Die Sensation ist gerade mal zwei Monate her. Bursaspor wurde in der Süper Lig zum ersten Mal Meister. Die Feierlichkeiten fielen aber erstaunlich knapp aus. Bursa bereitet sich akribisch auf die neue Saison in der Champions League vor. Mit alten und neuen Stars. SPOX blickt hinter die Kulissen.
Was bisher geschah: Eines ist sicher: Die Meisterschaft Bursaspors hat eine neue Ära im türkischen Fußball eingeleitet. "Wir haben bewiesen, dass der Fußball in der Türkei nicht nur aus Besiktas, Fenerbahce und Galatasaray besteht", sagt Bursa-Trainer Ertugrul Saglam.
Die Freunde der Verschwörungstheorien, wonach sich die Istanbuler Klubs alle Rechte der Süper-Lig-Titel auf Ewigkeiten gesichert hätten, haben nach der grün-weißen Revolution einen Schlag ins Gesicht bekommen.
Der Istanbuler Fraktion hat Bursas Titel zwar nicht geschmeckt, da Bursaspor ein großes Stück vom Kuchen der TV-Gelder abbekommen hat, aber die Anerkennung ist dennoch groß: "Als ich vor der Saison versprochen habe, dass wir Meister werden, hatte ich Besiktas und Galatasaray im Visier. Aber nicht Bursa. Die haben einen tollen Job gemacht", so Fenerbahce-Präsident Aziz Yildirim.
"Man kann gar nicht beschreiben, wie groß der Erfolg Bursaspors ist", sagt auch Fenerbahces neuer Trainer Aykut Kocaman. Bursaspor ist zu Everbody's Darling aufgestiegen, wrid von allen Seiten ausnahmslos gelobt. Nur der Klub hat das Feiern schon eingestellt - erstaunlich früh.
Trainer Saglam beendete seinen wohlverdienten Urlaub schon nach wenigen Tagen und nahm an einem Fortbildungsseminar für Trainer teil. Der Vorstand um Präsident Ibrahim Yazici nahm sofort die Vorbereitung auf die neue Saison auf. Das Stadion wurde für die Champions League, für die sich Bursa direkt qualfiziert hat, hergerichtet. Auch am Trainingsplatz wurde geschraubt und gehämmert.
"Wir machen nichts für die Galerie, machen hier keine Show. Wir arbeiten hart, um Erfolg zu haben. Den Süper-Lig-Titel haben wir schon, aber das reicht uns nicht", so Präsident Yazici.
Kaderplanung: Es war ein ungeschriebenes Gesetz: Macht ein türkisches Talent auf sich aufmerksam, dauert es höchstens eine Saison, bis ihn ein Istanbuler Klub unter Vertrag nimmt. Auch hier hat Bursaspor für ein Novum gesorgt. Besiktas, Fenerbahce und Galatasaray haben im Werben um Sercan Yildirim und Volkan Sen inzwischen aufgegeben.
Dabei scheitern die Großklubs nicht nur am Veto des Klubs und an den hohen Ablöseforderungen, die im Fall Yildirim bei über zehn Millionen Euro liegen, sondern auch an den Spielern selbst. Sie wollen nicht weg von Bursa. "Ich fühle mich hier wohl, das ist meine Heimat. Wieso soll ich weg?", so Shootingstar Yildirim, "wenn, dann gehe ich sowieso ins Ausland."
Auch da gibt's zahlreiche Interessenten aus England und Spanien, aber das Duo wird, wenn kein Sensationsangebot eintrudelt, bei Bursaspor bleiben. Das gilt auch für Ozan Ipek, der in der vergangenen Saison ein wichtiger Leistungsträger war. Verlängert wurden die Verträge mit Torhüter Dimitar Ivankow und Kapitän Ömer Erdogan.
"Wir haben den Kader zusammengehalten und das ist der wichtigste Transfer für uns", sagt Präsident Yazici. Lediglich Tomas Zapotocny, der von Besiktas ausgeliehen war, hat den Klub verlassen. Doch den Weggang des Tschechen, der seinen Stammplatz ohnehin an Ibrahim Öztürk verloren hatte, wird Bursaspor verkraften.
Transferplanung: Die neue Rolle von Bursaspor im türkischen Fußball beweist die Situation auf dem Transfermarkt. Spieler, die der Klub einst für vergleichsweise niedrige Preise bekommen konnte, kosten jetzt um ein Vielfaches mehr.
Der Konkurrenz ist es bewusst, dass Bursaspor aufgrund der erhöhten TV-Gelder, Prämien und sicherer Champions-League-Teilnahme ein üppiges Budget zur Verfügung hat. Bursa macht beim Preistreiben nicht mit und konzentriert sich vornehmlich auf Spieler aus dem Ausland.
Ein Coup ist der Transfer von Gökcek Vederson. Der Allrounder auf der linken Seite kommt ablösefrei von Fenerbahce. Bursa nutzte die unklare Trainersituation bei Fener und schnappte sich den Mann, den auch Guus Hiddink für die türkische Nationalmannschaft im Visier hat. Auch zahlreiche andere Klubs wollten den Linksfuß haben.
Neuer Spielmacher bei Bursaspor ist Federico Insua. Der Argentinier, der einst auch für Borussia Mönchengladbach spielte, kam von den Boca Juniors. Da Trainer Saglam ein Systemwechsel mit einem Stürmer und einem Spielmacher dahinter erwägt, ist der Transfer ein wichtiger Schachzug.
Mit Damian Steinert kommt zudem als Backup ein weiterer Argentinier von Racing Club. "Wir wollen noch zwei Spieler holen, die uns wesentlich verstärken", sagt Trainer Saglam. Geplant ist die Verpflichtung eines Innenverteidigers und eines Stürmers.
Aussichten: In der neuen Saison wird für Bursaspor nicht nur die Belastung durch die Champions League größer, sondern auch der Druck. Die Öffentlichkeit und das Umfeld erwarten eine Bestätigung des Erfolgs. Bursa muss beweisen, dass die Meisterschaft keine Eintagsfliege war. Einfach wird es nicht, zumal Bursaspor von der Konkurrenz ernst genommen wird.
Vermeiden wollen die Krokodile vor allem einen Absturz, wie ihn Sivasspor erlebt hat. Nach Platz zwei im Jahr 2009, stürzte der Klub 2010 fast in die 2. Liga ab, schaffte den Klassenerhalt erst am letzten Spieltag.
"Wir wollen Sivas sicher nicht nachmachen, sondern konstant Erfolg haben", sagt Stürmerstar Sercan Yildirim, "wir wollen wieder Meister werden und in der Champions League eine Runde weiterkommen!"
Warum es wieder klappen kann, erklärt Kapitän Erdogan: "Wir haben den Kader zusammengehalten und sind aus dem Titelrausch schon längst wieder raus." Bursaspor startet den Angriff auf die nächste Sensation...
Kader, Infos, Ergebnisse: Bursaspor im Steckbrief