Die elfköpfige Perlenkette

SPOX
12. Dezember 201110:12
Der FC Barcelona verwies Real Madrid im 248. Clasico mit 3:1 klar in die Schranken Getty
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Nach der erneuten Machtdemonstration des FC Barcelona im Clasico gegen Real Madrid erhärtet sich der Eindruck, dass die Blaugrana in Highlight-Spielen kaum zu schlagen sind. Barcas Spielintelligenz, Gedankenschnelligkeit und Antizipation gepaart mit einer irrsinnigen taktischen Variabilität zwangen die Königlichen am Samstagabend frühzeitig in die Knie.

Unter der Woche gingen Bilder durch die Medien, die Olympique Lyon auf der Rückreise von Zagreb zeigten. Die Franzosen feierten den Einzug ins Champions-League-Achtelfinale ausgiebig im Flieger.

Wie der FC Barcelona den Dreier im Clasico begoss, ist bislang nicht überliefert. Gut möglich jedoch, dass auch dort eine Flugzeugfeier stattfand. Noch in der Nacht auf Sonntag flog die Truppe nach Japan, um dort den Titel bei der Klub-WM zu gewinnen.

Barcelona schonte sich zum Clasico-Sieg

Im Land der aufgehenden Sonne werden sich die Einsatzzeiten einiger Barca-Superstars wieder mehr dem regenerativen Bereich nähern. Zwar hat man bei der Klub-WM wieder eine Trophäe im Visier, doch stinkt dieser Wettbewerb im Vergleich zum Aufeinandertreffen gegen Real Madrid für Barca dann doch recht deutlich ab.

In den letzten Wochen schonten sich die Blaugrana regelrecht zum 248. Vergleich zwischen den zwei besten Mannschaften Spaniens. Auch wenn die Tabellensituation in der Primera Division keinen Ausrutscher erlaubt hätte, richtete sich der Fokus der Katalanen ungewohnt früh auf das Spiel gegen die Königlichen.

Dass sich diese frühzeitige Konzentration auf das Match im Bernabeu als goldrichtig erwies, demonstrierte Barcelona am Samstagabend in erneut beeindruckender Art und Weise - trotz des frühen Rückstands.

"Wir wussten, dass wir hier nur gewinnen können, wenn wir unserer Philosophie treu bleiben", sagte Xavi nach der Partie und umriss damit den großen Unterschied, der im direkten Duell zwischen beiden Teams immer wieder zum Tragen kommt. Zumal Barca auswärts zuvor keineswegs die Sterne vom Himmel spielte (neun Punkte in sechs Spielen bei acht erzielten Treffern).

Spielintelligenz, Gedankenschnelligkeit und Antizipation - dies sind die Zutaten, die Barca in solchen Highlight-Spielen eklatant vom Gegner unterscheiden. Gepaart mit einer immens flexiblen taktischen Interpretation des 3-4-3 war es für Real trotz einer ordentlichen, diesmal offensiv ausgerichteten Anfangsphase beinahe unmöglich, die Kombinationen im Barca-Maschinenraum 20 Meter vor und hinter der Mittellinie zu unterbinden und die einzelnen, bisweilen wie an einer Perlenkette aufgereihten Spieler zu greifen.

Grund hierfür ist die personelle Konstanz, die Barcelonas Kader unter Guardiola aufweist.

Barcelonas Bewegungsabläufe in Halbzeit eins (links) und zweiopta"Man muss berücksichtigen, dass wir Spieler uns untereinander schon sehr gut kennen. Wir spielen schon seit einiger Zeit zusammen und wissen praktisch schon zwei oder drei Pässe vorher, wo der Ball hingehen wird", sagte Lionel Messi erst kürzlich. Guardiola stellte gegen Real seine Topelf auf, in der acht Spieler aus dem eigenen Nachwuchs kamen.

X-Faktor Cesc Fabregas

Dieses blinde Verständnis, dieses Wissen um die Bewegungsabläufe der Mitspieler auch in Drucksituationen spiegelte sich zudem in einer wahren Systemrochade wider. Das mehr oder minder starre 4-3-3 der letzten Jahre ist längst passe, je nach Spielsituation ergaben sich allein am Samstag zahlreiche taktische Varianten.

Barcelonas Akteure sind zu jeder Zeit in der Lage, auf unterschiedlichste Begebenheiten innerhalb einer Partie zu reagieren und sich dementsprechend systematisch anzupassen. So zog es beispielsweise Sergio Busquets bei gegnerischem Ballbesitz in die Innenverteidigung neben Pique, Puyol hielt daraufhin die rechte Abwehrseite und Iniesta oder wahlweise Alves füllten im Mittelfeld auf.

Zum X-Faktor entwickelte sich dazu Cesc Fabregas. Man hätte es vielleicht vermuten können, doch wie schnell sich der Ex-Gunner in Barcelonas Team eingliederte, ist durchaus beachtenswert. Dafür sprechen nicht nur die bislang acht Treffer in zwölf Partien. Mal Partner von Busquets, mal hinter und vor Xavi, mal hängende Spitze - im Bernabeu wuselte Fabregas dermaßen effektiv durchs Mittelfeld, das Real speziell gegen ihn selten direkten Zugriff fand.

Real-Kabine "traurig, aber relaxed"

Exemplarisch dafür die Entstehung des 3:1, als Fabregas am eigenen Strafraum giftig den Ball eroberte, nach dem Abspiel das Geschehen beobachtete und daraufhin intuitiv den richtigen und überaus weiten Weg wählte, um wenige Augenblicke später im gegnerischen Sechzehner aufzukreuzen und am langen Eck einzuköpfen.

"Auch wenn es politisch nicht korrekt ist, die Spieler haben heute ohne Schwierigkeiten gewonnen", unkte Barca-Präsident Sandro Rosell nach Spielschluss und strahlte dabei die Selbstverständlichkeit aus, die sein Klub in diesen wichtigen Vergleichen in steter Regelmäßigkeit auf den Platz bringt.

Als "traurig, aber relaxed" fasste Jose Mourinho die Stimmung in der Umkleidekabine von Real nach dem Abpfiff zusammen. Die Meisterschaft ist zwar so oder so noch keineswegs entschieden, mit einem Madrider Sieg gegen Sevilla würde Real aber immerhin mit drei Zählern Vorsprung die Tabellenführung behaupten.

Nach dem Hinspiel im Vorjahr, das Barca mit 5:0 für sich entschied, lag Real in der Tabelle zwei Punkte hinter dem Rivalen. Real Madrid dürfte nach einem gebrauchten Abend jeder positive Strohhalm recht sein.

Real Madrid - FC Barcelona: Daten zum Spiel