Fehlstart in Phase zwei

Der FC Barcelona musste sich vor heimischem Publikum Real Madrid geschlagen geben
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Der FC Barcelona verliert den Clasico gegen Real Madrid mit 1:2 (0:0). Die Stimmung ist trocken, kippt aber aufgrund der sportlichen Wertlosigkeit nicht. Ein Warnschuss zur rechten Zeit?

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Die Saison hat Luis Enrique vor vielen Monaten in zwei Teile gespalten: Die lange Zeit bis hinein in den März und die Zeit danach im Anschluss an die Länderspielpause. Für ihn war die Erklärung damals ganz einfach: Die erste Phase der Saison erarbeitet man sich eine Ausgangssituation.

Man spiele darum, noch dabei zu sein. Nach Möglichkeit natürlich in allen Wettbewerben, überall sollte man noch Chancen auf den Titel haben. Das gelang. Dann folgte Phase zwei. Die Phase der entscheidenden Spiele, die der entscheidenden Nächte.

Der Clasico am 2. April passte nicht ganz in diese Theorie. Gegen Real Madrid war schon im Vorfeld von Seiten des FC Barcelona festgelegt worden: Wir wollen gewinnen. Klar, das muss man als stolzer Katalane. Aber wirklich sportlichen Wert hatte das Duell am Samstagabend nicht. Zehn Punkte Abstand waren es vor Beginn der Partie, sieben sind es nun, die die Königlichen von der Rebellenstadt aus dem Nordosten trennen.

Barcelona gibt Real Aufwind

Der Meisterkampf ist entschieden, so der Grundtenor. Auch wenn man das in Madrid nicht so ganz annehmen wollte. Klar, das darf man auch nicht als stolzer Madrilene. Und genau hier findet sich das Argument, weshalb beide Mannschaften - trotz der anstehenden Champions-League-Belastung - ihre beste Elf auf den Platz schickten: Stolz und Ehre.

Der Clasico mit all seiner politischen Bedeutung wird nicht abgeschenkt. Schon gar nicht, wenn zuvor 99.264 Zuschauer der kürzlich verstorbenen Vereinslegende Johan Cruyff gedacht haben. Barcelona gegen Real Madrid lässt sich nicht an einem sportlichen Wert messen, schon gar nicht an diesem besonderen Abend.

Somit sitzt sie bei Barca tief, die Niederlage, mit der eigentlich keiner gerechnet hatte. Darum wird man nicht herum kommen. In einer entscheidenden Phase der Saison haben die Katalanen Real starken Aufwind geschenkt, die Stimmung im gegnerischen Lager gehoben und sich selbst einen Dämpfer verpasst.

"Dieses Spiel existiert nicht mehr"

Und doch ist der große Skandal ausgeblieben. "Wichtig ist, was übrig bleibt. Wir müssen das verbessern, was es zu verbessern gibt und uns jetzt auf die Champions League konzentrieren. Dieses Spiel existiert für mich nicht mehr, es ist vorbei", war das, an den Verhältnissen gemessen, extrem trockene Fazit von Luis Enrique direkt im Anschluss an die Partie. Es klingt ein bisschen nach: "Verloren, na und?"

Ob dem auch so ist? Jein. Wer Enrique kennt, wer die Spieler auf dem Rasen gesehen hat, der weiß: Barca wollte gewinnen. Auf der anderen Seite weiß der Trainer auch: "Die Liga holt am Ende der, der am konstantesten punktet. Und das sind wir." Das Zeichen ist deutlich: Barca wollte gewinnen, aber nicht um jeden Preis.

Es gibt noch ganz andere Spiele, die nun im Vordergrund stehen. Das wird niemand aussprechen, das passt nicht zum eben beschriebenen Bild des Clasico. Aber es ist, wie es ist: Die Meisterschaft wird Barcelona angesichts noch fehlender fünf Siege nur im größten aller Katastrophen-Szenarien noch aus der Hand geben.

Ballbesitzspiel kraft- und ideenlos

Dafür stehen Partien an in Champions League und Pokal. Die Belastung ist hoch, die Bank gibt nicht allzu viele Variationen her. Gerade Spieler wie MSN oder Sergio Busquets müssen nahezu jedes Spiel absolvieren, der drohende Qualitätsabfall ist sonst sofort spürbar. Rund 40 Partien haben die Leistungsträger in dieser Saison schon absolviert, es werden noch kräftezehrendere folgen.

Vielleicht erklärt das das seltsam anmutende Spiel der Katalanen gegen den Erzrivalen. Die erste halbe Stunde hatte Barcelona alles im Griff. Mit fortschreitender Spielzeit wurde die Zirkulation aber kraft- und ideenloser, einfache Muster entstanden und wurden direkt antizipiert.

Real ist eben nicht Getafe, das zeigte sich spätestens nach der Führung. Hätte das lose Ballhalten gegen den kleinen madrilenischen Bruder eventuell gereicht, wurde es gegen die Königlichen mit nur 90 Prozent der Intensität sofort gefährlich.

Fehlstart in Phase zwei

Barca definiert sich auch in diesem Jahr über ein hervorragendes Gegenpressing und gutes Gespür der Verteidiger zum Herausrücken und Absichern der eigenen Kollegen. Doch gerade in der letzten halben Stunde der Partie schlichen sich Fehler in eigentlich gewohnte Abläufe ein. Prompt wurden die Außenverteidiger auf dem falschen Fuß erwischt, Real konnte mehrfach Zwei-gegen-zwei-Situationen am Sechzehnereck kreieren und so zu Chancen kommen.

Javier Mascherano fasste somit passend zusammen: "Wir konnten das Spiel nicht richtig lesen und haben Madrid zu ihren Stärken eingeladen." Der Argentinier schlug damit in die gleiche Kerbe wie sein Coach kurz zuvor: "Wir konnten das Spiel zu großen Teilen kontrollieren, aber zehn bis 15 schlechte Minuten haben ihren Preis."

Somit steht am Ende eine verkraftbare, wenn auch unangenehme Niederlage. Ein Schuss vor den Bug, wie man ihn im Fußball gerne ausmacht. Wohl auch zur rechten Zeit, steht doch die von Enrique ausgerufene, entscheidende Phase an. Das 1:2 im Clasico, es ist wie ein: "Hallo, jetzt ist April!"

Zidane mit Haken hinter der Reifeprüfung

Das gilt allerdings nicht nur für die katalanische Seite. "Wir haben einen Boost wie diesen gebraucht", ließ sich der sichtlich erleichterte Zinedine Zidane auf der Pressekonferenz entlocken: "Ich bin sehr glücklich, ganz besonders mit diesem Ergebnis."

Ein großer Sieg war das, was Zidane gefehlt hat. Jeder hatte eine Besserung zu Rafa Benitez ausgemacht, doch die Zweifel am Trainergenie des Franzosen waren ein ständiger Begleiter seiner bisherigen Amtszeit. Nun bleibt ein gelungener Matchplan festzuhalten, der einen Sieg im prestigeträchtigsten Duell Spaniens einbrachte.

Und doch bleibt man auch im weißen Lager nüchtern. "Es sind drei Punkte. Was wir jetzt tun müssen, ist diese einordnen und an die nächste Partie denken." Er selbst ordnet die Partie mit einem ganz wichtigen Satz ein, der in dieser Saison in dieser Form noch nicht gefallen ist: "Es macht einen Trainer glücklich, eine geschlossene Mannschaftsleistung zu sehen."

FC Barcelona - Real Madrid: Die Statistik zum Spiel