Felix Kroos feiert beim Clasico zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid (Sa., 20.30 Uhr im LIVESTREAM FOR FREE) sein Debüt als Co-Kommentator. Im SPOX-Interview erklärt der 25-Jährige, warum ihn manche Reporter sogar ins Schwitzen bringen. Dazu spricht der Union-Profi über die erstaunliche Gelassenheit von Bruder Toni und dessen Clasico-Erzählungen. Außerdem: Die NBA-Wette geht in die heiße Phase.
SPOX: Felix, beim Clasico am Samstag feiern Sie Ihre Premiere als Co-Kommentator. Worauf freuen Sie sich besonders?
Felix Kroos: Ich freue mich, etwas für mich ganz Neues zu erleben und den Fußball aus einer komplett anderen Perspektive zu betrachten. Ich werde zwar keine großen Reden schwingen, aber ich werde natürlich meinen Senf abgeben und klar sagen, was ich denke. Ich habe mich jetzt auch nicht speziell vorbereitet, weil ich diesen Job noch nie gemacht habe und keine Ahnung habe, was mich erwartet. Aber genau dafür mach ich es ja - ich bin extrem gespannt.
SPOX: Sind Sie ein Fernsehzuschauer, der sich eher mal über die Kommentatoren aufregt, oder schauen Sie ganz gelassen?
Kroos: Eher nicht so gelassen. Viele Kommentatoren regen mich sehr auf, weil einfach viel Blödsinn erzählt wird. Es gibt echt gute Kommentatoren, aber es gibt auch viele schlechte, bei denen man nur mit dem Kopf schütteln kann. Da fang ich manchmal wirklich an zu schwitzen, so sehr regt mich das auf. Das kann ich mir dann kaum anhören. Aber mit dem Kollegen Marco Hagemann habt Ihr eine sehr gute Wahl getroffen, da bin ich sehr zufrieden. Er gehört absolut zu den besten. Ich habe zwar mal geäußert, dass ich mir einen anderen Sender für die Länderspiele wünschen würde, aber das hatte nichts mit dem Kommentator zu tun, keine Sorge, Marco. (lacht) Nur wenn vollkommen Fachfremde über Fußball reden, da hört es bei mir auf.
SPOX: Wie war das früher so im Hause Kroos, wenn Sie mit Toni Fußball geschaut haben? Haben Sie die gleichen Vereine unterstützt, oder gab's auch mal Zoff?
Kroos: Toni war ja immer Werder-Fan seit frühester Kindheit, mein Verein war Hansa Rostock. Ich konnte mich aber auch gut damit anfreunden, wenn sein Team gewonnen hat, da gab es keinen Stress. Fußball lief natürlich rund um die Uhr bei uns und als es noch kein Pay-TV gab, saßen wir samstags um 15.30 Uhr vor dem Videotext. 90 Minuten Videotext anstarren, das waren auch lustige Zeiten.
SPOX: Haben Sie auch den Clasico gemeinsam angeschaut und wie war die Rollenverteilung?
Kroos: Als La Liga dann auf Sky lief, haben wir uns natürlich dann auch den Clasico reingezogen. Ich weiß gar nicht mehr genau, für wen wir da waren, aber wir haben generell viel Barca geschaut zu der Zeit. Jetzt ist natürlich klar, für wen die Familie ist.
SPOX: Was hat Toni bisher von seinen Clasicos erzählt?
Kroos: Er hat vor allem von der Stimmung erzählt, die wir so in Deutschland einfach nicht erleben würden. Der Spanier an sich ist nochmal ein bisschen verrückter, es muss schon einmalig sein, was beim Clasico oder auch beim Derby gegen Atletico vor dem Spiel in der Stadt los ist. Toni hatte ja mit den Bayern schon viel erlebt, aber das muss nochmal eine andere Stufe und eine noch beeindruckendere Atmosphäre sein. Ich war leider selbst noch nie bei einem Clasico live vor Ort, weil es zeitlich nie gepasst hat, aber jetzt bin ich immerhin mal Co-Kommentator, ich komme der Sache näher. (lacht)
SPOX: Wie geht Toni den aktuellen Clasico an? Rechnet sich Real noch Chancen aus, wenn sie in Barcelona gewinnen, oder sind die 10 Punkte Rückstand aussichtslos?
Kroos: Richtung Meisterschaft wird es sehr schwer, aber solche Spiele zählen für sich. Barca willst du als Real immer schlagen, egal ob du gerade auf Rang eins, acht oder zehn stehst. Auch wenn es mit dem Titel nichts wird, ist es für Real und seine Fans extrem wichtig, dass sie Barca jetzt schlagen. Real wird brennen.
