Zinédine Zidane verschwand fast komplett in der Traube der drängelnden Fotografen und Kameraleute - nur die markante Glatze des einst besten Fußballers der Welt glänzte im Blitzlichtgewitter. Mit gefalteten Händen, leiser Stimme und im dunkelblauen Maßanzug sprach der neue Trainer von Real Madrid kurz darauf voller Demut über seine große Aufgabe.
"Ich werde mein Herz und meine Seele geben", verkündete der dreimalige Weltfußballer, die vielen Fragen beantwortete er in französischer und spanischer Sprache: "Real ist alles, gewinnen ist der Schlüssel in diesem Klub. Das Ziel ist der Gewinn der Liga und der Champions League."
Zidane (43) selbst weiß: Die Erwartungen nach seiner Inthronisierung könnten kaum größer sein, die Fußballwelt kaum erregter - doch auch die Fallhöhe für die Real-Ikone ohne jede Erfahrung auf diesem Level ist gigantisch. Die ersten Worte des Franzosen erhöhten sie zusätzlich.
Beckham lobt: "Keinen besseren"
Am Vormittag hatte Zidane vor mehr als 5000 Fans erstmals das Training mit Weltmeister Toni Kroos, Weltfußballer Cristiano Ronaldo und Gareth Bale geleitet. Er winkte den Schaulustigen auf dem Trainingsgelände in Valdebebas schüchtern zu. Dass alle Augen mehr denn je auf ihn gerichtet sind, daran muss er sich erst wieder gewöhnen.
Zinédine Zidane hat zum zweiten Mal "Si" zu Real Madrid gesagt - und doch ist alles anders. Im Jahr 2000 gab er Klub-Präsident Florentino Pérez verstohlen auf einer Serviette seine Zustimmung für den Wechsel. Am Montag dürfte seine Entscheidung, die Fußballbühne noch einmal ganz neu zu betreten, deutlich transparenter verlaufen sein.
Pérez rühmte Zidane als "eine der größten Figuren in der Geschichte des Fußballs", die Real-nahe Zeitung Marca pries den 43-jährigen vor der Drohkulisse einer titellosen Saison als "La SoluZZion" ("Die Lösung"). Zidanes früherer Mitspieler David Beckham kennt "keinen Besseren" für diese Position, Weltmeister Mesut Özil (2010 bis 2013 bei Real) twitterte von einer "tollen Entscheidung".
Keine Vergleiche zu Guardiola
Auch Ex-Nationalspieler Christoph Metzelder, von 2007 bis 2010 ein Königlicher, hält Zidane für die perfekte Wahl. "Wenn ich es jemandem zutraue, diesen Klub und diese Kabine voller Superstars zu führen, dann ist es Zidane", sagte der Vize-Weltmeister von 2002 dem SID: "Ich habe keine Zweifel, dass er es schaffen kann."
Die Hoffnung, eine zweite Erfolgsgeschichte wie die von Pep Guardiola beim FC Barcelona zu erleben, ist auch bei Metzelder groß. "Er kennt den Mikrokosmos Real seit vielen Jahren. Ich sehe einige Parallelen zu Guardiola", sagte Metzelder. Zidane selbst tänzelte elegant um dieses Thema herum: "Guardiola ist Guardiola. Ich werde mich nie mit jemandem vergleichen, das habe ich auch als Spieler nicht getan." Der wiederum schickte aus München Grüße zurück: "Ich wünsche ihm das Beste. Er war einer der besten Fußballer aller Zeiten. Aber ich kann ihm nicht das Perfekte wünschen, ich bin ja Barcelona-Fan."
Zwei deutsche Real-Veteranen betrachten die Ernennung des 98er-Weltmeisters vorsichtiger. "Er war sicher der Wunschtrainer von Pérez, aber vermutlich noch nicht in dieser Situation", sagte Europameister Ulli Stielike (61). Weltmeister Paul Breitner wollte sich über Zidane "kein Urteil" erlauben: "Ich weiß nicht, was ihn als Trainer ausmacht." Allerdings warnte der 64-Jährige: "Die Erwartungshaltung ist bei Real Madrid höher als bei jedem anderen Verein auf der Welt."
Das Team steht hinter Zidane
Derzeit ist Madrid nur Dritter in der spanischen Liga, im letzten Clasico wurde Real im eigenen Stadion vom Erzrivalen mit 0:4 gedemütigt. Aus dem Königspokal ist Madrid nach einem Wechselfehler ausgeschlossen worden, in der Champions League wartet im Achtelfinale der AS Rom.
Ganz vorne in der Reihe der Skeptiker steht der ehemalige Real-Präsident Ramon Calderon: "Ich bin sicher, dass er es schwer haben wird", sagte er der BBC. Calderon ist überzeugt, dass bei einem Scheitern "im Sommer wieder Mourinho auf der Bank sitzen wird."
Zidanes Stuhl ist heiß: Der Franzose ist der 14. Real-Trainer in 13 Jahren. Auch haben nur wenige Weltstars als Trainer an ihre Profijahre angeknüpft: Maradona, Matthäus oder van Basten sind gescheitert.
Glaubt man manchen spanischen Medien, hat sich die Mannschaft eindeutig für Zidane ausgesprochen. Vertraut man auf andere Quellen, ist das Verhältnis zu Torjäger Ronaldo bereits ruiniert, weil Zidane sich bei der Weltfußballerwahl 2014 für seinen Landsmann Franck Ribéry (Bayern München) aussprach. Es werden spektakuläre Wochen in Madrid. Vielleicht auch Monate. Womöglich sogar Jahre
Zinedine Zidane im Steckbrief