Nach der Transfersperre seitens der FIFA stehen Real Madrid und Atletico vor richtungsweisenden Wochen. Schlagen die Stadtrivalen noch in diesem Winter großflächig zu? Welche Optionen gibt es trotz Strafe im Sommer? Von welchen Leihen profitieren die Madrilenen? SPOX klärt auf und beschäftigt sich mit den Kandidaten.
Real und Atletico: Welche Optionen gibt es?
Real und Atletico dürfen verpflichtete Spieler weder im Sommer 2016, noch im darauffolgenden Winter für offizielle Wettbewerbe anmelden. Diese Sanktionierungen begründete die FIFA mit "Verstößen im Zusammenhang mit dem internationalen Transfer und der Registrierung von Spielern unter 18 Jahren."
Das letzte Wort ist zwar noch nicht gesprochen - Real geht in Berufung und plädiert weiterhin vehement auf die Korrektheit der Transfers seiner Jugendspieler. Selbstverständlich können beide Vereine die Sanktionen anfechten und in letzter Instanz vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS Einspruch einlegen.
Dennoch: Das Beispiel FC Barcelona zeigt, dass die Chancen auf einen Erfolg gen Null tendieren dürften. Die Katalanen waren im April 2014 wegen eines ähnlichen Vergehens mit der gleichen Strafe belegt worden. In den vergangenen beiden Transferperioden war Barca somit kein Neuzugang gestattet worden.
Doch welche Optionen haben die Königlichen und die Rojiblancos nun, um den aktuellen Kader im kommenden Jahr doch noch aufzurüsten?
Kaufrausch im Winter: Die erste Option, an die alle denken: Real und Atletico investieren in den kommenden zwei Wochen (das Transferfenster in Spanien schließt am 31. Januar um 0 Uhr) noch einmal, was das Zeug hält und bauen ihre Kader damit für die nächsten zwei Transferperioden vor.
Da die Konkurrenz eine solche Reaktion durch die Transfersperre nun aber erwartet und Reals und Atleticos Zugzwang kennt, werden die Preise auf dem Markt für die Madrilenen deutlich in die Höhe schnellen. Heißt: Wollen die beiden Klubs noch im Winter zuschlagen, werden sie vermutlich höhere Ablösesummen zahlen müssen als dies ohne die FIFA-Sanktionen der Fall gewesen wäre.
Stand jetzt ist das aber die einzige Option, hochkarätige Spieler für Pflichtspiele innerhalb der nächsten anderthalb Jahre zu verpflichten.
Leih-Spieler zurückholen: Wichtiger Ankerpunkt in den Kaderplanungen beider Teams könnten auch die aktuell verliehenen Spieler werden. Diese können zu den Vereinen zurückgeholt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass dafür keine Gelder fließen.
Heißt: Sollten Atletico oder Real gewillt sein, ein Leihgeschäft frühzeitig zu beenden, müssten sie den aktuellen Verein des Spielers dazu bringen, die Leihe kostenlos aufzulösen. Zum Zeitpunkt des offiziellen Leih-Endes (bei den meisten Spielern im Sommer 2016) können die Spieler aber problemlos wieder zu Real oder Atletico zurückkehren.
Aber: Laut AS erlaubt es die FIFA nicht, dass Atletico oder Real im Januar Spieler verpflichten, diese bis zum Sommer oder Januar 2017 direkt wieder verleihen, um sie dann ablösefrei nach Madrid zu holen. Einen solchen Vorgang werte der Weltverband laut der Zeitung als Betrug. Sollte man also einen Hochkaräter verpflichten wollen, müsste man ihn schon in den kommenden beiden Wochen fest im Kader integrieren.
Hoffen auf Verschiebung der Sperre: Mut - zumindest für den Sommer - könnte Real und Atletico der Fall Barca machen: Auch die Katalanen waren gegen das FIFA-Urteil 2014 vor dem CAS in Berufung gegangen, woraufhin der Weltverband dem Klub eine aufschiebende Wirkung gewährte.
Hieß: Die Strafe blieb bestehen, setzte aber erst eine Transferperiode später ein, sodass Barca unter anderem Marc-Andre ter Stegen, Ivan Rakitic und Luis Suarez unter Vertrag nehmen konnte.
Sollte es nach den Einsprüchen von Real und Atletico zu einem ähnlichen Verfahren kommen, wäre es denkbar, dass beide Klubs im Sommer noch einmal investieren könnten.
