Raul de Tomas ist nach drei Jahren Leihe zu Real Madrid zurückgekehrt. Das Eigengewächs unterschrieb einen Fünfjahresvertrag bei den Königlichen und soll unter seinem ehemaligen Weggefährten Julen Lopetegui als dritter Stürmer an die Mannschaft herangeführt werden. Eine Mission unter negativen Vorzeichen.
Das Emblem mit der Krone ist es, von dem Spieler wie de Tomas seit ihrer Kindheit Nacht für Nacht träumen. Einmal für Real Madrid spielen - ein Sehnsuchtswunsch, der gerade für junge Talente häufig in tiefer Enttäuschung endet.
Meist addieren sich mehrere Kurzeinsätze zu einer Unzufriedenheit, die letztlich ausschlaggebend für einen Wechsel ist - Abschied vom Herzensklub. Spieler wollen eben spielen. Diese Erfahrung machten im Profifußball schon unzählige Talente, bei Real Madrid scheint das Dilemma ob der Qualität des Kaders jedoch noch gegenwärtiger.
Mariano Diaz verabschiedete sich in der vergangenen Saison in Richtung Lyon. Die ehemalige Wolfsburg-Leihgabe Borja Mayoral will den Klub nach erneut nicht erfüllten Erwartungen in diesem Sommer verlassen. Selbst Alvaro Morata setzte sich trotz überragender Werte nicht durch. De Tomas scheint nur der Nächste auf Reals Liste der vertriebenen Talente zu sein. Doch auch er will es zumindest probieren.
Real Madrid: Die Leistungsdaten von Morata, Mayoral und Diaz
Spieler (bei Real unter Vertrag) | im Kader | Einsätze | davon in der Startelf | Tore | Assists |
Alvaro Morata (10/11 - 13/14, 16/17) | 145 | 95 | 18 | 31 | 12 |
Borja Mayoral (15/16 - 17/18) | 53 | 30 | 6 | 7 | 4 |
Mariano Diaz (16/17) | 28 | 14 | 1 | 5 | 2 |
Raul de Tomas kehrt zu Real Madrid zurück: "Wir alle haben Träume"
Wohlwissend, dass er sich hinten an stellen und in den wenigen Minuten, die er bekommen wird, Grandioses leisten muss, um den Anforderungen bei Real gerecht zu werden, unterschrieb der 23-Jährige einen Vertrag bis 2023. De Tomas war in den vergangenen drei Jahren ausgeliehen: an Cordoba (15/16), Valladolid (16/17) und Rayo Vallecano (17/18). Nun scheint er bereit für das Emblem mit der Krone zu sein. "Wir alle haben Träume. Meiner begann, als ich mit acht Jahren zu diesem Verein kam", schrieb er bei Instagram.
Dann nämlich, als de Tomas vom CD San Roque, einem Klub im Madrider Stadtteil Barajas, zu Real wechselte. Ein Scout war auf den dribbelstarken Angreifer aufmerksam geworden. Seitdem trägt de Tomas die rosarote Real-Brille. Erstmals schien es tatsächlich möglich, dass der Kindheitstraum in Erfüllung gehen könnte.
Mit seiner Vertragsverlängerung ist de Tomas so nah wie nie am ersten Einsatz im ehrwürdigen Estadio Santiago Bernabeu, dem Stadion, das für de Tomas noch nie wirklich nahbar schien.
Real-Trainer Julen Lopetegui ist ein alter Weggefährte
Als Kind schaute der geborene Madrilene immer nur Spiele von Rayo Vallecano, weil die Tickets fürs Bernabeu nicht erschwinglich für seinen Vater waren. Wie es der Zufall so will, blickte er schon damals zu seinem künftigen Trainer Julen Lopetegui auf, der seine Karriere bei Rayo ausklingen ließ. "Ich erinnere mich heute vor allem gut an Lopetegui mit seiner Mütze. Ich wollte früher immer Torhüter werden. Er war mein Vorbild ", erzählte de Tomas der AS.
Lopetegui war es auch, der sich für eine Rückkehr des Real-Eigengewächses stark machte. Der Trainer arbeitete bereits in der spanischen U19-Nationalmannschaft mit de Tomas zusammen. Lopetegui ist ein Faktor, der dem Youngster Mut machen dürfte, mehr Minuten zu bekommen als seine Vorgänger.
Sein Debüt für die erste Elf der Königlichen wird de Tomas nicht unter Lopetegui machen. 2014 durfte der Angreifer bereits 14 Minuten in der Copa del Rey gegen Cornella ran. Ein echter Bestandteil des Real-Kaders war er aber nicht - bis heute.
imagoReal Madrid geht mit Vertragsverlängerung geringes Risiko ein
Real geht mit der Vertragsverlängerung ein überschaubares Risiko ein. Schlägt de Tomas ein, bedeutet das neben einer weiteren Alternative für die Offensive vor allem mehr Pausen für die Stammspieler in einer langen Saison. Funktioniert er nicht, rücken bei Bedarf eben wieder andere Spieler wie Lucas Vazquez oder Gareth Bale in die Spitze, um Karim Benzema Pausen zu verschaffen.
