Wie kann der FC Barcelona trotz Mega-Schulden noch Spieler kaufen?

Von Francisco Rico
FC Barcelona, Joan Lapota, Franck Kessie
© getty

Der FC Barcelona gibt fleißig Geld aus, und viele fragen sich: Wie geht das? SPOX und GOAL bringen Licht in die finanzielle Situation des Klubs.

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Bald ist es ein Jahr her, als der wiedergewählte Präsident des FC Barcelona, Joan Laporta, die äußerst besorgniserregende Situation der Katalanen mit Zahlen in der Öffentlichkeit preisgab. "Die geerbte wirtschaftliche Situation ist dramatisch", zielte er ziemlich deutlich auf seinen Vorgänger Josep Bartomeu ab. "Barcelona hat 451 Millionen Euro Nettoschulden und 1,35 Milliarden Euro Bruttoschulden."

In der laufenden Sommer-Transferperiode ist davon nur noch wenig zu spüren. Nachdem im vergangenen Winter bereits Ferran Torres für 55 Millionen Euro von Manchester City geholt wurde, wird der Umbruch nun so richtig vorangetrieben. Andreas Christensen (FC Chelsea) und Franck Kessie (AC Mailand) kamen ablösefrei, mit Leeds United konnte man sich auf einen Transfer von Raphinha einigen. Kostenpunkt: 65 Millionen Euro exklusive Bonuszahlungen.

Zuletzt wurde auch der Vertrag mit Ousmane Dembele verlängert und mit Robert Lewandowski soll bekanntermaßen mindestens noch ein großer Name ins Camp Nou geholt werden. Doch wie kann sich der hoch verschuldete Klub solche Transfers überhaupt leisten? Durch Verkäufe von Philippe Coutinho (Aston Villa) und Rey Manaj (Watford) stehen nur knapp über 20 Millionen Euro auf der Einnahmenseite.

Im vergangenen Juni wurde auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung der Weg freigemacht, Vermögenswerte des Klubs zu verkaufen. Ein US-amerikanisches Investmentunternehmen (Sixth-Street) mit Hauptsitz im kalifornischen San Francisco hat sich bis 2047 zehn Prozent der LaLiga-TV-Rechte der Katalanen gesichert und dem Traditionsklub dafür eine Summe von 207,5 Millionen Euro überwiesen.

FC Barcelona: Gewinn im abgelaufenen Geschäftsjahr

Mit diesem Verkauf schlossen die Blaugrana das Geschäftsjahr 2021/2022 mit einem Gewinn ab. Ein wichtiger Faktor, um die komplizierte finanzielle Situation des Vereins zu verbessern und den Anforderungen des Financial Fair Play von LaLiga für die Registrierung neuer Spieler näher zu kommen.

Nun will Barca einen zweiten wirtschaftlichen Hebel in Bewegung setzen, um Geldmittel zu beschaffen und für die Verpflichtung neuer Spieler liquide zu sein. Zusätzlich spielt es auch eine wichtige Rolle bei der Einhaltung der Gehaltsgrenze von Spaniens Eliteklasse. Dieser Vorgang muss vor dem 31. Juli abgeschlossen sein, wenn die Erstligisten ihre Gehaltsobergrenzen festlegen.

Durch den Verkauf von weiteren 15 Prozent der Fernsehrechte und 49,9 Prozent der Anteile an Barca Licensing and Merchandising für insgesamt 600 Millionen Euro will der Verein weitere 300 Millionen Euro einnehmen, um sein Eigenkapital wieder in die schwarzen Zahlen zu bringen.

Positive Folge wäre die ganz normale Registrierung der Spieler und ein Wegfall der 1/3-Regel, nach der ein Spieler, der eine Million Euro verdient, eine Ersparnis oder ein Einkommen von drei Millionen erzielen muss, um registriert zu werden. Die Verpflichtungen von Kessie und Christensen sowie die Vertragsverlängerungen von Gavi, mit dem es bereits eine Einigung geben soll, Sergi Roberto und Ousmane Dembele hängen von dieser Änderung im Umgang mit der Gehaltsgrenze ab.

Darüber hinaus hofft der Verein, mit Abgängen von Spielern wie Neto, Samuel Umtiti, Oscar Mingueza, Riqui Puig und Martin Braithwaite sowie dem bereits angekündigten Abgang von Clement Lenglet die Lohnkosten von 560 Millionen Euro auf 400 Millionen Euro senken zu können.

