Star-Einkauf wider Willen

Denis Suarez kam von Manchester City zum FC Barcelona
© Twitter @FCBarcelona_cat

Denis Suarez ist zurück beim FC Barcelona. Über Sevilla und Villarreal fand der Mittelfeldspieler seinen Weg ins erste Team der Blaugrana, die Erwartungshaltung wird künstlich aufgebauscht. Suarez könnte ihr gewachsen sein.

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Auf dem Transfermarkt werden gerne Stempel verteilt. Hier holt Klub A den Nachfolger von Abgang B, dort verpflichtet Klub C den neuen D. Wirklich geholfen ist dabei selten jemandem.

Die Klubs zahlen enorme Summen für den neuen Lionel Messi oder den neuen Cristiano Ronaldo. Die Spieler stehen von Anfang unter strenger Beobachtung.

Selbst wenn nur der Abgang eines Spielers mit einer Verpflichtung auf der gleichen Position einhergeht, ist der Neue direkt als Nachfolger abgespeichert. Fortan heißt er nicht mehr XY, sondern AB-Nachfolger XY. Fair ist das nicht und doch sucht sich mancher Klub diese Bezeichnungen inzwischen selbst aus.

"Neuer Messi" klingt einfach besser als "x-tes Talent aus Argentinien".

Neuer Schleichweg für die Talente

Doch genug der Variablen. Der FC Barcelona hat Denis Suarez ein Schild verpasst, das eigentlich unnötig war. "Primer fitxatge del estiu", so nennt man Suarez überall. In den zahlreichen Twitter-Einträgen, auf der vereinseigenen Homepage, in der entsprechenden Pressemitteilung.

Der erste Transfer des Sommers. Zack. Etikett angeklebt.

Satte 71 Tweets wurden dem Neuzugang gewidmet, inzwischen sind es wohl schon mehr. Dabei ist Suarez eigentlich gar nicht der erste Transfer des Sommers, machte Olympique Lyon den Transfer von Samuel Umtiti doch schon Tage zuvor öffentlich.

Barca verfolgt einen Plan im Fall Suarez. Er ist kaum zu übersehen.

Barcelonas Plan mit Suarez

Suarez ist Spanier, kommt - auf den ersten Blick - aus dem eigenen Unterbau, spielte er doch für das B-Team. Er ist der erste Spieler, der das neue Barca-Modell erfolgreich absolviert. Talente werden an "Vereine mit ähnlichem Ansatz" verkauft oder verliehen, wie es Präsident Josep Maria Bartomeu formuliert, und bei Erfolg zurückgeholt.

Denis Suarez und der FC Barcelona ab Sommer auf DAZN!

Der FCB ist sich gewiss geworden, dass es unglaublich schwer ist, als Talent an den etablierten Spielern der ersten Mannschaft vorbeizukommen. La-Masia-Absolventen sollten ursprünglich spärlich im B-Team, dann regelmäßig im B-Team und schließlich als Stammspieler im B-Team und gleichzeitig spärlich im ersten Team eingesetzt werden, um dann vollends zu den Profis zu wandern.

Das hat sich nun geändert. Das alte Drei-Phasen-Modell wurde um einen Schleichweg erweitert. Anstatt einen fließenden Übergang zu vollziehen, sollen Talente den FC Barcelona verlassen, wenn sie nicht umgehend im ersten Team Fuß fassen.

Größer als die Realität

Denis Suarez war einer der ersten Vertreter dieser Neuausrichtung. Es folgten Adama Traore, Gerard Deulofeu und nun bald Sergi Samper.

Doch ein Schleichweg ist auch immer ein Risiko sich zu verirren. Suarez ging den Weg über Heimatklub Celta Vigo zu Manchester City, von dort in die Reserve der Katalanen, zum FC Sevilla und anschließend zum FC Villarreal. Mehr als genug Stationen, um zu stolpern, doch der 22-Jährige hat alle überstanden. Er soll das Vorbild sein für den neuen Weg.

Doch nicht nur deshalb wird Suarez behandelt wie der Sommertransfer schlechthin. Dem FC Barcelona fehlt das große Geld um mehr zu investieren. Rund 40 Millionen Euro sollen es noch sein, ein Witz im Vergleich zu manchem Konkurrenten aus England. Der junge Rückkehrer von Villarreal wird größer verkauft, als er eigentlich ist.

