Das Jahr 1927. Die italienische Serie A wird dominiert von den reichen Klubs aus dem Norden des Landes. Juventus, Inter oder Genoa machen den Scudetto unter sich aus, die anderen Vereine können nur zuschauen. So trotzen im Sommer diesen Jahres Vertreter drei großer Klubs aus Rom jeglicher Rivalität und kommen unter einem gemeinsamen Ziel zusammen: Diese Dominanz zu durchbrechen.
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Die drei Vereine schließen sich zur "Associazione Sportiva Roma" und beginnen sogleich, die besten Sportler der Stadt zu versammeln. Der Scudetto sollte endlich dem verhassten Norden entrissen werden. Und 15 Jahre später war es endlich soweit. Zum ersten Mal in der Geschichte Italiens gewann eine Mannschaft außerhalb des Nordens die Meisterschaft.
Die Vergangenheit wiederholt sich
15 Jahre? Ein Zeitraum, den man in der Ewigen Stadt lieber nicht ansprechen sollte. Denn ungefähr so lange warten die Anhänger des AS Rom bereits auf ihren letzten Meistertitel; der Neujahrsbeginn markierte nun das sechzehnte Jahr des Wartens. Eine Zeit, in der die Giallorossi mit Juventus, Inter und Milan erneut Klubs aus dem Norden zuschauen mussten, wie sie den Scudetto unter sich ausmachten.
Eine Schmach für den Klub aus der Ewigen Stadt, hatte man damals doch schon hohe Ambitionen, die im Jahre 2001 auch im Meistertitel mündeten. Zuvor notierte sich der Klub nämlich an der Börse, ein neues Kapital musste her, um die Ziele zu erreichen. Mit dem Geld verpflichtete man schließlich für umgerechnet 32,5 Millionen Euro einen gewissen Gabriel Batistuta, der mit 20 Toren maßgeblich am Scudetto beteiligt war.
Eine Saison zum Vergessen
Auch im Jahr 2017 besitzt die Roma gesunde Ambitionen, die Dauerherrschaft der Bianconeri soll gebrochen und der Scudetto wieder an den Tiber geholt werden. Dafür benötigte man einen Stürmer von internationalem Format wie Batistuta es war und diesen hatte man vergangenes Jahr in Edin Dzeko gefunden. Dachte man.
Der Bosnier erlebte eine Seuchensaison und erzielte in insgesamt 39 Einsätzen magere 10 Tore, zu wenige für seine Ansprüche und vor allem die des Klubs. Durch unglückliche Aktionen auf dem Platz und dem Vergeben zahlreicher Großchancen machte er sich bald zum Gespött des Landes. Bei Dzekos Ankunft fanden sich noch hunderte Anhänger in Fiumicino ein, um ihn euphorisch zu begrüßen. Nach wenigen Monaten hätten ihn wohl genauso viele gerne zum Flughafen zurückbegleitet - diesmal aber ohne Applaus.
Dzeko am Tiefpunkt
Rasch schaute alles nach einem großen Missverständnis aus, die Leihgebühr von vier Millionen Euro und sein stattliches Gehalt schien die Roma in den Sand gesetzt zu haben. Der Angreifer machte im Spiel der Römer den Anschein eines Fremdkörpers, das Spiel zog stets an ihm vorbei. Die italienischen Gazetten kritisierten ihn somit heftig, eifrige Spekulationen über seine Zukunft geisterten bereits in der Sportwelt herum. Als Dzeko im Rückspiel des Champions-League-Achtelfinals gegen Real Madrid erneut eine Großchance vergab und eine schwache Partie zeigte, war auch der Geduldsfaden seines Trainers gerissen.
"Meine Sicht auf Dzeko ist sehr einfach: Ich erwarte, dass er auf mich zukommt und mich bittet, das Trikot wieder anziehen zu dürfen", so Luciano Spalletti wenige Tage nach der Niederlage. "Die Motivation sollte er auf jeden Fall haben, berücksichtigt man, was Ihr (die Journalisten, d. Red.) alles über ihn geschrieben habt. Dem muss ich nichts mehr hinzufügen."
Doch die erhoffte Reaktion blieb aus: In den letzten fünf Saisonspielen absolvierte er von 450 möglichen Minuten nur 60, seine Zeit in Rom schien endgültig gezählt.
Die Renaissance beginnt
Aber es kam anders. Spalletti verkündete früh, dass er mit Dzeko weiterarbeiten wolle, in ihm sehe er die Spitze, die die Roma brauche. Auch der Bosnier wollte sich so nicht aus der Ewigen Stadt verabschieden und sich beweisen. So zog der Verein nicht ohne Kritik die Kaufoption von elf Millionen Euro - doch Spalletti hatte einen Plan.
"Der Mister will, dass die Mannschaft Bälle für mich hinter die Abwehrlinie spielt und jetzt laufe ich auch immer hinter die Linie", erklärte der Angreifer jüngst gegenüber dem Corriere dello Sport. "Im ersten Jahr habe ich das nicht gut gemacht und auch deshalb wenige Tore geschossen."
Dzeko führte zudem die Anpassungsprobleme an die Serie A als weiteren Grund an. In Italien "sind immer zwei Verteidiger auf dich angesetzt". Er wusste schlicht noch nicht, wie italienische Mannschaften spielten. "Jetzt weiß ich es und das sieht man auf dem Platz", so der Torjäger.
Ein Start wie Batistuta
Dzeko nutzt die enge Bewachung, um die gegnerischen Abwehrreihen auseinanderzuziehen. Der Bosnier lässt sich öfters auch fallen und schafft so Platz für die wendigen und pfeilschnellen Flügelflitzer wie Salah oder Perotti. Wenn die Außen vorgerückt sind, penetriert auch er den Strafraum und bietet sich für Hereingaben an.
Dzeko erzielte so in den ersten zehn Saisonspielen zehn Tore - genauso wie es auch Batistuta in der letzten Meistersaison der Römer tat. Vor allem seit seiner wichtigen Tore gegen Inter und Napoli hat er die Gunst der Fans zu großen Teilen wieder auf seiner Seite.
War es die Ernährung?
Die Basis für den Erfolg erarbeitet sich Dzeko allerdings nicht nur auf dem Trainingsplatz. Einerseits ist der Bosnier mittlerweile voll in die Mannschaft integriert und - glaubt man dem Corriere dello Sport - hat in Kevin Strootman und Daniele de Rossi zwei neue Freunde in der Mannschaft gefunden.
Andererseits hat er in Guido Rolli, der zu Beginn der Saison neu zum Trainerstab gestoßen ist, einen Ernährungswissenschaftler an der Seite. Rolli hat dem Stürmer einen neuen Ernährungsplan vorgelegt, der die optimale Balance zwischen Fett, Proteinen und Kohlenhydraten sicherstellen sollen. Die Umstellung scheint Früchte zu tragen.
Buffon hat die Antwort
Nach dem starken Saisonstart ist Dzeko allerdings wieder in ein Loch gefallen. So ist ihm seit dem 27.11. nur noch ein Pflichtspieltor gelungen. Ausreißer nach unten wie die schwache Partie gegen Udinese, als er einen Elfmeter kläglich in die Zuschauerränge hämmerte, trüben nach wie vor das Bild.
Doch die Ausgangslage ist jetzt eine andere. So wurde im Vorfeld der Partie gegen Juventus Buffon bei Sky zum Ex-Citizen befragt und bezeichnete ihn als den im Moment "gefährlichsten Stürmer". Das Grundvertrauen konnte sich der Stürmer also jetzt erarbeiten - und das sieht auch die Konkurrenz.
Edin Dzeko im Steckbrief