Das hatte noch gefehlt. Ein Freund von Mostafa Mohamed ist in Ägypten von der Polizei festgenommen worden, nachdem er am Höheren Institut für Management und Informationstechnologie in Gizeh die Halbjahresprüfung im Namen des Stürmers von Galatasaray geschrieben haben soll.
Aufgefallen war dies, nachdem sein Name auf den Prüfungsunterlagen aufgetaucht war, obwohl sich der 24-Jährige eigentlich gerade mit der Nationalmannschaft beim Afrika Cup in Kamerun befindet. Mohamed studiert Informationstechnologie und muss jetzt wohl juristische Konsequenzen befürchten, weil er beim Schummeln erwischt worden ist.
Hört man in die Anhängerschaft bei Galatasaray hinein, wundert man sich nicht. Es ist die nächste Episode einer bisher katastrophalen Saison. Dass jetzt der Stürmer vielleicht weit weg hinter Gittern muss, würde einfach nur passen. Ein Stürmer, den Galatasaray aktuell ganz gut gebrauchen könnte, ist man nach 23 Spieltagen der türkischen Süper Lig drei Punkte weg von einem Abstiegsplatz.
Nur ein Sieg seit Oktober: Fatih Terim musste gehen
Es ist jetzt schon die schlechteste Saison in der Historie eines stolzen Klubs mit 22 Meistertiteln, einem UEFA-Pokalsieg und einem europäischen Supercup-Sieg. Noch nie hatte man zu diesem Zeitpunkt der Saison so viele Spiele verloren, noch nie hatte man so wenige Punkte, noch nie steckte man im Abstiegskampf. Seit Oktober hat Galatasaray nur ein einziges Ligaspiel gewonnen - ein Desaster.
Eigentlich ist es ein völlig normaler Vorgang, dass so eine Misere am Trainer festgemacht wird und tatsächlich hat Galatasaray den Trainer auch entlassen, allerdings zog diese Entscheidung einen Sturm der Entrüstung nach sich. Denn der Trainer war Fatih Terim, der das ist, was man heute viel zu häufig als lebende Legende bezeichnet.
Zum vierten Mal war er als Trainer gekommen - doch nach zwei Jahren ohne Meistertitel, was für Terim-Verhältnisse ganz schön lang ist, leitete er im Sommer eine Verjüngungskur des gesamten Kaders ein. SPOX nannte den Vorgang noch im Dezember "die letzte Eroberung des Imperators".
Guardiolas Co-Trainer soll Galatasaray retten
Doch nun wurde der Imperator gestürzt. Von seinem engen Vertrauten Burak Elmas, den er laut Meinung vieler Galatasaray-Kenner im Sommer zum Präsidenten des Klubs machte, weil er diesem nahesteht und damals durchblicken ließ, nur mit Elmas weiterzumachen. Auch Elmas knüpfte sein Schicksal an das von Terim. Mit Elmas' Schwiegervater Faruk Süren wurde Terim 2000 UEFA-Pokalsieger und viermal in Folge Meister.
Elmas, damals Vorstandsmitglied, erinnerte sich an die glorreiche Zeit und vertraute Terim. Doch Anfang Januar erfolgte die Trennung. "Es gab genug Fakten auf der Hand, diese Entscheidung zu treffen", sagte Elmas am Dienstag in einer TV-Sendung. Immer wieder propagierte er, dass man im Guten auseinandergegangen sei.
Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Der Moderator einer TV-Sendung vom Dienstag, selbst langjähriges Galatasaray-Mitglied und Vorstandsmitglied, konfrontierte Elmas mit Aussagen Terims aus dessen Umfeld, wonach sich der Imperator "verraten" fühle.
Elmas versuchte dem Vorwurf zu entgehen, um später doch indirekt darauf zu antworten. Stimmen die Informationen aus sonst gut unterrichteten Kreisen, hatte Galatasaray mit Terims Nachfolger Domenec Torrent schon länger Kontakt. Der Spanier, der lange Zeit Pep Guardiola als Assistent zur Seite stand und auch beim FC Bayern arbeitete, war zunächst als Assistent angedacht.
Galatasaray: Proteste nach Niederlage gegen Trabzonspor
Eine entsprechende Idee, die der Vorstand beim mächtigen Trainer vorgetragen hatte, wimmelte Terim allerdings ab. Noch am Abend der Entlassung Terims landete Torrent samt Trainerteam in Istanbul, um die Nachfolge des Imperators anzutreten. Die Aussage von Elmas, wonach er "bis zum Schluss an Terim festgehalten" habe, scheint also so nicht ganz zu stimmen und stößt bei den Anhängern des Klubs auf großen Unmut.
Dass Torrent trotz Führung jedes seiner drei Liga-Spiele verlor, macht die Lage nur noch dramatischer. Nach dem 1:2 gegen Tabellenführer Trabzonspor versammelten sich hunderte Fans vor dem VIP-Eingang des Nef-Stadions und skandierten den Rücktritt des Vorstands. In den sozialen Medien ist die Wut groß. Elmas erzählt, dass er und seine Familie wüste Beleidigungen über sich ergehen lassen müssen.
Ob er Angst vor dem Abstieg habe? "Nein, das wird nicht passieren", sagte Elmas. Doch die Auftritte Galatasarays seit dem Herbst lassen nicht erahnen, woher Elmas seine Zuversicht nimmt. Die im Sommer verjüngte Mannschaft ist verunsichert und erstickt förmlich am Druck des Misserfolgs. Es ist fast schon unfassbar, wie viele individuelle Fehler für Niederlagen sorgten. Wie zuletzt Taylan Antalyali gegen Trabzonspor.
Präsident Elmas: "Die Zukunft von Galatasaray ist in Gefahr"
In den nächsten Tagen will Galatasaray auf dem Transfermarkt aktiv werden. Das Interesse an einer kurzfristigen Rückkehr von Bafetimbi Gomis, dessen Vertrag in Saudi-Arabien bei Al-Hilal aufgelöst wurde, bestätigte Präsident Elmas. Nach Informationen von SPOX und GOAL sind die Gehaltsvorstellungen des Angreifers, der in der Saison 2017/18 29 Tore in in 34 Spielen für Galatasaray erzielte, noch zu hoch.
Im Gespräch ist auch ein Interesse an Stuttgarts Orel Mangala und Benficas Gedson Fernandes, der in der vergangenen Rückserie für Galatasaray ein halbes Jahr spielte und nun wieder ausgeliehen werden soll. Große Sprünge kann Galatasaray nicht machen. Erst im Sommer investierte man knapp 30 Millionen Euro.
Um die ohnehin hohen Schulden von fast 300 Millionen Euro unter Kontrolle zu bringen, einigte sich Galatasaray - wie die anderen Istanbuler Topklubs - mit einer Bankvereinigung auf einen Kredit, der aber viele Bedingungen und Auflagen mit sich brachte. Die Rückzahlung beginnt noch in diesem Jahr. "Wenn wir nicht die entsprechenden Maßnahmen ergreifen, ist die Zukunft von Galatasaray in großer Gefahr." Sprich: Der Bankrott droht. Wirtschaftlich - und blickt man auf die Tabelle: auch sportlich.