Vorverträge: Da eine ausufernde Shopping-Tour in den kommenden Tagen aufgrund des Financial Fair Plays schwierig werden könnte, ist es auch denkbar, dass sich die Madrider Klubs mittels Vorverträgen aushelfen.
So könnten sie ihre Wunschspieler bereits für die Zukunft binden, da die Verträge erst nach Ablauf der Sperre einsetzen würden. Diese Vorgehensweise wählte auch Barca, das folglich zum 1. Januar 2016 auf einen Schlag 77 Neuzugänge beim spanischen Verband meldete.
Auf den Nachwuchs setzen: Das Verschieben von Spielern innerhalb der eigenen Reihen ist den Klubs nicht verboten. Real und Atletico dürfen also weiterhin beliebig viele Akteure aus der zweiten Mannschaft beziehungsweise den Jugend-Teams nach oben ziehen.
Und sonst? Verkäufe sind von der Transfersperre nicht betroffen. Demnach können die beiden Klubs weiterhin Spieler verkaufen, um Ablösen zu generieren. Ebenfalls nicht betroffen sind Trainer und Manager. Diese können während der Sperre weiterhin ausgetauscht werden. Auch Vertragsverlängerungen sind gültige Handlungen.
Diese Personalien sind für Atletico interessant
Fernando Torres (ausgeliehen vom AC Milan): Die wichtigsten noch zu klärenden Personalien finden sich bereits im eigenen Kader. Denn Torres' Vertrag läuft im Sommer aus, aktuell ist er aber offiziell noch Spieler des AC Milan, von dem er ausgeliehen ist.
Will Atletico also an El Nino festhalten, muss man ihn noch im Januar fest verpflichten und seinen Vertrag um eine weitere Saison verlängern. Torres' Zukunft und Gehalt wären in dem Fall geregelt - vorausgesetzt, Atletico plant nicht, eine neue Nummer 9 zu verpflichten. Die müsste ebenfalls schon im Januar eingekauft werden.
Gleiches gilt übrigens für Tiago. Dessen Vertrag läuft ebenfalls im Juni aus. Auch mit ihm wollen die Rojiblancos verlängern. Bis zum 31. Januar bleibt noch Zeit dazu, sonst ist der Mittelfeldmann im Sommer kostenfrei weg.
Miralem Pjanic (AS Rom): "Ich kann sagen, dass Pjanic nicht auf Reals Radar ist. Aber womöglich ist Atletico an ihm interessiert", sagte der Berater Ernesto Bronzetti, der schon einige Transfers mit Real abschloss, gegenüber AS.
Auch italienische Medien berichten, dass der Bosnier in Italien nicht vollends glücklich und einem Wechsel in eine qualitativ hochwertigere Liga nicht abgeneigt sei. Bei Atletico wäre der offensive Mittelfeldmann eine starke Alternative zu Tiago, der aktuell ohnehin verletzt fehlt.
Diego Costa (FC Chelsea): Der spektakulärste Wechsel, den Atletico im Winter noch vornehmen könnte, wäre wohl Costa. Internationalen Medienberichten zufolge war Diego Simeone zuletzt sehr daran interessiert, seinen Ex-Stürmer wieder zurück ins Vicente Calderon zu holen.
Im Raum steht ein Tauschgeschäft mit dem bislang eher enttäuschenden Jackson Martinez. Allerdings befindet sich Atletico aufgrund der Dringlichkeit des Transfers in der schlechteren Verhandlungsposition.
Michy Batshuayi (Olympique Marseille): Wenn Atletico im Winter noch einmal handelt, dann wohl im offensiven Bereich. Auch Batshuayi galt zuletzt immer häufiger als Kandidat für den Tabellenführer der Primera Division, der mit 27 Toren im Vergleich der Top 3 mit Abstand die wenigsten Treffer erzielt hat (Barca 44, Real 52).
Sicherlich würde sich auch der 22-jährige Belgier seinen Preis kosten lassen, im Vergleich zu Costa oder Pjanic wäre er aber wohl die günstigste Option. Mit elf Treffern und fünf Vorlagen in 20 Ligue-1-Spielen bewirbt sich Batshuayi jedenfalls für ein Engagement in Spanien.
Augusto Fernandez (kam von Celta Vigo): Schon vor Bekanntwerden der Sperre hatte Atletico in Fernandez den ersten Winterzugang perfekt gemacht. Der zentrale Mittelfeldmann, der bei Celta Vigo in der Vorrunde ein Tor und eine Vorlage verbuchte, kam als Ersatz für den verletzten Tiago.
