Oftmals sind es kleine Entscheidungen, die einen großen Einfluss auf die Geschichte haben. Im Fußball ist das nicht anders als in anderen Bereichen des Lebens. Ein Wechsel zur falschen Zeit kann eine Karriere nachhaltig beeinflussen - genauso, wie es für einen Spieler manchmal hilfreich sein kann, dort zu bleiben, wo man ist.
Thierry Henry etwa steht nicht im Verdacht, im Laufe seiner Karriere gravierende Fehlentscheidungen bei der Wahl seiner Klubs getroffen zu haben. Der Franzose gewann Titel über Titel, spielte beim FC Arsenal und auch danach beim FC Barcelona groß auf. Doch alles hätte auch anders kommen können, wenn er in frühen Jahren seiner Karriere doch einmal ein weniger glückliches Händchen gehabt hätte.
Wir befinden uns im November 1998. Der 21 Jahre alte Henry spielt zu diesem Zeitpunkt eine wenig auffällige Saison bei der AS Monaco, einige hundert Kilometer entfernt in Turin herrscht beim italienischen Vorzeigeklub Juventus Schockstarre. Kapitän Alessandro del Piero hatte sich im Ligaspiel gegen Udinese Calcio einen Kreuzbandriss zugezogen und der tolle Saisonstart inklusive Tabellenspitze löste sich allmählich in Luft auf.
In den folgenden fünf Spielen gab es vier Niederlagen und ein Unentschieden, was zur Folge hatte, dass Juve-Sportchef Luciano Moggi das Wintertransferfenster nutzte, um in der Offensive nachzulegen. Die Wahl fiel auf zwei Spieler: Juan Esnáider von Espanyol Barcelona sowie den jungen Henry. Doch bei Juve gab es noch weitere Veränderungen. Trainer Marcello Lippi trat zurück, Carlo Ancelotti übernahm. Und in Ancelottis bevorzugtem 4-4-2-System musste Henry vor allem auf dem Flügel spielen, was ihm nicht wirklich schmeckte.
Juventus wollte Thierry Henry und Márcio Amoroso tauschen
Es dauerte bis in den April, ehe Henry erstmals nachhaltig auf sich aufmerksam machte - dann aber gleich so richtig. Ausgerechnet beim Sieg gegen Tabellenführer Lazio Rom traf er doppelt. Doch auch dieser Erfolg konnte die Saison der Bianconeri nicht retten, zumal sich Esnáider als totaler Fehlgriff erwies und kein Ligator im Trikot der Alten Dame beisteuerte.
Im Sommer 1999 musste Moggi also wieder ran - und wieder stand der Angriff im Fokus. Del Piero, das war klar, würde noch weitere Monate ausfallen. Und man war weder mit Henry noch mit Esnáider zufrieden. Im Blickpunkt stattdessen: Márcio Amoroso, der soeben bei Udine Torschützenkönig geworden war. Für ein stattliches Sümmchen von umgerechnet etwa 28 Millionen Euro plus die Hälfte der Transferrechte an Henry sollte Amoroso das Udine-Trikot gegen jenes von Juve tauschen und Henry stattdessen zu Udine gehen. Die Klubs waren sich einig, doch Henry selbst lehnte den Wechsel ab.
"Es gab die Möglichkeit, im Rahmen eines Tausches mit Henry zu Juve zu gehen, aber er hat abgelehnt. Ich bin also in Udine geblieben und er ist dann zu Arsenal gegangen", bestätigte Amoroso später bei Sky Sport. Zumindest blieb er vorerst bei Udine, denn im selben Sommer schloss er sich schließlich dem AC Parma an - für jene 28 Millionen Euro. Henry wechselte ebenfalls und ging zum FC Arsenal, wo sein früherer Trainer bei Monaco, Arsène Wenger, tätig war.
Die Verbindung zwischen Arsenal und Henry wurde zu einer einzigen Erfolgsgeschichte. Der Franzose wurde einer der Eckpfeiler der "Invincibles", die 2004 ungeschlagen englischer Meister wurden. Henry erzielte in seinen acht Jahren bei den Gunners 228 Tore, ehe er sich bei Barça anschließend unter Pep Guardiola den Traum von der Champions League erfüllte.
Und Amoroso? Der wechselte nach zwei Jahren in Parma 2001 zu Borussia Dortmund und wurde direkt Torschützenkönig. Juventus hingegen gab 17 Millionen Euro für Darko Kovacevic aus, der immerhin 26 Treffer für die Bianconeri erzielte. Der große Gewinner dieses Sommers aber war eindeutig Henry.