De Tomas war schon bei Cordoba und Valladolid lediglich Rollenspieler. Obwohl er nicht so viele Minuten bekam, verhielt er sich sehr professionell, verursachte keine Probleme in der Umkleidekabine, verlor nie ein böses Wort gegenüber der Presse und gab alles, wenn er zum Einsatz kam. Charakterzüge, die die anspruchsvollen Zuschauer im Bernabeu womöglich nicht aus den Sitzschalen heben, dem Verein jedoch perfekt in die Karten spielen.
Die Chance, dass sich Real tatsächlich einen geeigneten Benzema-Nachfolger heranzüchten kann, ist trotz der Erfahrung der vergangenen Jahre gegeben. De Tomas erfüllt das Anforderungsprofil eines modernen Stürmers: Er vereint Schnelligkeit, Technik, Agilität und Robustheit.
Raul de Tomas: Leistungsdaten bei Cordoba, Valladolid und Rayo
Saison | Verein | im Kader | Einsätze | davon in der Startelf | Tore | Assists |
2015/16 | FC Cordoba | 36 | 27 | 14 | 6 | 2 |
2016/17 | Real Valladolid | 42 | 39 | 22 | 15 | 2 |
2017/18 | Rayo Vallecano | 32 | 32 | 30 | 24 | 4 |
Raul de Tomas: Stärken und Schwächen des Real-Talents
De Tomas machte in der vergangenen Saison erneut einen großen Entwicklungssprung, agiert deutlich mannschaftsdienlicher, zeigte erstmals in seiner Profi-Karriere die zuvor vermisste Konstanz und legte in jeder Hinsicht eine Schippe drauf. In 32 Spielen in der zweiten Liga erzielte er 24 Treffer.
Er lauert gern auf Pässe in die Tiefe, kann das Spiel mit dem Rücken zum gegnerischen Tor aber auch schnell machen und seine Mitspieler in Szene setzen. Aufgrund seiner Fähigkeit, selbst Abschlussmöglichkeiten kreieren zu können, wurde de Tomas ausgerechnet schon mehrmals mit dem abgewanderten Cristiano Ronaldo verglichen - auch sein Spielstil und seine Freistoßtechnik ähneln dem Superstar der Madrilenen.
Bis zum Level des Portugiesen fehlen dem Rückkehrer freilich noch mehr als nur ein paar Prozentpunkte. De Tomas muss vor allem an seinem Spiel gegen den Ball arbeiten. Sein Pressing ist häufig zu ineffizient, teils wird dem 23-Jährigen Trägheit vorgeworfen.
Ein Urteil, das ob der öffentlichen Wahrnehmung des Angreifers nicht überrascht. Nicht nur seine teils unmotiviert anmutende Spielweise zieht kritische Blicke auf sich, auch seinen Umgang mit Fans und der Presse muss er verbessern. "Ich bin einfach schüchtern. Viele legen mir mein Schweigen als Arroganz aus", erklärt de Tomas: "Aber so ist das nicht. Ich bin demütig und eben ruhig."
Raul de Tomas: Der weiße Drache
In den wenigen Interviews, die de Tomas gibt, macht er dennoch einen reifen, selbstreflektierten Eindruck. Er arbeitete zudem seit einiger Zeit mit einem Mentalcoach zusammen - beste Voraussetzungen auf die schwierige Situation, die bei Real auf ihn wartet. Denn wie schon Mayoral und Co. wird auch de Tomas an seinen Toren gemessen werden.
Mit dem Toreschießen hatte de Tomas zwar nie wirklich Probleme. In seiner Jugend wurde er Dragon Blanco genannt, der weiße Drache, der Angst und Schrecken bei den Gegnern verbreitete. Nur spuckte de Tomas kein Feuer, sondern Tore.
Diese Gefahr muss er nun aber beim CL-Rekordsieger vor einem enorm kritischen Publikum auf den Platz bringen. Der Drache muss spucken, ansonsten erlebt Real wohl den nächsten Fall Mayoral.
Real Madrids fixen Neuzugänge und Rückkehrer 2018/19
Spieler (Alter) | Position | Abgebender Verein | Ablösesumme |
Vinicius Junior (18) | Linksaußen | Flamengo (Brasilien) | 45 Mio. Euro |
Raul de Tomas (23) | Mittelstürmer | Real Madrid B (Leih-Ende bei Rayo Vallecano) | - |
Fabio Coentrao (30) | Linksverteidiger | Sporting Lissabon (Portugal) | Leih-Ende |
Lucas Silva (25) | Zentraler Mittelfeldspieler | EC Cruzeiro (Brasilien) | Leih-Ende |