Bis in den Mittelkreis war der himmelblaue Teppich ausgerollt, jeder seiner Schritte wurde von einem kleinen Feuerwerk begleitet. 5000 Fans waren ins Rosaleda-Stadion gekommen und spendeten frenetischen Beifall. Auf der am Ende des Laufstegs errichteten Bühne wartete die Delegation der Vereinsoffiziellen bereits auf ihren neuen Star. Auf Joris Mathijsen.
Der Niederländer ist nur einer von neun namhaften Neuzugängen - allesamt wurden sie mit demselben Brimborium begrüßt -, die den FC Malaga in die Elite der Primera Division führen sollen. "Schuld" an dem ganzen Spektakel ist Scheich Abdullah Bin Nasser Al Thani.
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In der Region verwurzelt
Im Juni 2010 kaufte der 44-jährige Katarer den Verein für rund 35 Millionen Euro auf, tilgte die geschätzten 70 Millionen Euro Vereinsschulden und wendete damit die drohende Insolvenz sowie den Zwangsabstieg ab. "Wir wollen den FC Malaga konsolidieren und in der Liga etablieren", kündigte er damals an.
Sein Engagement in Malaga kam nicht von ungefähr. Die Al-Thani-Familie ist seit mehreren Generationen in der Region Andalusien verwurzelt und investiert dort regelmäßig große Summen in die Infrastruktur, zuletzt rund 400 Millionen Euro für den Bau des neuen Yachthafens in Marbella.
Scheich Abdullah studierte BWL und Jura in Ägypten und ist heute Vizepräsident sowie Anteilseigner bei der Doha Bank. Mit der NAS Group führt er zudem ein Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitern und investiert in Hotelketten, Automobilkonzerne und die Handybranche.
Für die Geschäfte beim FC Malaga ist der Jordanier Abdullah Ghubn zuständig. Scheich Abdullah ernannte ihn zum Vizepräsident und CEO. Der 32-Jährige arbeitete bereits als Generaldirektor bei der NAS Group für den Scheich und ist nun sein verlängerter Arm an der Costa del Sol. "Wir haben einen Plan, eine Philosophie und die Zeit, aus diesem Klub etwas Besonderes zu machen", sagt Ghubn.
Ghubn: "Die Liga besteht nur aus zwei Klubs"
Über kurz oder lang will Malaga die Dominanz der beiden Topteams - FC Barcelona und Real Madrid - aufbrechen und für eine ausgeglichenere Liga sorgen. "In ein paar Jahren werden die Leute vom Clasico gelangweilt sein. Denn diese Liga besteht momentan nur aus zwei Klubs", erklärt Ghubn. Da Barca und Real den Löwenanteil der TV-Gelder einsacken, wächst die Kluft innerhalb der Liga momentan stetig an.
In der vergangenen Saison spielte beispielsweise der FC Valencia trotz der Abgänge der Superstars David Silva und David Villa eine starke Saison. Am Ende fehlten als Tabellendritter dennoch ganze 25 Punkte zu Meister Barcelona. Auf Real Madrid betrug der Rückstand noch 21 Zähler. "Real und Barca müssen kapieren, den anderen auch ein Stück vom Kuchen abzugeben, um selbst die Sahne zu bekommen", so Ghubn. Eine kurzfristige Lösung sei allerdings nicht in Sicht.
Ein erster Schritt ist die Vermarktung der eigenen TV-Rechte. Diese sollen an Al Dschasira verkauft werden, dem Sender von Scheich Abdullahs Cousin, Hamad Bin Khalifa Al Thani, dem Emir von Katar. Als größte Rundfunkanstalt des arabischen Raums setzt Al Dschasira angesichts der WM 2022 in Katar verstärkt auf Sportübertragungen. Für knapp 200 Millionen Euro sicherte man sich zuletzt schon die Übertragungsrechte an der französischen Ligue 1.
Mit Bedacht und System
Sportlich startete das Projekt im Sommer 2010 schlecht, nach zehn Spieltagen lag der FC Malaga mit nur sieben Punkten auf dem letzten Tabellenplatz. Ghubn reagierte und ersetzte Trainer Jesualdo Ferreira durch den erfahrenen Manuel Pellegrini. Der 57-jährige Chilene führte das Team dank einer starken Rückrunde zum Klassenerhalt.
Seinen bis 2013 laufenden Vertrag hat Pellegrini direkt um zwei Jahre verlängert und plant nun langfristig. "Unser Vorsatz ist, von Jahr zu Jahr zu wachsen. Der Plan ist nicht nur, die internationalen Plätze zu erreichen", erklärt er. "Auch wenn wir das diese Saison schaffen würden, haben wir unsere Ziele noch nicht erreicht. Wir wollen noch weiter nach oben."
Im Gegensatz zu anderen Investoren aus dem nahen Osten legt Scheich Abdullah dabei aber nicht in erster Linie Wert auf die großen Namen. Mit Bedacht werden die zum Spielsystem und zur Philosophie passenden Spieler verpflichtet. Ghubn: "Wir wissen genau, wo wir stark sind und wo es noch hapert. Auch wenn wir viele Möglichkeiten haben, suchen wir die Spieler, die am besten zu uns passen."
