Es will einfach nicht so recht zusammenpassen, wenn man sich die frühen Vorschusslorbeeren vergegenwärtigt und nun darauf blickt, was drei Jahre später daraus geworden ist. "Sergio Gomez ist weltweit zweifellos einer der stärksten Spieler seines Jahrgangs", sagte Michael Zorc im Januar 2018, nachdem der damals 17-Jährige für drei Millionen Euro aus der zweiten Mannschaft des FC Barcelona zum BVB wechselte. "Wir sind schon seit geraumer Zeit an ihm interessiert und froh, dass er sich trotz der Offerten vieler europäischer Topklubs für Borussia Dortmund entschieden hat", ließ der Sportdirektor wissen.
Ein paar Monate zuvor hatte Gomez mit Spanien die U17-Europameisterschaft gewonnen, bei der kurz darauf stattfindenden WM in Indien wurde des Team des Offensivspielers Zweiter. Gomez erhielt nach vier erzielten Toren den silbernen Ball als zweitbester Spieler des Turniers. Besser war nur Phil Foden, der mit England den Titel holte.
Damals war Gomez also noch mit Foden auf Augenhöhe, heute spielt der 20-Jährige für Manchester City Champions League und entschied dort vor zwei Tagen das Aufeinandertreffen im Viertelfinale gegen Dortmund. Und Gomez? Der ist meilenweit von diesem Niveau entfernt und für den BVB immerhin kein Millionengrab geworden.
Als Gomez zur Borussia kam, sollte er "direkt mit den Profis trainieren und bis zum Sommer zunächst Spielpraxis in unserer U19 sammeln", sagte Zorc einst. Der Beginn sah vielversprechend aus, Gomez durfte in vier U19-Partien mittun und bereitete in einer davon drei Tore vor. Einen Monat später folgten unter Trainer Peter Stöger zwei Einwechslungen und sieben Minuten Spielzeit in der Bundesliga - es blieben die bislang einzigen Auftritte des Spaniers im Dortmunder Profiensemble.
BVB-Leihspieler Sergio Gomez wird zu Huesca verliehen
In Gomez' erster vollständiger Saison beim BVB durfte er in 14 Pflichtspielen für die U23 auflaufen (zwei Tore, vier Vorlagen), beim Sieg in Monaco schenkte ihm Lucien Favre einen einminütigen Einsatz in der Champions League. Im Bundesligakader stand Gomez nur ein einziges Mal. Die Konkurrenz für ihn, der im offensiven Mittelfeld zentral und auf beiden Flügeln einsetzbar ist, war schlicht zu groß.
Trotz der acht Jahre in Barcas Jugendakademie La Masia und der Erfolge im U-Bereich gelang es Gomez nicht, den Übergang zum Seniorenfußball komplikationslos zu bewältigen - in Manchester war Foden zu diesem Zeitpunkt bereits festes Kadermitglied. Dortmund entschied sich im Sommer 2019 gemeinsam mit dem dribbelstarken Spieler für eine Leihe in Gomez' Heimat zu Zweitligist SD Huesca.
Diese wurde nach der ersten Saison um ein weiteres Jahr verlängert, diesmal allerdings mit Kaufoption. Das Signal war klar: Der Verein aus der zweitgrößten Stadt Aragoniens verspricht sich nach einem Jahr Vorspielen etwas von Gomez, der BVB dagegen würde ihn verkaufen, wenn Huesca die vertraglich vereinbarte Summe von kolportierten 2,5 Millionen Euro aufbringt.
Sergio Gomez bei Huesca: Bestenfalls durchschnittlich
Hört man sich in Spanien um, ist einigen Beobachtern nicht ganz klar, weshalb sich Huesca diese Option überhaupt gesichert hat - Gomez' Leistungen waren bestenfalls durchschnittlich. Zwar stieg der Klub als Erster in die Primera Division auf, entscheidenden Anteil hatte Gomez aber daran nicht: 20 Mal stand er bei 37 Pflichtspielen in der Startelf, nur achtmal kam er über die vollen 90 Minuten zum Einsatz. Ein Tor und drei Vorlagen steuerte er zum Aufstieg bei.