Fernandez hat einen Vertrag bis 2019 und kann somit langfristig helfen.
Matias Kraneviter (River Plate, Leih-Ende): Kraneviter kam nach seinem Leih-Ende gerade von River Plate zurück, hat aber noch nicht die Reife, sich direkt unter Simeone durchzusetzen. Gut möglich, dass er noch einmal verliehen wird.
Alessio Cerci (verliehen an AC Milan): Mit 28 Jahren sicher kein Perspektivspieler, könnte den Rojiblancos nach seinem Leih-Ende im Sommer aber dennoch als Backup in der Offensive weiterhelfen. Mehr ein "Neuzugang" für die Breite des Kaders, weniger für die Spitze.
Josuha Guilavogui (verliehen an VfL Wolfsburg): Auch Guilavogui wäre ein Kandidat für eine sofortige Rückkehr nach Madrid, zumal er sich in Wolfsburg stark entwickelt hat. Dafür müsste der VfL aber zustimmen, den Leihvertrag aufzulösen - was äußerst unwahrscheinlich ist.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Niedersachsen eine Kaufoption in Höhe von vier Millionen Euro besitzen, worüber sich die Rojiblancos sicher ärgern.
Javier Manquillo (verliehen an Olympique Marseille): Mehr Hoffnungen setzt man dagegen in Rechtsverteidiger Manquillo. Der ist erst 21 und gehört in Marseille zumeist zur ersten Garde. Als Nachwuchsmann hinter den alternden Juanfran (31) und Jesus Gamez (30) sicher einer, der eine Chance auf eine langfristige Anstellung in Madrid hat.
Leo Baptistao (verliehen an FC Villarreal): Ist der Wandervogel unter Atleticos Leihen und hat entsprechend nur geringe Hoffnungen auf den festen Sprung in den Profi-Kader - auch, weil er sich bislang nicht in Villarreal durchsetzen konnte.
Borja Baston (verliehen an SD Eibar): Kehrt wie Baptistao im Sommer zurück. Auch seine Chancen auf eine Weiterbeschäftigung stehen eher schlecht.
Diese Personalien sind für Real interessant
Paul Pogba (Juventus Turin): Real definiert seine Transferpolitik so stark über die sommerliche Verpflichtung namhafter Weltstars wie kaum ein anderer Verein. Entsprechend trifft die Sperre die Königlichen noch deutlich heftiger als den Stadtrivalen - gerade weil zuletzt vermehrt über Zidanes Wunschkandidaten für den Sommer spekuliert worden war.
Spanischen Medienberichten zufolge gab Zizou klubintern unlängst die Parole aus: Pogba oder nix. Will der neue Coach Juves Mittelfeldmann bald in seinen Reihen wissen, muss Real noch in dieser Transferphase zuschlagen. Das sagt auch Bronzetti: "Real muss Spieler verpflichten - jetzt. Sie müssen die nächste Saison bereits im Januar antizipieren."
Die Wahrscheinlichkeit eines solchen Transfers steigt dadurch aber nicht wirklich. Denn Präsident Perez muss vor blindem Aktionismus Acht geben: Geht er jetzt aggressiv auf den Markt, forciert er ein deutliches Ansteigen der ohnehin wohl sehr hohen Pogba-Ablöse. Wie Tuttosport zuletzt meldete, sei die Alte Dame nicht bereit, den Franzosen unter 100 Millionen Euro abzugeben. Es ist sogar denkbar, dass sich dieser Preis noch weiter erhöht, sollte Real tatsächlich auf einen Winter-Transfer drängen.
Eden Hazard (FC Chelsea): "Nach Cristiano Ronaldo und Lionel Messi favorisiere ich Hazard", sagte Zidane im November. Nicht erst seitdem galt der Belgier als möglicher Transferkandidat der Königlichen für den kommenden Sommer.
Allerdings schaffte es auch Hazard in dieser Saison nicht, das stark schwächelnde Chelsea aus der Krise zu führen (kein Treffer in 27 Pflichtspielen). Schwer vorstellbar, dass Real eine extrem hohe Ablöse - und die wird es brauchen, um mit Chelsea ins Gespräch zu kommen - aufruft, um Hazard aus seinem bis 2020 laufenden Vertrag herauszukaufen.
