Plötzlich wussten es alle. Sie hatten nur jahrelang geschwiegen, aber informiert waren sie angeblich schon immer. Emre Belözoglu ist seit seiner Kindheit Fenerbahce-Fan.
An sich ist es keine Besonderheit, dass ein Türke Fenerbahce-Fan ist. Immerhin protzt der Klub damit, dass 25 Millionen Menschen ihr Herz Gelb-Blau gewidmet haben.
Privatfotos mit Fener-Trikot
Aber Emre? Der Junge, der mit 16 sein Profi-Debüt bei Galatasaray gab. Der Emre, der nach seinem Wechsel zu Inter Mailand im Jahr 2001 ankündigte, "in der Türkei nur für Galatasaray" spielen zu wollen und wenn er zurückkehre, es keine Alternative geben kann.
Der Emre, der 2006 in einer TV-Sendung seinem klammen Ex-Klub Galatasaray per Live-Schalte einen horrenden Betrag spendete.
Die Antwort lautet schlicht und ergreifend: Ja! Es war die Geschichte schlechthin für die türkischen Medien, als Emre Belözoglu 2008 von Newcastle United zu Fenerbahce wechselte. Auf diversen Internetportalen tauchten plötzlich Privatfotos des Nationalspielers im Fenerbahce-Trikot auf.
Viel Geld für Emre
Fünf Millionen Euro ließ sich Fenerbahce den Mittelfeldspieler kosten. Der Vier-Jahres-Vertrag wurde mit 3,5 Millionen Euro jährlich dotiert.
Die Fenerbahce-Experten polterten: Wie könne Fener für einen Spieler, der zuletzt nicht einmal für die Reserve Newcastle Uniteds spielen durfte, so viel Geld bezahlen? Fenerbahce-Boss Aziz Yildirim mache den Transfer doch nur, um Galatasaray eins auszuwischen.
"Den alten Emre präsentieren"
Sportlich durfte man auf dem ersten Blick in der Tat Zweifel haben. Die Bilanz Emres in seiner letzten Saison bei Newcastle war für einen Nationalspieler fast erschütternd: 14 Einsätze, vier in der Startelf und nur ein Spiel über 90 Minuten.
"Ich will bei Fenerbahce wieder den alten Emre präsentieren", sagte der damals übergewichtig wirkende Emre bei seiner Vorstellung. Doch bevor es losgehen konnte, musste noch der Wehrdienst abgeleistet werden. Einen Monat lang stellte sich Emre in den Dienst des Staates, anstatt unter Luis Aragones für sein Comeback zu schuften.
Anfangs ein Mitläufer
Nach seiner Rückkehr wurde er dennoch auf Anhieb Stammspieler. Doch Emre, der in seiner besten Zeit bei Galatasaray und phasenweise auch bei Inter Mailand mit seiner Spiellaune und seinem Spielwitz eine ganze Mannschaft mitziehen konnte, musste mitgeschleppt werden.
Weit mitten in dieser Saison wirkte Emre immer noch übergewichtig, ungelenk und nicht in Form. "Es war keine leichte Entscheidung für mich, in die Türkei zurückzukehren. Die Erwartungen sind sehr groß und ich versuche alles, um Fenerbahce weiterzuhelfen", sagte Emre damals.
Der Wandel
Doch Emre wusste, dass er mit seiner eigentlichen Spielweise nicht weiterhelfen konnte. Der gelernte Offensivspieler konnte bei Fenerbahce seine gewohnten Part des kreativen Spielers im Mittelfeld nicht mehr übernehmen.
Die Spielmacher-Rolle gehört bei Fenerbahce Kapitän Alex und da gab es bei einer Quote von 75 Prozent Torbeteiligung in den letzten Jahren auch keine Widerrede.
Emre musste sich neu erfinden. Weg vom Filigrantechniker, hin zum Kämpfer im defensiven Mittelfeld. Auch wenn dieser Wandel etwas Zeit in Anspruch nahm, war er erfolgreich. Schon in der Rückrunde der vergangenen Saison wurde Emre immer wichtiger für Fenerbahce.
"Unser wichtigster Spieler"
"Ich habe auch in meiner Jugendzeit bei Zeytinburnu oder Galatasaray defensiv gespielt", begründet Emre den Erfolg in der neuen Rolle. So ist er inzwischen aus der Mannschaft nicht mehr wegzudenken. "Er ist der Leader des Teams. Vielleicht ist er sogar unser wichtigster Spieler", sagt Trainer Christoph Daum.
Auch die Fans, die Emre wegen seiner Galatasaray-Vergangenheit kritisch beäugt hatten, haben ihren Kämpfer ins Herz geschlossen. Inzwischen ist Emre sogar Vize-Kapitän und auch von den Experten, die den Transfer noch scharf kritisierten, hört man nichts mehr.
Privates Glück gefunden
"Ich musste niemanden beweisen, dass ich Fenerbahce-Fan bin. Die Fans sehen, wie ich mich für diesen Klub einsetze", sagt Emre, der auch privat sein Glück gefunden hat. Kurz nach seinem Wechsel zu Fener heiratete er seine Freundin Tugba. "Ich habe jetzt ein geordnetes Leben. Ich muss zugeben, dass ich früher nicht so bewusst gelebt habe wie ich es jetzt tue."
Emre, der sich früher noch für jede freie Verletzung beworben hatte, wirkt nun austrainiert, ist fit. Für Daum ist dies ein Segen, denn gerade in dieser schwierigen Phase, in der Fenerbahce nur eins von neun Pflichtspielen gewinnen konnte, ist er sein bester Mann.
Das brisante Projekt
"Der Junge tut mir manchmal leid. Er kämpft 90 Minuten bis zum Umfallen, aber wenn die anderen nicht mitziehen, ist er machtlos", so Fenerbahce-Legende Ridvan Dilmen.
Doch Emre ist noch lange nicht am Ende seiner Ziele. Das nächste Projekt ist brisant und steht unmittelbar bevor: "Ich will gegen Galatasaray ein Tor machen und so ein richtiger Fenerbahce-Spieler werden." Es fehlt nur noch ein Tor zur Glückseligkeit.
Emre Belözoglu im Steckbrief