In Huesca erhoffte man sich vor allem, dass die weniger umkämpfte erste Liga ihm mehr Freiräume gestattet, so dass die technischen und strategischen Stärken von Gomez deutlicher zum Vorschein kommen und sich daher sein Anpassungsprozess beschleunigt. Doch das war ein Trugschluss, lässt sich nun acht Ligaspiele vor Saison- und seinem Leihende sagen.
Huesca spielt zwar erwartbar gegen den Abstieg und liegt nach 30 Spielen mit 27 Punkten auf Rang 16, doch die rote Laterne ist nur vier Zähler entfernt. Gomez' Bilanz: 23 Einsätze, nur vier davon in der Anfangsformation und nur zwei über 90 Minuten. Außer einer Torvorlage im Dezember ist ihm offensiv nichts gelungen. Noch eklatanter: In zwölf dieser 23 Partien spielte Gomez maximal 20 Minuten, insgesamt kommt er in 21 Begegnungen auf nur 437 Ligaminuten. Sein letzter Startelfeinsatz datiert von Anfang Januar.
BVB-Lizenzspielerchef Kehl: "Wir verfolgen die Entwicklung"
Was ihm in seinen bald zwei Jahren im Nordosten Spaniens fehlt, ist daher vor allem die nötige Kontinuität, um eine größere Rolle innerhalb des sehr ausgeglichenen Kaders zu spielen. Gomez bekam seine zweifelsohne vorhandenen Qualitäten kaum einmal auf den Platz, er stach trotz seiner Anlagen nie hervor. Mit Michel und Pacheta hat er unter zwei Trainern gearbeitet, dauerhaft überzeugt hat Gomez keinen der beiden. Gerade Pacheta vertraut eher weniger talentierten Spielern, die aber konstanter in ihren Leistungen sind.
"Wir verfolgen die Entwicklung und stehen in ständigem Kontakt zum Berater", sagte Dortmunds Lizenzspielerchef Sebastian Kehl kürzlich über Gomez den Ruhr Nachrichten: "Aktuell ist schwierig vorherzusagen, wie sich die Situation im Sommer darstellen wird. Aber es wird der Zeitpunkt kommen, an dem wir Entscheidungen treffen."
Viel zu verfolgen hatten die Dortmunder somit nicht, der Ausflug nach Huesca ist für Gomez und den BVB alles andere als gut verlaufen. Die sportliche Zukunft des Klubs hängt am seidenen Faden, ein Abstieg in die 2. Liga dürfte es Huesca in Zeiten der Corona-Pandemie wirtschaftlich schwer bis unmöglich machen, Gomez zu verpflichten. Bis 2022 läuft sein Vertrag in Dortmund noch, es steht somit eine Grundsatzentscheidung an.
"Die beste zweite Liga der Welt - wie es die spanische ist - ist gut, um zu konkurrieren und erlaubt einem jungen Spieler zu wachsen und in der Zukunft zu sehen, ob ich größere Chancen habe, viel stärker nach Dortmund zurückzukehren", sagte Gomez kurz nach dem Beginn seiner Leihe zu transfermarkt.de. Eineinhalb Jahre später ist klar: Beim BVB wird er trotz des wohl bevorstehenden personellen Umbruchs keine Rolle mehr spielen.
BVB-Leihspieler Sergio Gomez: Seine Leistungsdaten bei SD Huesca
Wettbewerb | Spiele | Tore | Vorlagen | Minuten |
Primera Division | 21 | - | 1 | 437 |
Copa del Rey | 3 | - | - | 279 |
LaLiga 2 | 36 | 1 | 3 | 1866 |