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Ein bisschen surreal war er für Arthur Melo schon, der vergangene Samstagabend. Erst bestritt der brasilianische Mittelfeldmann die wichtige Partie in der spanischen Liga mit dem FC Barcelona bei Celta Vigo (2:2), dann verabschiedete er sich nach dem Abpfiff rasch von seinen Kollegen, um sich in Begleitung einiger Vertrauten in einen Privatflieger zu setzen, der ihn vom spanischen in den italienischen Norden brachte. Ins Piemont. Nach Turin.
Erst kurz nach Mitternacht kam Arthur, paradoxerweise noch immer im Barca-Outfit, dort an. In welcher Mission er war, wusste bereits jeder. Sein Noch-Arbeitgeber hatte in den Tagen zuvor keinen Hehl daraus gemacht, ihn schnellstmöglich einen Vertrag beim italienischen Branchenprimus Juventus unterzeichnen zu lassen.
Der vorbehaltlich des Medizinchecks abgeschlossene Deal soll aus Barca-Sicht einerseits dazu dienen, den Transfer von Juve-Mittelfeldspieler Miralem Pjanic zu fixieren, andererseits aber auch, um vor dem Ende des Geschäftsjahres am 30. Juni die nicht allzu positiven Bilanzen zu schönen.
Miralem Pjanic für Arthur Melo: Das Geld steht im Vordergrund
Das finanziell schwer gebeutelte Barca, das bestätigte kürzlich Vizepräsident Jordi Cardoner, hatte durch die Corona-Krise Verluste von rund 140 Millionen Euro verzeichnet. Man brauche bis zu 70 Millionen Euro, um das Geschäftsjahr nicht mit einem Minus abzuschließen. Deshalb einigte man sich im Laufe der vergangenen Woche mit Juve darauf, Arthur für 70 Millionen Euro abzugeben und im Gegenzug 60 Millionen Euro für Pjanic zu bezahlen.
Fehlen streng genommen immer noch 60 Millionen Euro, um ins Plus zu gelangen, könnte man meinen. Hinter dieser für reichlich Verwirrung sorgenden Transaktion steckt jedoch ein buchhalterischer Trick, denn: Beim Kauf eines Spielers wird die gezahlte Ablöse in den Büchern auf mehrere Jahre (in der Regel auf die Anzahl der Vertragsjahre des Spielers) verteilt, während jeder Gewinn aus dem Verkauf von Spielern sofort als Gesamtbetrag in den Büchern vermerkt werden darf. Unterschreibt Pjanic also einen Fünfjahresvertrag, so müssen die Blaugrana erst einmal nur ein Fünftel der Ablöse für ihn, also zwölf Millionen Euro, in ihren Büchern vermerken. Die 70 Arthur-Millionen hingegen werden umgehend registriert, egal, wann das Geld tatsächlich fließt. Das bringt den Klub bilanziell so fast wieder ins Plus.
Nicht nur Barca, sondern auch die Alte Dame aus Turin plagen in Zeiten von Corona finanzielle Sorgen, weshalb sie dem dubiosen Tauschgeschäft klaglos zustimmte. Im Gegensatz zu dem schon länger mit Barca in Verbindung gebrachten Pjanic weigerte sich Arthur jedoch zunächst gegen einen Abgang, bis Juve ihm ein Gehalt offerierte, das sein aktuelles in Barcelona deutlich überstieg.
Die Methoden vonseiten der Katalanen, den 23-Jährigen zu verjagen, gingen sogar so weit, dass der eigentlich als besonnener Zeitgenosse bekannte Trainer Quique Setien, für den es bei Barcelona nach der Spielzeit auch nicht weitergehen soll, auf einer Pressekonferenz Arthurs Tauglichkeit für die Mannschaft infrage stellte. Es gebe nun einmal Spieler, sagte Setien, "die mit großen Erwartungen verpflichtet werden, diese aber nicht erfüllen".
FC Barcelona: Kein spielerischer Fortschritt unter Quique Setien
Lucia Melo, die Mutter des Spielers, reagierte erbost auf diese Aussagen. "Mein Gott, jetzt fangen sie auch noch an, den Spielern Schwächen nachzusagen", schrieb sie in den sozialen Medien.
Auch innerhalb der Mannschaft soll das unwürdige Schauspiel mit dem erst 2018 für 30 Millionen Euro von Gremio aus Porto Alegre verpflichteten Akteur für reichlich Kopfschütteln gesorgt haben. Arthur gehörte bislang zwar weder unter Setien, noch unter dessen Vorgänger Ernesto Valverde zum unverzichtbaren Stammpersonal, doch auf lange Sicht versprachen sie sich in Barcelona viel von ihm.
Der wichtigste Mann im Team, Lionel Messi, verglich Arthur von dessen Spielweise her sogar mit der 2015 abgetretenen Mittelfeldlegende Xavi. "Wir werden viel Freude an ihm haben", prognostizierte Messi nur wenige Monate nach Arthurs Ankunft vor zwei Jahren.
Messi war guten Mutes, einen neuen Partner bekommen zu haben, der ihn mit Bällen füttert. Tatsächlich hat der Fußball, den Barca im Jahr 2020 praktiziert, aber wenig mit dem zu tun, den "la Pulga" noch zu Xavi-Zeiten kannte. Setien, der bei seinem vorherigen Arbeitgeber Betis auf das Tiki-Taka schwur, vermag die bereits unter Valverde erkennbaren Defizite mit (Fantasielosigkeit im letzten Drittel) und ohne Ball (Anfälligkeit bei Kontern) nicht abzubauen. Arthur konnte sich in diesem instabilen Konstrukt nie wirklich festspielen. Andere aber auch nicht.
Miralem Pjanic und Arthur Melo im Daten-Vergleich
Kategorie (wettbewerbsübergreifend) | Miralem Pjanic | Arthur Melo |
Spielminuten | 2903 | 1541 |
Tore | 3 | 4 |
Vorlagen | 2 | 4 |
Kreierte Großchancen | 3 | 6 |
Fehler, die zu Gegentoren führten | 0 | 0 |
Zweikampfquote | 46,9 % | 65,7 % |
Tacklingquote | 47,3 % | 61,9 % |
Passquote | 90,3 % | 91,3 % |
Barca ist abhängig von Messi und ter Stegen
Das Wohl und Wehe der Mannschaft hängt nach wie vor in erster Linie von Messi ab. Von dem echten Messi und von dem Messi mit Handschuhen, wie sie Marc-Andre ter Stegen nennen. Sind die beiden Stützen nicht in Form, droht Ungemach. So auch in Vigo, als Barca nicht über ein 2:2 hinaus kam und am Ende sogar noch Glück hatte, dass Celtas Stürmer Nolito in der Nachspielzeit den deutschen Nationaltorhüter aus einem Meter anschoss.