Eine Rückkehr von Neymar zum FC Barcelona scheint nicht mehr ausgeschlossen. Der Verein hat die Gerüchte bestätigt: Neymar will zurück. Aber ist der Transfer überhaupt möglich? Was würde der Wechsel für Barca bedeuten, was für Paris Saint-Germain? Und was ist aus der Karriere des Brasilianers geworden? SPOX und Goal beantworten die wichtigsten Fragen.
Neymar zu Barca: Was wissen wir bisher?
Neymar war im Sommer 2017 nach vier Jahren beim FC Barcelona zu Paris Saint-Germain gewechselt. Ende Mai diesen Jahres berichtete der katalanische Radiosender RAC1 plötzlich, dass Barcelona an einer Rückkehr des Brasilianers arbeiten würde.
In Barcelona ist seit dem Abschied Neymars kein Tag vergangen, an dem der 27-Jährige nicht in irgendeiner Form in den lokalen Medien auftauchte. Somit war das Gerücht eigentlich schnell wieder abgetan. Die Tür stieß erst PSG-Präsident Nasser Al-Khelaifi in einem Interview mit France Football so richtig auf.
"Die Spieler werden noch mehr zur Verantwortung gezogen als bisher. Das muss sich komplett ändern. Sie werden mehr machen müssen, mehr arbeiten müssen. Sie sind nicht hier, um sich zu vergnügen. Und wenn sie damit nicht einverstanden sind, sind die Türen geöffnet. Ciao! Ich will diese Star-Allüren hier nicht mehr", sagte er und ließ die Gerüchte damit auflodern.
Seitdem sind die Titelseiten von Sport und Mundo Deportivo fest in der Hand der Neymar-Gerüchte. Vom FC Barcelona fehlte bis Donnerstag jegliche Stellungnahme, doch dann bestätigte Vizepräsident Jordi Cardoner den Wunsch des Brasilianers: "Er will zurückkehren, man wird sehen, ob eine Einigung möglich ist."
Gründe für Neymars Wechselwunsch nannte er nicht. Die Gerüchte legen nahe, dass der Spieler in Frankreich unglücklich ist und eine Rückkehr anstrebt. Inzwischen gehen die Berichte gar so weit, dass Neymar die Überlegung unterstellt wird, ab dem 8. Juli in Streik zu treten. Der aktuell verletzte Offensivspieler würde nicht zum Trainingsauftakt und den anstehenden medizinischen Untersuchungen antreten, sondern auf eine Freigabe pochen, sollte er diese bis dahin nicht erhalten haben.
Die katalanischen Reporter sind durchaus dafür bekannt, einen Schluck zu viel aus dem Porro zu nehmen. Die Neymar-Gerüchte der letzten Wochen hatten aber, das weiß man nun, einen wahren Kern.
Könnte sich der FC Barcelona den Neymar-Transfer leisten?
222 Millionen Euro kostete Neymar PSG im Sommer 2017. Da Barcelona einen derartigen Batzen Geld nicht auf der hohen Kante liegen hat, ist ein Tauschgeschäft wahrscheinlicher. Gehandelt wurden als mögliche Paris-Wechsel bisher Philippe Coutinho, Ivan Rakitic, Samuel Umtiti und Ousmane Dembele.
Während Rakitic und Umtiti kaum den nötigen monetären Geldwert verkörpern, schätzt man Dembele, entgegen der Wahrnehmung in Deutschland, sehr in Barcelona. "Dembele hat ein höheres Niveau als Neymar. Und er ist ein guter Profi. Er ist ein viel besserer Spieler als Neymar", hatte Präsident Josep Maria Bartomeu erst im Mai beiTVE Catalunya gesagt.
Bliebe Coutinho, der seit seinem Wechsel von Liverpool nach Barcelona wie ein Fremdkörper wirkt. Er könnte der Schlüssel zum Transfer sein: Viel Geld wert, angeblich wechselwillig und obendrein ein Top-Verdiener, der von der Gehaltsliste gestrichen werden würde.
Gerade das Gehalt ist auch bei Neymar ein Fragezeichen. Der FC Barcelona zahlt deutlich mehr Gehälter als jeder andere Fußball-Klub dieser Welt. Das wankende Gerüst ächzt bereits jetzt unter den Millionen, die an Lionel Messi, Luis Suarez oder eben Coutinho gehen. Neymar wäre da, trotz angeblicher Abstriche, eine neue Dimension.
