Montagmittag jettete Pep Guardiola nach Barcelona. An der Säbener Straße in München gab es ausnahmsweise mal nichts zu tun für den eifrigen Bayern-Trainer, der seinen Spielern einen freien Wochenstart gewährte. Gegen 14 Uhr kam Guardiola am Flughafen El Prat an und ließ sich zu seiner Wohnung chauffieren.
Kurz nach 15 Uhr traf dort auch Tito Vilanova ein, stilecht vorgefahren im weißen Porsche Cayenne. Jahrelang hatten beide als Chef- und Co-Trainer mit dem FC Barcelona Titel und Pokale gewonnen, sich nach Guardiolas Abschied 2012 aber nicht mehr viel zu sagen.
Ein Austausch fand nur noch über die Medien statt. Vilanova warf Guardiola vor, wenig Anteil an seiner Krebserkrankung genommen zu haben, worauf Guardiola Barcas Funktionären vorwarf, im Verbund mit Vilanova Stimmung gegen ihn zu machen.
Der FC Barcelona in der Taktik-Analyse
Barca-Fans denken an Tito
Seit Montag ist das alles vergessen. Guardiola und Vilanova trafen sich zur dreistündigen Aussprache. Beide hatten zuvor den Wunsch geäußert, die Angelegenheit persönlich zu klären.
Bayern oder Barcelona sollen dabei nicht thematisiert worden sein, obwohl beide am liebsten über Fußball reden und Fußball zu gemeinsamen Barca-Zeiten auch zu 95 Prozent den Inhalt der Gespräche prägte, wie Vilanova einmal verriet.
Folglich haben beide auch das Thema Clasico ausgespart. Kommenden Samstag zur ungewohnt frühen Anstoßzeit von 18 Uhr heißt es wieder FC Barcelona vs. Real Madrid. Seit langem gehören weder Guardiola noch Vilanova zu den Protagonisten in einem der größten Duelle im Weltfußball.
Vilanova wird dennoch Teil der Inszenierung sein. Die Barca-Fans wollen in Form einer Choreographie ihrem Ex-Trainer danken und ihn im Kampf gegen den Krebs ermutigen. "Forca, Tito", wird auf der Gegengerade zu lesen sein, farblich selbstverständlich an Barca und Catalunya orientiert.
Casillas zu Barca? Warum nicht!
Die Fan-Initiative geht aber noch weiter. Angeblich planen die Anhänger der Blaugrana eine äußerst ungewöhnliche Aktion: Sie wollen einem Urgestein des verhassten Rivalen huldigen. Iker Casillas soll mit Standing Ovations im Camp Nou begrüßt werden.
Eine Spur Gehässigkeit spielt dabei sicher eine Rolle. Das öffentliche Echo des als unwürdig dargestellten Umgangs mit Casillas gefällt der Barca-Familie. Alles, was in Madrid in irgendeiner Form nicht zusammenläuft, gefällt der Barca-Familie.
Es gibt aber noch einen weiteren Grund für die symbolische Umarmung: Barca sucht einen Nachfolger für Victor Valdes, der nach der Saison zum AS Monaco wechseln wird. Die Fans finden zunehmend Gefallen an der Idee, Real den langjährigen Kapitän zu entreißen.
Letzte Woche kokettierte Casillas erstmals mit einem möglichen Abschied von Real. Dass ausgerechnet Barcelona die neue Heimat des 32-Jährigen wird, ist zwar kaum vorstellbar, für Ex-Barca-Keeper Roberto Bonano aber nicht unmöglich. "Warum sollte Casillas sich sportlich verschlechtern? Es gab schon viele Spieler, die die Seiten gewechselt haben", sagte Bonano.
Wo ist Mou?
Am Samstag wird Casillas abermals auf der Bank Platz nehmen müssen. Diego Lopez ist Carlo Ancelottis Nummer eins, Casillas darf - zumindest vorerst - nur in der Copa de Rey ran.
Wer bei wem im Tor steht, interessiert im Vorfeld des Clasicos aber eh niemanden. Vielmehr werden Fragen diskutiert, die sich ums Offensivpersonal drehen.
Funktionieren Neymar und Messi ausgerechnet im Clasico? Kriegt Real mit Ronaldo, Isco und Benzema ausgerechnet im Camp Nou die Kurve, nachdem Ancelotti kürzlich verkündet hatte, dass sein königliche Belegschaft nicht schlechter spielen könne?
Doch selten war es so ruhig in den Tagen vor dem Clasico. Wenn Neymar Landsmann Marcelo mitteilt, dass der Sieger am Samstag Barcelona heißen wird, ist das schon der Gipfel des verbalen Scharmützels.
"El Mundo Deportivo" merkte schon an, dass die Anwesenheit von Jose Mourinho erwünscht sei, zumindest beim Vorspiel. Mourinho hatte stets für Zündstoff gesorgt, vor, während und gerne auch nach einem Clasico.
Dem ersten Clasico dieser Saison kann es aber nicht schaden, wenn mal wieder ausschließlich über das sportliche Geschehen gesprochen werden würde.
FC Barcelona - Real Madrid: die Bilanz gegeneinander