SPOX: Toni wirkt ja immer sehr ausgeglichen und ruhig, woher kommt diese Gelassenheit?
Kroos: Das ist eine gute Frage. Ich kann es mir auch nicht erklären, aber Toni war im Gegensatz zu mir schon immer so. Diese Gelassenheit, die er verkörpert, ist auch nicht irgendwie gespielt - er ist wirklich so gelassen und das ist auch sicher eine besondere Stärke von ihm.
SPOX: Für die extreme spanische Presse geht diese Eigenschaft natürlich schnell ins Phlegma über. Wie sehen Sie die Berichterstattung in Spanien? Liest Toni die Marca oder die As?
Kroos: Nein, er versteht es ja eh nicht. (lacht) Außer in der Headline steht ganz groß etwas von Panzern oder so. Er hat früher schon wenig über sich gelesen, das ist jetzt noch weniger geworden. Zumal die spanische Presse wirklich extrem ist, im Endeffekt gibt es da ja vier Boulevard-Zeitungen. Aber Toni ist da im Umgang genauso gelassen wie auf dem Platz.
SPOX: Wie verfolgen Sie selbst die Berichterstattung über Fußball? Lesen Sie Sachen über sich, Noten vor allem?
Kroos: Ja, nach guten Spielen. (lacht) Es lässt sich ja eh gar nicht vermeiden, dass du es mitbekommst, selbst wenn du gar nicht willst. Ich schaue es mir schon an und ich muss auch ehrlich zugeben, dass es mir früher sogar wichtig war. Inzwischen habe ich gelernt, damit umzugehen und weiß es einzuordnen. Entscheidend ist am Ende immer, wie dich der Verein und dein Trainer sieht. Dazu habe ich auch eine gesunde Selbsteinschätzung, aber natürlich freut man sich über gute Bewertungen. Ich würde lügen, wenn ich sage, dass es nicht so ist. Und wenn ich ein schlechtes Spiel mache und dann die entsprechende Note bekomme, dann ist es halt so. Deswegen reißt mir niemand den Kopf ab - es ist trotzdem nur Fußball.
SPOX: Sie sind aktuell wahrscheinlich zufrieden, was über Sie geschrieben wird. Bei Union läuft's bisher ja ganz ordentlich. Warum klappte der Einstieg bei Union so schnell?
Kroos: Mir wurde es wirklich sehr leicht gemacht. Union ist ein super Verein, das hatte ich in der Form ehrlich gesagt gar nicht so erwartet. Aber der Verein ist top aufgestellt und die Mannschaft hat mich sehr schnell aufgenommen. Wir haben eine Truppe mit guten Typen. Dazu kommt, dass ich jetzt auch nicht ganz blind bin. (lacht) Es hat sofort gut gepasst und dadurch, dass ich ein paar Tore geschossen habe, fällt es auch gleich noch mehr auf und es wird noch positiver geschrieben.
SPOX: Sie sind in Berlin jetzt auch schon heimisch geworden und haben in Friedrichshain eine Wohnung bezogen. Wie lebt es sich so in der Großstadt?
Kroos: Sehr schön, das hätte ich auch nicht so erwartet. Für mich ist es natürlich ein krasser Unterschied zu Bremen. Ich würde nicht ewig hier leben wollen, dafür ist es mir dann doch zu groß, aber für das halbe Jahr jetzt ist es super und ich kann mir auch vorstellen, etwas länger hier zu bleiben. Es macht echt Spaß. In Bremen kannte ich nach fünfeinhalb Jahren jeden Fleck, hier entdecke ich jeden Tag neue Sachen, mir laufen bunte Menschen über den Weg - Berlin ist eine beeindruckende Stadt.
SPOX: Ihr Vertrag in Bremen läuft noch bis 2017, wie ist der Austausch mit Thomas Eichin und Viktor Skripnik?
Kroos: Es gibt keinen Austausch, leider. Seit ich in Berlin bin, habe ich kein Feedback bekommen. Es hat sich niemand bei mir gemeldet, was schade ist. Wenn Werder unbedingt wollen würde, dass ich wieder zurückkomme im Sommer, hätten sie es vielleicht gemacht. Das ist wahrscheinlich auch ein kleines Zeichen, aber ich muss sagen, dass ich auch nicht unbedingt damit gerechnet habe, dass sich jemand meldet. Ich habe noch ein Jahr Vertrag, den habe ich nicht umsonst unterschrieben und den respektiere ich. Wenn Werder mich wieder zurückholen will, ist es ihre Entscheidung. Wir werden uns im Sommer zusammensetzen und in Ruhe eine gemeinsame Lösung finden. Aber wenn der aktuelle Trainer dann auch noch da ist, ist es sehr unwahrscheinlich, dass ich nächste Saison in Bremen spiele.