Zumal der Transfer von Antoine Griezmann bevorsteht. Am 1. Juli 2019 sinkt dessen Ausstiegsklausel auf 120 Millionen Euro, der FC Barcelona wird dann wohl die Verpflichtung des Franzosen bekanntgeben. Auch Griezmann ist Großverdiener und alles andere als billig. Frenkie de Jong kostete Barcelona bereits 75 Millionen Euro.
Neymar ist, bei allen möglichen positiven Werten, die er mitbringt, eigentlich zu teuer für den FC Barcelona. Zumal sich der Klub auch die Skandale des Brasilianers ins Haus holen würde. Barca, dessen Image in den letzten Jahren ohnehin stark gelitten hat, kann sich das eigentlich nicht leisten.
Die Transfer des FC Barcelona zur Saison 19/20
Zugänge | Abgänge | ||
Frenkie de Jong (Ajax Amsterdam) | 75 Mio. Euro | Jasper Cillessen (FC Valencia) | 35 Mio. Euro |
Emerson (Atletico MG) | 12 Mio. Euro | Andre Gomes (FC Everton) | 25 Mio. Euro |
Adrian Ortola (Deportivo La Coruna) | Leih-Ende | Paco Alcacer (BVB) | 21 Mio. Euro |
Marc Cardona (Osasuna) | 2,5 Mio. Euro | ||
Marc Cucurella | 2 Mio. Euro | ||
Douglas (vereinslos) | - | ||
Thomas Vermaelen (vereinslos) | - | ||
Jeison Murillo (FC Valencia) | Leih-Ende | ||
Kevin-Prince Boateng (US Sassuolo) | Leih-Ende |
Was würde eine Neymar-Rückkehr für den FC Barcelona bedeuten?
Große Unruhe. Die Meinungen bezüglich Neymar gehen in Barcelona weit auseinander, manche sehen in ihm die sportliche Rettung, andere einen Judas. Neymar hat bei seinem Abschied verbrannte Erde hinterlassen: Er ist noch immer in Gerichtsverfahren gegen den Klub verwickelt, bei der UEFA beantragte seine Seite den Ausschluss Barcelonas aus der Champions League.
Neymar war in Paris bei weitem kein Musterprofi, Skandale begleiteten auch dort seinen Weg - ein großes Risiko für Barcelona. Trainer Ernesto Valverde sitzt auf einem sehr wackligen Stuhl, Präsident Bartomeu geht es nicht anders. Seine Politik wird schon lange in Frage gestellt, die Ruf nach Neuwahlen werden immer lauter. Eine Rückholaktion könnte bei Erfolg natürlich auch in die andere Richtung ausschlagen.
Sportlich wäre Neymar sicherlich ein Gewinn und könnte der zuletzt lahmenden Offensive neues Leben einhauen. Unter Valverde ist Messi oftmals Alleinunterhalter. Suarez erlebte eine wechselhafte Saison, Dembele fehlte lange verletzt, Coutinho konnte sein Potenzial nie ausschöpfen. Malcom ist keine echte Option, was sogar Arturo Vidal phasenweise an vorderste Front spülte. Dafür sollte aber eigentlich auch Griezmann verpflichtet werden.
Ob Griezmann oder Neymar - die Frage ist auch, wie viel man im Klub Dembele zutraut. Die Wertschätzung ist, wie eingangs erwähnt, groß, aber dass dem Franzosen nun mit Griezmann wohl ein 28-Jähriger vorgesetzt wird, ist für seine Entwicklung nicht förderlich. Neymar wäre mit 27 Jahren kaum jünger. Und letztlich können eben nur elf Spieler gemeinsam auf den Platz.
Barcelonas Kader ist darüber hinaus so schon vergleichsweise alt. 27,7 Jahre sind es im Schnitt, die Stammspieler Lionel Messi, Sergio Busquets, Gerard Pique, Luis Suarez, Ivan Rakitic, Arturo Vidal und Jordi Alba haben alle die 30-Jahre-Marke durchbrochen. Für den FC Barcelona wäre es ratsam, nicht in der Vergangenheit zu leben.
