Nasr wurde jedoch zum wohl größten Missverständnis in der Karriere von Luca Toni. Nach nur einem halben Jahr war er wieder weg und ließ sich medial über die Bedingungen in den Emiraten aus: "Geht nicht nach Dubai! Ich spiele gerne richtigen Fußball und das ist dort nicht möglich. Der Ort ist schön, die Atmosphäre ist es nicht!"
Vor dem Ende
Im Sommer 2012 wurde der Vertrag in beiderseitigem Einverständnis aufgelöst. Wenig später erfolgte eine persönliche Tragödie, die Toni beinahe zum Karriereende getrieben hätte: Seine Verlobte Marta brachte ein totes Kind zur Welt. "Der Tag, der der schönste in unserem Leben sein sollte, wurde zum schlimmsten", sagte Toni. An Fußball dachte er damals wochenlang nicht. Doch Marta half ihm wieder in die Spur zu kommen.
"Ich wollte aufhören und mehr für sie da sein. Aber Marta war stärker als ich. Mit der Zeit habe ich viel nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich meine Karriere auf eine positive Weise beenden möchte", sagte Toni später.
Rückkehr nach Florenz
Er kehrte zu dem Klub zurück, bei dem er einst den Sprung zum Star schaffte und zum Torschützenkönig der Serie A wurde: Fiorentina. Die Fans nahmen ihren ehemaligen Publikumsliebling bereitwillig wieder auf und bejubelten den Rückkehrer.
Passenderweise brauchte er keine zwei Pflichtspielminuten, um sein erstes Tor für seinen neuen alten Klub zu erzielen. Es war sein erstes Profi-Spiel nach der Tragödie. Die berühmte Ohrschraube brach er dieses eine Mal ab und sendete stattdessen einen Handkuss gen Himmel.
"Dieses Tor ist für alle, die in diesen schwierigen Monaten an meiner Seite waren. Ich widme es denen, die hier sind, und denen, die nicht mehr bei uns sind", erklärte der emotionale Toni die Geste nach der Partie.
Rasen statt Büro
Er war in Florenz nicht als Stammspieler gesetzt, hatte aber seine Momente. Er erzielte acht Tore und wurde bei jedem Einsatz vom Publikum gefeiert. Trotzdem sah Trainer Vincenzo Montella nach der Saison keinen Bedarf mehr für ihn; ironischerweise wurde Toni wie beim FC Bayern in gewisser Weise erneut von Mario Gomez verdrängt.
Statt einem Kaderplatz wurde Toni ein Bürojob im Management bei Florenz angeboten. Der hatte nach der Saison allerdings Blut geleckt und wollte noch nicht mit dem Fußball aufhören. So kam es zum Wechsel nach Verona, wo er direkt zu einem Anführer der Mannschaft wurde und seit Beginn der Saison zeigt, dass er immer noch genau weiß, wo das Tor steht und wie man den Ball dort hineinbringt.
"Das Geheimnis ist Begeisterung", verrät Toni, der ob seiner wiedererlangten Spielfreude derzeit von der italienischen Presse mit Lob überhäuft wird. Die "Repubblica" nennt ihn den "immergrünen Luca", für die "Gazzetta dello Sport" ist er "Grande Toni". Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis er auch in der Diskussion um den WM-Kader Italiens auftauchen würde.
Toni zur WM?
In Italien sehnt man sich immer noch nach den Helden des letzten großen Triumphs, dem WM-Titel 2006. Nationaltrainer Cesare Prandelli sinnierte zuletzt öffentlich, ob er Romas Altstar Francesco Totti nach Brasilien mitnehmen sollte.
Tonis Trainer Andrea Mandorlini wartete nicht lange damit, auch seinen Stürmer ins Gespräch zu bringen: "Wir haben auch ein Großväterchen, das nicht schlecht ist und Luca Toni heißt." Der Angesprochene hätte natürlich nichts dagegen: "Wenn Prandelli ruft, laufe ich zu Fuß überall hin - auch nach Rio."
Vielleicht wird dieser Traum ja tatsächlich wahr. Es wäre diesem staksigen Typen, der so überhaupt nichts mit der heutigen Entwicklung zur falschen Neun und dergleichen zu tun hat, irgendwie zu gönnen. Das positive Ende, das er sich gewünscht hat, hat Toni in Verona allerdings ohnehin schon gefunden.
Luca Toni im Steckbrief