SPOX: Wie wichtig ist es Ihnen, wieder in der Bundesliga zu spielen?
Kroos: Die Bundesliga ist mein Anspruch. Ich habe in der ersten Liga an die 70 Spiele gemacht, natürlich will ich mich mit den Besten messen. Es hängt aber eben von den Möglichkeiten ab, die sich im Sommer bieten werden, im Moment ist da alles total offen. Aber wenn ich in der 2. Liga bleibe, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass es dann bei Union sein wird.
SPOX: Kürzlich musste sich Trainer Sascha Lewandowski wegen eines Burnouts verabschieden. Wie haben Sie die Nachricht aufgenommen?
Kroos: Es war schon sehr überraschend. Ich habe ihn ja nur vier Wochen erlebt, für mich war es überhaupt nicht erkennbar gewesen. Du rechnest ja auch nicht damit, dass der Trainer nicht mehr da ist, wenn du morgen zum Training fährst. Aber auch so ist das Fußballgeschäft. Ein paar Minuten später steht der neue Cheftrainer vor dir und du musst dich auf die neue Situation einstellen, so bitter es ist. Wir hatten es in dem Fall noch relativ leicht, weil ja unser Co-Trainer Andre Hofschneider zum Chef befördert wurde und wir uns nicht auf ein komplett neues Gesicht einstellen mussten. Sascha Lewandowski hat der Mannschaft noch eine Nachricht hinterlassen, ich habe ihm auch persönlich gute Besserung gewünscht. Viel mehr kann man in der Situation nicht machen. Ich hoffe einfach nur, dass er wieder komplett gesund wird und man sich mal wieder sieht.
SPOX: Zum Abschluss müssen wir nochmal das Thema wechseln und auf unsere Wette zu sprechen kommen, ob die Dallas Mavericks die Playoffs schaffen oder nicht. Es sah lange schlecht aus für mich, jetzt hat sich das Blatt etwas gedreht. Schiss?
Kroos: Ich kenne keine Angst. (lacht) Ich vertraue auf Dirk, so wie er zuletzt in Form war. Das Restprogramm der Konkurrenten ist auch nicht sonderlich leicht. Ich habe vor der Saison gesagt, dass ich an die Mavs glaube. Davon kann ich jetzt als Mavs-Fan nicht abrücken. Ich glaube dran, aber klar ist es eng, zwischen Rang sechs und neun ist alles möglich. Ich würde sagen, die Chancen stehen 50:50 - und nicht bei null, wie jemand vor der Saison meinte...
SPOX: Das stimmt, das war natürlich etwas provokant vor der Saison. Aber mal ehrlich: Selbst wenn die Mavs die Playoffs erreichen, machen sie da vier Spiele und das war's...
Kroos: Höchstwahrscheinlich haben Sie Recht, aber es ist ja trotzdem nochmal was anderes, wenn ich mich in die Playoffs kämpfe. Ich gebe ja nicht das ganze Jahr alles, um am Ende Neunter zu werden. Außerdem möchte ich an die Serie gegen San Antonio erinnern, wo Dallas auch niemand was zugetraut hat und es ein Game 7 gab. Und wer weiß, was in den Playoffs alles passieren kann. Verletzt sich bei den Warriors plötzlich Steph Curry, sind die Mavs meiner Meinung nach gleichwertig. Es muss klappen mit dem Playoff-Einzug, ich habe mir ja nicht umsonst die eine oder andere Nacht um die Ohren geschlagen. (lacht)
SPOX: Sie haben den außerirdischen Curry angesprochen. Was denken Sie, wenn Sie ihn spielen sehen?
Kroos: Steph Curry ist einmalig. Wenn ich gegen Toni auf der Playstation gespielt habe und er hat mit den Warriors gezockt, habe ich mich immer aufgeregt, wie unrealistisch es ist, dass Curry jeden Wurf trifft. Aber wenn du dann siehst, wie der Junge die Dinger in Wirklichkeit reinmacht, brauchst du dich nicht mehr aufzuregen. Vor allem die Konstanz, mit der er die wildesten Würfe trifft, ist Wahnsinn. Curry ist mit Worten kaum zu beschreiben.