Atletico Madrid spielt in der Champions League gegen den FC Chelsea (20.45 Uhr im LIVE-TICKER) und in der Primera Division noch um den Titel. Der entscheidende Faktor im System von Diego Simeone ist dabei mit Koke Resurreccion ein Mann aus der eigenen Jugend.
70.000 Zuschauer waren am 27. Juni 1992 im Santiago Bernabeu Zeuge, als Bernd Schuster und Paulo Futre die letzte Pokal-Niederlage der Königlichen gegen den Stadtrivalen besiegelten.
21 Jahre später war es wieder so weit: Eine Flanke von Jorge Resurreccion Merodio fand in der Verlängerung den Kopf von Miranda - und Atletico gewann die Copa del Rey.
21 Jahre nach seiner Geburt legte der Flankengeber am Mittelkreis eine Atletico-Fahne aus und küsste die Vereinsfarben. Eine Geste, die den jungen Mittelfeldspieler endgültig in die Herzen der Colchoneros beförderte.
Der Mann aus der eigenen Jugend spielte zu diesem Zeitpunkt bereits 13 Jahre für Atletico Madrid, erlebt dennoch erst in der laufenden Saison seinen endgültigen Durchbruch.
Variabilität als Trumpf
Koke, so steht es auf seinem Trikot, ist unter Diego Simeone zum vielleicht wichtigsten Bauteil der erfolgreichsten Mannschaft der letzten Jahre geworden. Als Vorbilder nennt er Andres Iniesta, Xavi und Cesc Fabregas - und spielt selbst alle drei Rollen selbst.
Denn der Spanier ist einer der vielseitigsten Spieler der Primera Division. Egal ob im linken, rechten oder zentralen Mittelfeld, er ist immer Taktgeber und die Schaltzentrale im Spiel der Rojiblancos. Sein eigenes Vorbild Xavi zollt ihm bereits in jungen Jahren großen Respekt: "Koke ist dafür geboren, um die Zukunft der Seleccion in den nächsten zehn Jahren zu sein."
"Ein echtes Geländefahrzeug"
Trainer Simeone stimmt in das Loblied mit ein: "Er geht steil, jagt dem Ball hinterher, besetzt die Räume und ab und zu trifft er sogar. Er ist außergewöhnlich, ein echtes Geländefahrzeug." Im Halbfinal-Rückspiel der Champions League gegen den FC Barcelona riss Koke mehr als zwölf Kilometer runter, doppelt so viel wie mancher Gegenspieler. Doch es ist nicht nur der Einsatz, der ihn zum Publikumsliebling und Gesicht des neuen Atletico macht.
"Er ist ein kompletter Typ, aus dem eigenen Haus, der die Farben dieser Mannschaft lebt, sie liebt und respektiert", erklärt Simeone. Er selbst weiß jedoch auch um die spielerischen Qualitäten seiner Nummer sechs und zieht den 22-Jährigen von Position zu Position, ohne dass er jemals seine Stärken einbüßt.
Koke als Aufbauspieler
Gedankenschnell ist er, technisch mit beiden Füßen perfekt ausgebildet und dazu ausgestattet mit einer tollen Übersicht. In Spielen gegen Mannschaften, die hoch und aggressiv gegen den Ball arbeiten, zieht El Cholo Koke deshalb weit zurück in die eigene Hälfte und lässt ihn als Aufbauspieler agieren.
Bei den schnellen Gegenangriffen über Diego Costa und David Villa lässt sich der spanische Nationalspieler weit in die eigene Hälfte zurückfallen und verteilt die Bälle aus dem Halbraum.
Gegen Athletic Bilbao beispielsweise spielte er ein Viertel seiner Zuspiele direkt auf Mittelstürmer Diego Costa, zusammen mit David Villa war es bereits ein Drittel. Weit aus der eigenen Hälfte initiiert er somit Angriffe und bestimmt das Spieltempo - eine Spielweise, die einst auch Cesc Fabregas beim FC Arsenal auszeichnete.
Koke im offensiven Mittelfeld
Doch Koke kann auch anders. Aufgestellt im rechten oder linken Mittelfeld driftet er im Laufe des Spiels immer wieder extrem weit in die Mitte und beteiligt sich am Kombinationsspiel der Mannschaft. Auch in der Defensive verengt er so die Zentrale im Mittelfeldpressing der Rojiblancos.
Wieder sind es seine technischen Fähigkeiten, die ihn für dieses Spiel prädestinieren. Egal ob Flanken oder flache Zuspiele in die Spitze, Koke ist die Idealbesetzung für eine pendelnde Mischung aus Zehner und Außenbahnspieler. Im Schnitt mehr als zwei Lückenpässe pro Spiel sind absoluter Topwert bei Atletico.
Sechser in der Nationalmannschaft
Somit verkörpert er auch ein wenig Andres Iniesta. Bei der spanischen U 21 zeigte er noch ein zusätzliches Gesicht. Hinter den variablen und sehr beweglichen Thiago und Isco agierte Koke zusammen mit Illarramendi als Anspielstation und Fixpunkt im Mittelfeld des Europameisters. "Er ist wirklich ein sehr kompletter Mittelfeldspieler, er kann jede Rolle ausfüllen", zeigte sich Vicente del Bosque begeistert.
Denn Koke bringt auch defensive Qualitäten mit. 24 Bälle eroberte er im Rückspiel gegen Barcelona, mehr als jeder andere Spieler auf dem Platz und in etwa so viele, wie Iniesta, Xavi und Fabregas zusammen.
Seine Antizipationsfähigkeit und das taktische Verständnis, um die richtige Situation zu erkennen und mit aufzurücken, ohne die eigene Verteidigung in Gefahr zu bringen, runden ein außergewöhnliches Gesamtpaket ab.
Interesse aus dem Ausland
Ein Gesamtpaket, dass sich so mancher Verein aus dem In -und Ausland gerne sichern würde. Dem FC Barcelona und Stadtrivale Real Madrid wird ebenso Interesse nachgesagt wie dem FC Bayern und Manchester United. "Ich bin hier sehr glücklich und denke nicht daran, in nächster Zeit wegzugehen", dementierte er jedoch bereits selbst alle Gerüchte.
Wie so oft ließ er seinen Worten Taten folgen und verlängerte seinen Vertrag im Juni bis 2018. Einen Grund gäbe es ohnehin nicht, den Verein zu verlassen. Atletico steht im Halbfinale der Champions League, in der Liga ist man Tabellenführer. Publikumsliebling ist er ohnehin.
"Ich bin Atletico"
"Ich bin Atletico", sagt Koke selbst - die Fans verzeihen ihm kleine Vergehen ohne zu zögern. Wie etwa, als er nach dem Europa-Pokal-Sieg von einem Anhänger einen Schal mit rassistischen Symbolen umgebunden bekam und sich später kleinlaut bei Twitter entschuldigte.
Zu eingebrannt ist noch die Erinnerung an das Finale, als er Atletico zum ersten nationalen Titel seit Jahren flankte. "Ich werde dieses Tor niemals vergessen, genauso wenig wie ich das Gefühl nach dem zweiten Tor vergessen werde. Das war unbeschreiblich."
Der Kader von Atletico Madrid