Die letzte große Chance?

Von Adrian Franke
Mario Mandzukic verlässt Atletico nach nur einem Jahr wieder
© getty

Mario Mandzukic zieht weiter: Der Kroate wechselt nach nur einem Jahr von Atletico Madrid zu Juventus Turin, rund 18 Millionen Euro überweisen die Italiener für den Stürmer. Das Kurzzeit-Engagement bei den Rojiblancos scheint im Rückblick wie ein Missverständnis. Bei der Alten Dame bietet sich für Mandzukic jetzt erneut eine große Chance - und gleichzeitig eine wichtige Bewährungsprobe.

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Dass Worte im knallharten Fußball-Business wenig zählen ist wahrlich kein Geheimnis. Entsprechend wenig überrascht es selbst im Nachhinein, dass Mandzukics Berater Ivan Cvjetkovic noch am vergangenen Dienstag in der AS klarstellte: "Mario hat gerade sein erstes von vier Vertragsjahren hinter sich. Ich verstehe nicht, warum über seinen Abschied spekuliert wird."

Keine sieben Tage später war der Wechsel des Kroaten von Atletico Madrid zu Juventus Turin unter Dach und Fach. Seit 2012 ist es das dritte Mal, dass Mandzukic seinen Verein wechselt - und das nur ein Jahr nach dem vermeintlichen Beginn einer Traum-Ehe.

"Das Beste, dass wir uns trennen"

Nach zwei überaus erfolgreichen Jahren beim FC Bayern mit 48 Toren in 88 Spielen und sechs Titeln war für Mandzukic zuvor im vergangenen Sommer kein Platz mehr in München. Der Verein hatte sich mit Robert Lewandowski ein spielerisches Upgrade geholt, für Mandzukic hatte Sportvorstand Matthias Sammer nur lobende Worte übrig: "Er hat sich immer korrekt und vorbildlich verhalten, ich kann nur Positives über ihn berichten. Ich, der Klub und Pep Guardiola wünschen ihm alles Gute."

Dass intern aber tatsächlich alles so reibungslos abgelaufen ist, wie Sammer es der Öffentlichkeit verkaufen wollte, darf wie Cvjetkovics Aussage in der vergangenen Woche getrost bezweifelt werden. Mandzukic wurde vor dem DFB-Pokal-Finale gegen Borussia Dortmund aus dem Kader gestrichen und hatte den Klub wohl schon Anfang Mai von seinem Wechselwunsch unterrichtet.

Mit Guardiola soll es zudem immer wieder gekracht haben, weil sich Mandzukic angeblich arrogant gab, den Handschlag verweigerte oder sich über seinen Coach lustig machte. Im Gespräch mit Sportske Novosti kündigte er dann auch öffentlich an: "Seien wir doch ehrlich, mir entspricht der Spielstil nicht, den Guardiola bei den Bayern durchführen will. Wenn es denn so ist, dann fühle ich mich nicht wohl, und es ist das Beste, dass wir uns trennen."

Traum-Ehe und "teuflisches Paar"

Der 60-fache Nationalspieler sollte zunächst Recht zu behalten. Mandzukic einigte sich schnell mit Atletico Madrid und für viele Experten war alles bereitet für eine Traum-Ehe. Das physische, aggressive Spiel der Rojiblancos schien Mandzukic wie auf den Leib geschneidert, genau wie die Art und das Auftreten von Trainer Diego Simeone.

So gelang dann auch ein Einstand nach Maß. Mandzukic spielte eine starke Hinrunde und traf in den ersten 24 Spielen zwölf Mal. Gemeinsam mit Antoine Griezmann führte er Atletico zu der 4:0-Gala über Real Madrid im Februar. Die spanische Presse taufte beide bereits zum "teuflischen Paar".

Allerdings war Mandzukics bestes Spiel im Trikot der Rojiblancos nicht nur sein persönlicher Saison-Höhepunkt - es sollte gleichzeitig der Anfang vom Ende werden.