David De Gea (Manchester United): Nachdem der Transfer von De Gea im vergangenen Sommer in letzter Minute platzte, galt es als sicher, dass Perez 2016 den nächsten Versuch starten würde. Da der Keeper seinen Vertrag bei United aber verlängert hat, dürfte er nicht mehr für die 30 Millionen Euro zu haben sein, die man ursprünglich für ihn zahlen wollte. Erst recht nicht jetzt im Januar.
Aber: Will Real Spaniens Nationalkeeper holen, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als möglichst schnell ein für United interessantes Paket zu schnüren.
Alvaro Morata (Juventus Turin): Morata ist ein ehemaliges Eigengewächs der Königlichen und seit der am Donnerstag verhängten Transfersperre wieder eine ganz interessante Personalie. Denn Real hat noch eine Rückkauf-Option für den 23-Jährigen, der seine Zukunft eigentlich bei Juve sieht.
35 Millionen müsste Perez wohl nach Turin überweisen, um den Stürmer - vorausgesetzt natürlich, Morata selbst möchte auch wechseln - zurück ins Bernabeu zu holen. Spekulationen, wonach erst im Sommer von der Klausel Gebrauch gemacht werden könnte (und dann wäre die Transfersperre bereits in Kraft getreten), bereitete die AS ein Ende. Die Zeitung erfuhr aus dem Umfeld: Real könnte die Vertragsoption auch schon im Januar ziehen.
Allerdings: Morata verlängerte unlängst erst seinen Vertrag bei Juve bis 2020. Ein vorzeitiger Abschied scheint eher unwahrscheinlich.
Lucas Silva (verliehen an Olympique Marseille): Einer der Leih-Spieler, von dem man sich im Bernabeu eigentlich am meisten erhofft hatte. Schon im vergangenen Winter, als Real Silva für kolportierte 13 Millionen Euro von Cruzeiro holte, waren die Erwartungen an den mittlerweile 22-Jährigen groß. Da er sich im ersten halben Jahr aber nicht durchsetzen konnte, folgte die Leihe nach Marseille.
Doch auch dort wartet der Brasilianer noch auf den ganz großen Durchbruch. Zwar gehört er fest zum Team von Olympique, Torbeteiligungen kann er aber noch keine aufweisen. Vom Potenzial her sieht man Silva eigentlich in Madrid, dazu braucht es aber noch deutlich mehr Selbstbewusstsein und Durchsetzungskraft.
Fabio Coentrao (verliehen an AS Monaco): Wenn alle Stricke reißen, ist auch Coentrao wieder eine Option. Der Portugiese spielt bis zum Saisonende in Monaco und befindet sich eigentlich auf dem Abstellgleis, könnte aufgrund der fehlenden Alternativen zu Marcelo auf der Linksverteidiger-Position aber wieder zu einem wichtigen Backup werden.
Marco Asensio (verliehen an Espanyol Barcelona): Asensio ist ein Spieler, auf den man in Madrid ganz große Stücke hält und der jetzt deutlich früher als erwartet zum überraschenden Profiteur avancieren könnte. Der 19-Jährige ist fester Bestandteil bei Espanyol und hat in dieser Saison in 19 Pflichtspielen bereits zehn Treffer aufgelegt.
Von seinen Anlagen her ist er ein Spieler, den Zidane schon im Sommer - dann endet seine Leihe in Barcelona - ins Team integrieren könnte.
Jesus Vallejo (verliehen an Real Saragossa): Der 19-jährige Vallejo wäre wohl eher eine Verstärkung auf lange Sicht. Der Innenverteidiger ist ebenfalls bis Juni an Saragossa verliehen und bestritt in dieser Saison schon 14 Zweitligaspiele. Der direkte Sprung in Reals Profi-Kader ist für ihn aber wohl zu groß.
Eigener Nachwuchs: Zidane trainierte zuletzt Real Madrid Castilla, die zweite Mannschaft der Königlichen, und hat daher einen guten Überblick über den Nachwuchs im Leistungszentrum. Denkbar, dass Zizou deshalb einigen Talenten die Chance gibt, sich bei den Profis durchzusetzen.
Das war zuletzt selten der Fall: Callejon, Morata oder Rodriguez schafften den ganz großen Durchbruch bei den Königlichen nicht. Auch, weil Perez vor allem auf teure Stars baute.
Mit Martin Ödegaard, aber auch Borja Mayoral, Philipp Lienhart und Marco Llorente haben die Königlichen einige vielversprechende Eisen im Feuer. Allein mit dieser Option wird sich im Bernabeu aber keiner zufrieden geben.