Bundesliga-Veteranen im Abwehrzentrum
Von den neun Neuzugängen in diesem Sommer wurden lediglich für Santi Cazorla vom FC Villarreal (21 Millionen Euro) und Jeremy Toulalan von Olympique Lyon (11 Millionen Euro) zweistellige Millionensummen ausgegeben. Der spanische Nationalspieler Cazorla wird für Wirbel über die Flügel sorgen, der Franzose Toulalan vor der Abwehr für die nötige Stabilität.
Für die offensivere Rolle neben Toulalan wurde Routinier Joaquin aus Valencia geholt, fünf Millionen Euro Ablöse waren fällig. In der Innenverteidigung setzt Trainer Pellegrini auf zwei ehemalige Bundesliga-Routiniers. Martin Demichelis wechselte schon im Winter vom FC Bayern nach Malaga, Mathijsen kam für 2,5 Millionen Euro vom HSV.
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Innerhalb von wenigen Monaten hat sich Malaga vom Abstiegskandidaten zu einer der interessantesten Adressen in Spaniens Fußball entwickelt. "Im vergangenen Dezember mussten wir die Spieler noch überreden, zu uns zu kommen. Inzwischen denken sie gar nicht mehr lange darüber nach", freut sich der Technische Direktor Antonio Fernandez.
Investitionen in die Zukunft
Dennoch legt Fernandez als Ergänzung zu den Routiniers großen Wert auf Talente und somit auf Nachhaltigkeit. Mit Isco Roman, der für rund sechs Millionen Euro aus Valencia kam, hat er eines der aussichtsreichsten Talente Spaniens nach Malaga gelotst. Der 19-Jährige spielt im offensiven Mittelfeld, verfügt über eine herausragende Technik und tolle Übersicht. Mit einem Fünfjahresvertrag ausgestattet, ist er eine klare Investition in die Zukunft.
Dasselbe gilt für den 18 Jahre alten Juanmi aus der eigenen Jugend und Spielmacher Diego Buonanotte. Für vier Millionen Euro wurde der 23-Jährige Argentinier von River Plate Buenos Aires verpflichtet und soll mit Julio Baptista die Angriffe ankurbeln.
Der bullige Baptista ist bereits in der vergangenen Winterpause vom AS Rom gekommen und war mit neun Toren in elf Spielen der Garant für den Klassenerhalt: "Mir wurde schnell klar, dass es hier ein klares, mittelfristig angelegtes Projekt gibt. Es zielt darauf ab, Malaga näher an die großen Klubs Spaniens heranzubringen und den Klub in die Champions League zu führen."
Ausbildungsverträge mit Klubs aus der Region
Obwohl die finanziellen Sorgen in Malaga mittlerweile vergessen sind, will der Klub auch weiterhin ein Ausbildungsverein bleiben. Mit mehreren Mannschaften aus der Region wurden Verträge zur Nachwuchsförderung geschlossen. Junge Spieler sollen regelmäßig an Vereine wie den FC Cordoba oder CD Xerez ausgeliehen werden, um dort Spielpraxis zu sammeln.
Mitverantwortlicher für die Nachwuchsarbeit ist Generaldirektor Fernando Hierro. Der ehemalige Spielführer von Real Madrid ist in Malaga geboren und arbeitete zuletzt drei Jahre für den spanischen Fußballverband.
"Das ist ein sehr ehrgeiziges Projekt, und ich bin begeistert, daran mitarbeiten zu können", freut sich der 43-Jährige. Seine Hauptaufgabe ist es, eine einheitliche Spielphilosophie für alle Jugendmannschaften zu entwickeln: "Mit meinen guten Kontakten zu anderen Klubs und sportlichen Einrichtungen werde ich alles dafür tun, dass der FC Malaga weiter wächst."
Neues Trainingszentrum, neues Stadion
Bald wird er dabei auf eines der modernsten Leistungszentren des Landes zurückgreifen können. Die Baupläne für die neue Talentschmiede sind bereits fertig ausgearbeitet, man orientiert sich an La Masia, der erfolgreichen Nachwuchsakademie des FC Barcelona. Am Stadtrand von Malaga hat Scheich Abdullah zwölf Hektar Land gekauft, zehn Fußballplätze sollen darauf entstehen. Auch die Profis werden dann dorthin umziehen, momentan trainieren Pellegrinis Männer noch im städtischen Leichtathletik-Stadion.
Ganz soweit fortgeschritten sind die Planungen für das neue Stadion noch nicht. Fest steht aber: Scheich Abdullah will La Rosaleda ersetzen und das "Qatar Stadium" bauen, mit 65.000 Zuschauern wird es die drittgrößte Arena Spaniens. Der Bedarf ist da, binnen zwei Tagen waren alle Dauerkarten für die neue Spielzeit vergriffen, einige Fans zelteten sogar vor den Ticket-Schaltern.
Dass das Team die Anstrengung der Fans wert ist, muss es erst noch zeigen. Die Leistungen in der Vorbereitung waren ansprechend, Demichelis sieht das Team sogar schon bereit für die ganz großen Aufgaben: "Wenn wir uns noch ein Stück weiterentwickeln, können wir um den Meister-Titel mitspielen."
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