Shota Arveladze wurde als Trainer von Trabzonspor entlassen. Der Grund: Er soll mit dem Erzfeind des Präsidenten Essen gewesen sein. Doch zum einen liegt eine unfassbare Verwechslung vor und zum anderen darf Trabzonspors Präsident sein Amt derzeit gar nicht ausführen, weil er ein Schiedsrichter-Gespann in der Kabine einsperren ließ.
Es ist gar nicht so lange her, da sagte Shota Arveladze bei einem türkischen TV-Sender, dass er niemals ein Jobangebot bei Trabzonspor annehmen würde. "Ich liebe diesen Klub zu sehr. Und dabei soll es auch bleiben", sagte der Georgier damals, der mit kurzer Unterbrechung von 1993 bis 1997 für den türkischen Schwarzmeerklub stürmte und zum Idol einer Region wurde.
Hinter der Aussage aus dem März diesen Jahres steckt einiges, was auch der aktuelle Vorfall beweist.
Aber der Reihe nach: Da es Trabzonspor im Sommer mal wieder richtig schlecht ging und auch der fünfte Trainer des extrovertierten Präsidenten Ibrahim Haciosmanoglu nicht funktionieren wollte, musste eine Lösung her, die zum einen Erfolg versprach und Erfolg heißt bei Trabzonspor, Meister werden und dabei atemberaubenden Offensivfußball spielen. Zum anderen musste es eine Lösung sein, die die Fans lieben.
Wer war mit wem Essen?
Da alle anderen einstigen Publikumslieblinge des Klubs schon daran gescheitert waren, an ihre erfolgreiche Fußballerzeit anzuknüpfen und auch als Trainer die Trabzoner-Fans glücklich zu machen, musste Arveladze seinen Schwur brechen und übernahm im Sommer. Es gab abermals einen Umbruch, abermals inhaltlose Versprechungen, abermals sehr baldige Enttäuschungen.
Trabzonspor ist aktuell Zwölfter der Süper Lig, spielt unspektakulär, schlecht und wird eher von Eskapaden heimgesucht als von Erfolgserlebnissen. Dass Arveladze am Mittwoch urplötzlich entlassen wurde, hatte aber weniger mit der Ergebnismisere zu tun, sondern vielmehr mit einem Missverständnis, das irgendwie wie die Faust aufs Auge zu diesem Chaosklub in der Endlosschleife passt.
Der derzeit gesperrte Klub-Präsident Haciosmanoglu, der seinen Wohnsitz nicht in Trabzon, sondern in Istanbul hat, bekam von einem seiner unzähligen Informanten den Hinweis, dass Arveladze gerade in einem Restaurant mit Faruk Özak diniere. Mit dabei sei auch Hayrettin Hacisalihoglu.
Auch den Vater verwechselt
Özak? Der war einst langjähriger Klub-Präsident und Hacisalihoglu damals seine rechte Hand. Inzwischen ist Özak Politiker, mischt derzeit aber auch bei der anstehenden Präsidentschaftswahl bei Trabzonspor mit und ist als solcher ernsthafter Konkurrent von Haciosmanoglu. Ach was, sie sind sich sogar spinnefeind.
Was macht also der Trainer mit dem Hauptkonkurrenten beim Essen? Die Antwort: Nichts! Denn es war nicht Shota Arveladze, der mit Özak beim Essen war, sondern dessen Zwillingsbruder Archil.
Auch der spielte einst bei Trabzonspor, später auch mal beim 1. FC Köln, und Archil unterhält mit Özak ein Vater-Sohn-Verhältnis, weil der das Brüderpaar damals nach Trabzon holte. Man trifft sich gelegentlich, isst gemeinsam, tauscht alte Anekdoten aus. Und der vermeintliche Hacisalihoglu war nicht Hacisalihoglu, sondern der Vater der Arveladzes.
Als Trabzonspor-Präsident Haciosmanoglu am nächsten Tag eigens nach Trabzon reiste, um seinen Trainer zur Rede zu stellen, wollte er von der Wahrheit nichts wissen. Er sei zwar eingeladen gewesen, so Arveladze, er sei dieser aber nicht gefolgt. Er habe Beweise, sagte hingegen Haciosmanoglu laut "NTV", dass der Trainer da gewesen wäre. Dass Shota und Archil eineiige Zwillinge sind und daher identisch aussehen, hatte Haciosmanoglu wohl vergessen. Er feuerte nach diesem Gespräch seinen Trainer fristlos.
"Das Essen gab es. Ich war nicht da, mein Bruder schon. Und was, wenn ich da gewesen wäre? Darf ich nicht mal mit alten Freunden Essen gehen?", fragte Arveladze am Donnerstag via Medien. Er sehe den Vorgang aber nicht als Grund für die Entlassung, steht damit aber ziemlich alleine da.
Präsident ist eigentlich gesperrt
Ach ja: Rechtlich müsste noch geprüft werden, ob Haciosmanoglu überhaupt seinen Trainer entlassen darf, ist er aktuell doch für Monate gesperrt.
Hintergrund: Nach dem letzten Heimspiel Trabzonspors ließ der Noch-Präsident das Schiedsrichter-Gespann in deren Kabine einsperren, weil sie Trabzon (zugegeben) zwei klare Elfmeter nicht zusprachen und es nur beim 2:2 gegen Gaziantepspor blieb. "Zeigt Ihnen unsere Gastfreundschaft, gibt ihnen Essen und Trinken, bis ich komme", sagte Haciosmanoglu nach eigenen Angaben seinem Personal, das natürlich gehorchte.
Da der Verband Haciosmanoglu jegliche Amtsausübungen untersagte, könnte Arveladze seine Entlassung anfechten. Ob er aber das tut, darf sicher bezweifelt werden.
Trabzonspor im Steckbrief