Mehr als ein Schuss vor den Bug

Drei Wochen späte ließ ihn Simeone gegen den FC Sevilla (0:0) völlig überraschend 75 Minuten lang auf der Bank schmoren, in den verbleibenden 13 Ligaspielen absolvierte er nur noch 266 Minuten. Weitere direkte Liga-Torbeteiligungen blieben aus.

Sehr zum Ärger des Kroaten musste er sich die Spielzeit immer wieder mit Winter-Neuzugang Fernando Torres teilen, die Launenhaftigkeit des Kroaten bereitete Simeone, wie schon Guardiola vor ihm, angeblich große Kopfschmerzen. So häuften sich spätestens ab April die Wechselgerüchte. Der VfL Wolfsburg, der AS Monaco und mehrere Premier-League-Klubs wurden mit Mandzukic in Verbindung gebracht.

Der rasante interne Abstieg war allerdings nicht komplett aus dem Nichts gekommen. Mandzukic ließ im letzten Saison-Drittel zunehmend den Einsatz, eines seiner großen Markenzeichen, vermissen und Simeone ließ ihn das wissen. Nach dem Spiel gegen Sevilla, als Mandzukic nur zum Joker-Kurzeinsatz kam, lobte Atleticos Trainer seinen Konkurrenten Torres ausdrücklich: "Solche Leute brauchen wir, die verstehen, dass niemand wichtiger als die Mannschaft ist."

Simeone genervt von Mandzukic

Simeone, der Eindruck manifestierte sich zunehmend, hatte erkannt, dass sein einstiger Wunschstürmer nicht in sein Konter-System passte - ein Eindruck, den er schon mit der von ihm selbst geforderten Torres-Verpflichtung ("Er hat sehr gute Anlagen für das Spiel in die Tiefe") bestärkt hatte.

Anfang Juni legte der Argentinier dann nach: "Er regt mich zweifellos auf. Das ist die Wahrheit. Er ist ein großartiger Spieler und ein toller Typ. Er ist selbst enttäuscht darüber, dass er die Form, die er bis zum Februar hatte, nicht halten konnte."

Zu dem Zeitpunkt war längst klar, dass Mandzukic weiterziehen würde. Die vermeintlich perfekte Partnerschaft war gescheitert, der Mittelstürmer war auf dem Markt und Simeones Worte in der Vorwoche bei Radio Marca klangen schon nach Abschiedsrede: "Wer kommt und wer geht, das liegt nicht an mir. Der Klub entscheidet, was das Beste ist. Wir sind zufrieden mit Mandzukic, er hatte eine gute Saison. Er hat unsere Offensive zusammengehalten, als Antoine Griezmann einen schlechten Saisonstart hatte."

Das Wort zum Neustart

Doch das reichte am Ende nicht. Was genau intern vorgefallen ist, wird wohl ein Geheimnis bleiben, zumindest mit Mandzukics Leistungen auf dem Platz war Simeone aber insgesamt alles andere als zufrieden - und dennoch dürfen Juve-Fans jetzt hoffen.

Mit Massimiliano Allegri hat der CL-Finalist einen ruhigen, pragmatischen Trainer, der Mandzukic womöglich ähnlich gut anpacken kann, wie Jupp Heynckes in München. Sollte darüber hinaus Carlos Tevez tatsächlich nach Argentinien gehen, könnte der Kroate womöglich zusammen mit Alvaro Morata auflaufen. In jedem Fall aber ist es für Mandzukic selbst ein richtungsweisendes Jahr.

Der Stürmer muss sich einmal mehr bei einem neuen Klub beweisen und hat erneut die Chance, bei einem internationalen Schwergewicht langfristig glücklich zu werden. Wer weiß schon, wie viele solcher Chancen danach noch kommen.

Zunächst aber steht wieder einmal der Neubeginn und damit unweigerlich auch wieder große Worte. "Turin ist eine sehr schöne Stadt", so Mandzukic beim Juve-eigenen TV-Kanal: "Ich freue mich und werde alles für Juventus geben."

Mario Mandzukic im Steckbrief

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