Was würde ein Neymar-Abschied für Paris Saint-Germain bedeuten?
Paris Saint-Germain strebt eher früher als später den Gewinn der Champions League an. National wird die Mannschaft von Thomas Tuchel auch ohne Neymar dominieren, international würde mit dem Brasilianer aber ein großer Trumpf verloren gehen. Trotz aller Verletzungen war er in den letzten zwei Jahren ein sehr wichtiger Bestandteil der Mannschaft.
Auch Kylian Mbappe verkörpert nicht die Kreativität und Gewitztheit Neymars, dessen Verlust wäre schwer aufzufangen. Wie so oft könnte eine Trennung aber auch Potenzial für neue Entwicklungen bieten. PSG würde ein klares Zeichen an den Kader senden, dass Namen nicht über Leistung stehen - das wäre im Sinne der Ansage Al-Khelaifis.
Mbappe würde zum alleinigen Superstar an der Seine aufsteigen und könnte eventuell eher davon überzeugt werden, dass das Gras in Madrid doch nicht so viel grüner ist. Zumal das Geld, das durch einen Abgang von Neymar frei werden würde, in diverse Planstellen investiert werden könnte. Das Financial Fairplay stand den Umbauarbeiten zuletzt arg im Weg.
Raphael Guerreiro (Borussia Dortmund) wird ebenso gehandelt wie Renato Sanches (FC Bayern). International fallen die Namen Gianluigi Donnarumma (AC Milan), Sergej Milinkovic-Savic (Lazio) und Pablo Sarabia (FC Sevilla). Philippe Coutinho wäre als mögliches Tauschobjekt eine torgefährliche und kreative Option für das offensive Mittelfeld.
Mit Neymar würde PSG allerdings auch das größte Zugpferd in Sachen Marketing verlieren. Der Klub konnte insbesondere über den Brasilianer mehr Aufmerksamkeit generieren als die Ligue 1 normalerweise verspricht. Internationale Erfolge dürften letztlich aber mehr wert sein als jedes Individuum - zumal Mbappe ebenfalls ein Trikot-Schlager ist.
Wie steht es um die Karriere von Neymar?
Als sich Neymar im Sommer 2017 nach Paris verabschiedete, tat er das mit dem Ziel, eines Tages als Weltfußballer geehrt zu werden. Er suchte die Möglichkeit, aus dem Schatten von Lionel Messi zu treten, trat im Gegenzug aber in den Schatten der Ligue 1. Die französische Liga ist international schlicht nicht zu vergleichen mit den Ligen aus England oder Spanien.
Mit der Aufmerksamkeit sanken auch die Chancen auf einen individuellen Titel. Dass er derart von Verletzungen ausgebremst werden würde, konnte dem Spieler damals aber natürlich auch nicht gewahr sein. Tendenziell hat Neymar in Paris eher Rückschritte gemacht, zumal er nur in 13 Champions-League-Partien wirklich international in Erscheinung trat.
Skandale, die zu Sperren in Ligue 1 und der Königsklasse führten, haben das Bild von Neymar als Skandal-Profi nochmals gefestigt. Schon zu seiner Zeit bei Barcelona waren die zahlreichen Nebengeräusche, begonnen schon vor seinem Transfer 2013 vom FC Santos nach Europa, nicht auszublenden.
Die Leistungsdaten von Neymar bei Santos, Barcelona und Paris
Klub | Einsätze | Tore | Vorlagen | Minuten |
FC Santos | 134 | 70 | 35 | 10.470 |
FC Barcelona | 186 | 105 | 76 | 15.342 |
Paris Saint-Germain | 58 | 51 | 29 | 5.048 |
Das alles kann aber nicht übertünchen, dass Neymar weiter ein herausragender Offensivspieler ist. 23 Tore gelangen ihm in 28 Spielen der vergangenen Saison, 28 Tore in 30 Spielen waren es in der Debüt-Saison für PSG. Seine Karriere ist mit 27 Jahren noch lange nicht vorbei, geht aber auf entscheidende Jahre zu.
Neymar ist offenbar gewillt, die Ligue 1 und PSG hinter sich zu lassen. Ob er dafür im FC Barcelona aber den richtigen Abnehmer ausgemacht hat, ist nicht nur aufgrund der schwierigen finanziellen Situation sehr fraglich.