1,6 Millionen Euro strich Manchester City im Jahr 2013 für ihn ein, 3,25 Millionen waren nun für die Rückholaktion fällig. Beim ersten Einsatz gibt es weitere 800.000 Euro für die Engländer, für je zehn weitere Einsätze im ersten Team werden nochmals weitere 800.000 Euro nach Manchester fließen - das Limit steht bei 100 Einsätzen und damit 8,8 Millionen Euro an Prämien. Insgesamt kostet Suarez somit 13 Millionen Euro.

Iniesta als Vorbild

Angesichts der heutige Ablösen ein Schnäppchen für einen gestandenen Spieler der Primera Division, einen Europa-League-Gewinner und baldigen Nationalspieler. Und doch bei weitem nicht der Kracher, den der FC Barcelona zu konstruieren versucht.

Suarez kommt als Rotations- und Perspektivspieler. Nicht mehr und nicht weniger.

Es beginnt bei der Frage nach seiner tatsächlichen Position: Andres Iniesta gab er bei seiner Präsentation als Vorbild aus und ist davon rein positionell gar nicht so weit entfernt. Als zentraler Mittelfeldspieler sah man ihn schon, ebenso aber auf beiden Flügeln oder auf der zentralen, offensiven Position in einem 4-2-3-1. Selbst als beweglicher Stürmer machte Suarez seine Einsätze, produzierte Tore und Vorlagen.

Diese Flexibilität wird ihm letztlich viele Minuten einbringen, ist er für Trainer Luis Enrique doch auf fünf von elf Positionen einsetzbar und ein absoluter Spezialist bei Standards. Trotzdem ist er noch weit entfernt von der Brillanz eines Iniesta oder Neymar - den wahrscheinlichsten Konkurrenten.

Variabilität und Flexibilität

Suarez sucht gerne den Weg nach innen, hat dabei aber nur wenig Zug zum Tor. Meist hält er sich eng an Mitspieler, um Kombinationen zu spielen oder verlagert mit einem flachen Pass ganz auf die gegenüberliegende Seite. Er führt den Ball eng am Fuß, überzeugt aber nicht unbedingt mit seiner Schnelligkeit oder großen Fähigkeiten im offenen Eins gegen Eins.

Vielmehr, darin erkennt man Vorbild Iniesta, ist er ein Meister darin, den Ball trotz schmächtigen Körper abzuschirmen, Raum zu gewinnen und dann sinnvolle und genaue Pässe zu seinen Mitspielern zu liefern. Von dem Fintenrepertoire eines Neymars ist er dabei weit entfernt, er setzt lieber auf viele kurze, unspektakuläre Bewegungen und verlässt so die Druckzone.

Wird Suarez auf einer der Halbpositionen im Mittelfeld des 4-3-3 eingesetzt, ändert er sein Spiel und wird etwas vertikaler. Hier spielt er seine Beweglichkeit aus, um zwischen die gegnerischen Linien zu gelangen oder gar direkt auf die Viererkette zuzugehen. Kann er in erhöhtem Tempo auf Gegner zugehen, ist er nur ganz selten aufzuhalten.

Riesengroße Bürde zum Start

Und doch fehlt es dem Spiel von Suarez an Sauberkeit. Mal ein Stoppfehler, mal ein unpräzise gespielter Ball. Ex-Trainer Marcelino sprang beim Duell mit Real Madrid einmal wutentbrannt aufs Spielfeld, weil Suarez einen Gegner zu viel im Dribbling auserwählte. Das hält ihn noch fern von der ersten Elf.

"Ich bin an den Herausforderungen in Sevilla und Villarreal gewachsen", erklärt der Spanier. "In Sevilla haben sich meine Fitness und mein taktisches Wissen verbessert und die Zeit bei Villarreal hat mir gefallen, da sie einen ähnlichen Stil wie Barca spielen."

Mit Luis Enrique hat er nun einen Trainer, der nicht unbedingt dafür bekannt ist, einem Talent viele Minuten zum Lernen zu verschaffen. Suarez hat eine riesige Aufgabe vor sich, die ihm so vielleicht noch gar nicht bewusst ist. Diese Bürde hat ihm der Verein aufgeladen.

Suarez macht sie selbst nicht kleiner. Er fragte bei seiner Vorstellung nach der Rückennummer sechs. Vorgänger: Dani Alves, Xavi Hernandez, Ronald de Boer.

Denis Suarez im Steckbrief