SPOX: In kaum einem Land polarisiert das Thema "Fußball-Investoren" so sehr wie in Deutschland. Engagieren Sie sich deswegen in Spanien und nicht in der Bundesliga?
Claassen: Die Frage, in die Bundesliga einzusteigen, hat sich nie gestellt, weil ich in Deutschland ohnehin in keinen anderen Verein investieren würde als in Hannover 96. Zur generellen Ablehnung gegenüber Investoren: Angesichts der Entwicklungen in England kann ich eine gewisse Skepsis verstehen, in Deutschland jedoch wird nicht hinreichend differenziert. In der Regel sind Vereine nicht von Verantwortlichen vor die Wand gefahren worden, die ihr eigenes Geld eingesetzt hatten. Vielmehr waren dort, wo gewaltige finanzielle Probleme entstanden sind, eher Menschen am Werk, die mit grenzenloser Eitelkeit zu große Risiken eingegangen sind und das Geld Dritter verbrannt haben. Ich hingegen engagiere mich mit meinem eigenen Kapital.
SPOX: Sehen Sie Ihre Beteiligung an Mallorca als Chance, sich im deutschen Fußball zu rehabilitieren? Ihre Amtszeit als Präsident von Hannover 96 ging 1997 nur einige Wochen und war geprägt von klubinternen Unruhen. Am Ende waren Sie so umstritten, dass Sie sogar Morddrohungen erhalten haben sollen.
Claassen: Ich habe keinen Grund, mich für irgendetwas zu rehabilitieren. Damals war es in Hannover nicht angenehm, aber am Ende kann ich mit Genugtuung auf diese Zeit zurückblicken. Ich habe die finanzielle Situation bewertet und Wahrheiten ausgesprochen, die damals nicht jeder hören wollte. Mittlerweile ist unstrittig, dass meine Analyse zutreffend war und eine Grundlage für die Gesundung des Vereins geschaffen hat, auf der mein Nachfolger und Freund Martin Kind äußerst erfolgreich und mit bewundernswertem Engagement aufgebaut hat. Nicht umsonst erlebe ich heutzutage nichts anderes als Anerkennung und Zuspruch, wenn ich in Hannover ins Stadion gehe.
SPOX: Und was ist 2005 in Karlsruhe geschehen? Trainer Reinhold Fanz, der damals in Hannover mit Ihnen aneinandergeriet, wurde unter mysteriösen Umständen kurz nach seiner Einstellung vom KSC wieder entlassen. Viele schlossen daraus, dass Sie Ihren Einfluss als Vorstandsvorsitzender von Hauptsponsor EnBW missbraucht hätten.
Claassen: Von Missbrauch kann keine Rede sein. In der Presse wird es seitdem falsch kolportiert, von daher möchte ich hier die Gunst nutzen und die Angelegenheit klarstellen: Angefangen hatte es, als Herr Fanz in einem Interview mit der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" die Äußerung tätigte, ich hätte in Hannover alle belogen. Er hat mich also der Lüge bezichtigt, und das lässt niemand auf sich sitzen. Deswegen bin ich gerichtlich gegen ihn vorgegangen - und das mit großem Erfolg: Herr Fanz hat vor dem Oberlandesgericht Celle ein Unterlassungsversprechen abgegeben.
SPOX: Was passierte dann in Karlsruhe?
Claassen: Als die Verantwortlichen in Karlsruhe von der Geschichte hörten, bedurfte es überhaupt keiner Intervention meinerseits. Ich habe nie eine Entlassung gefordert, vielmehr wussten die Entscheidungsträger selbst, wie sie sich zu verhalten hatten. Wenn Wolfsburgs Trainer Steve McClaren über den Vorstandsvorsitzenden des Hauptsponsors Volkswagen, Martin Winterkorn, sagen würde, dass dieser jeden belüge oder belogen habe, wie lange bliebe Steve McClaren dann wohl noch im Amt? Doch Steve McClaren würde so einen Unsinn niemals von sich geben, denn es ist eine Frage des Anstandes.
SPOX: Wer sich Ihre Vita anschaut, bekommt den Eindruck, dass Sie keinem Konflikt aus dem Weg gehen. Mögen Sie Ihren Spitznamen "Rambo", nachdem Sie einmal sagten: "Lieber ein Rambo als Bambi"?
Claassen: Ursprünglich kam der Spitzname von jemandem auf, der den Vergleich danach bedauert hat und den ich im Übrigen sogar eingestellt habe. Später wurde das Zitat über Rambo und Bambi aus dem Kontext gerissen. Was ich damals gemeint habe: Wenn Rambo für Wahrheit, Klarheit Konsequenz, Mut und Tatkraft steht, kann ich mich mit dem Namen identifizieren. Aber nicht, wenn Rambo mit Gewalt und Brutalität gleichgesetzt wird. Mittlerweile haben sich aber auch bei mir die Prioritäten verändert und ich lese meiner kleinen Tochter sehr gerne aus Bambi vor. (lacht)
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