Zudem würde natürlich ein Verkauf von potenziellen Stammspielern wie Frenkie de Jong oder Memphis Depay helfen, den finanziellen Spielraum zu vergrößern.

Die weitere Transferstrategie

Während all diese wirtschaftlichen Vorgänge im Hintergrund geklärt werden, wundert sich die Fußballwelt darüber, dass ein finanziell scheinbar ruiniertes Barca bereits drei Neuverpflichtungen abgeschlossen hat.

Kessie und Christensen kamen natürlich ablösefrei nach Spanien und Handgeld und Gehalt wurden entsprechend so aufgeteilt, dass es keine Probleme in Bezug auf die Gehaltsgrenze geben soll.

Bei Raphinha wurde die Tatsache genutzt, dass der Spieler unbedingt nach Barcelona wollte. Leeds hatte sich bereits vorher mit Chelsea auf einen Transfer geeinigt, musste sich nun auf Drängen des Spielers mit einem Deal mit Barca anfreunden, der den Blaugrana gewisse Zahlungserleichterung im Vergleich zu Chelsea ermöglicht, solange im Hintergrund noch wirtschaftliche Handlungen abgeschlossen werden.

Nach dem Raphinha-Wechsel wird der Klub keine weiteren Verpflichtungen eingehen, bis die oben genannte Beschaffung von neuen Geldern abgeschlossen ist. Sobald diese Kapitalspritze perfekt ist, haben die Verantwortlichen drei klare Ziele auf dem Transfermarkt: Lewandowski, Cesar Azpilicueta und Jules Kounde.

Alle fixen Transfers des Fc Barcelona im Überblick

ZugängeAbgänge
Andreas Christensen (FC Chelsea, ablösefrei)Clement Lenglet (Tottenham, Ausleihe)
Franck Kessie (AC Milan, ablösefrei)Dani Alves (Ziel unbekannt)
Raphinha (Leeds United, 65 Millionen Euro)Rey Manaj (FC Watford, 2,5 Mio. Euro)
Francisco Trincao (Sporting, Leihe/3,5 Mio. Euro)
Coutinho (Aston Villa, 20 Mio. Euro)

Bei Lewandowski und Azpilicueta setzt Barca erneut auf die Karte, dass das Duo sehr gerne zu den Katalanen wechseln will. Der FC Bayern verlangt mindestens 50 Millionen Euro, um den Polen letztlich doch ziehen zu lassen, nachdem er bereits öffentlich seinen Wechselwunsch äußerte. Chelsea hingegen fordert acht Millionen Euro für Routinier Azpilicueta.

Anders ist die Situation bei Kounde, an dem bereits mehrere Topklubs ein Interesse signalisierten. Lange Zeit galt der FC Chelsea als Favorit auf einen Transfer, nach der Klubübernahme bei den Blues ist das Interesse jedoch abgekühlt. Auch die Bayern, bei denen ein Transfer von Matthijs de Ligt Priorität hat, und PSG, das den Fokus aktuell auf Milan Skriniar legt, scheinen mittlerweile ebenfalls aus dem Rennen. Eine Tatsache, die mehr und mehr Barca in die Karten spielt.

Sevilla steht einem Verkauf offen gegenüber, wird aber nicht von seiner Forderung in Höhe von 65 Millionen Euro abrücken. Einen Rabatt für Barcelona soll es nicht geben und auch ein Tauschgeschäft ist für die Andalusier keine Option.

Wie sieht Barcas Zukunft aus?

Selbst wenn es den Verantwortlichen gelingt, alle Geschäfte und Transfers nach ihren Vorstellungen abzuschließen, bleibt die wirtschaftliche Situation des Vereins kompliziert, da die Verkäufe von Rechten logischerweise weniger Einnahmen in den kommenden Jahren bedeuten.

Umso wichtiger ist es, die Einnahmen abseits des Sports deutlich zu erhöhen - vor allem durch das Sponsoring und eine Maximierung der Einnahmen nach dem Umbau des Camp Nou.

Ein weiterer wichtiger Faktor werden die sportlichen Ergebnisse sein. Die Mannschaft muss in LaLiga wieder deutlich besser abschneiden, der letzte Titel datiert aus dem Jahr 2019. Doch vor allem die Einnahmen aus der Champions League sind entscheidend. Der jährliche Einzug ins Viertelfinale ist eigentlich Pflicht beziehungsweise fest eingeplant. Zudem sollen Altstars und Altlasten mit hohen Gehältern und nachlassenden Leistungen nach und nach den Verein verlassen.

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