Simon Rolfes über ...
... störende Berater: "Wenn ich schlafe, dann schlafe ich. Dafür gibt es ja auch die Lautlos-Taste. Es gibt natürlich viele WhatsApp-Nachrichten und E-Mails, mit denen Spieler angeboten werden. Aber wir versuchen mit unseren Scouting-Abteilung den Markt schon zu scannen und zu schauen, wo die besten Spieler zu bekommen sind und uns um diese Spieler zu bemühen. Von daher kann ich das Handy ruhig mal auf lautlos lassen."
... seinen Plan nach dem Karriereende: "Beim langfristigen Plan war klar, dass es ins Management geht. Aber der Weg dahin hatte viele Facetten. Ich habe im Fernsehen für das ZDF gearbeitet und habe bei der Uefa einen Master für Fußballmanagement für ehemalige Nationalspieler absolviert. Ich habe geschaut, welche Randaspekte des Fußballs ich als Spieler nicht so erlebt habe, um diese auch von einer anderen Seite kennenzulernen. Und da war es schon spannend, für die Medien zu arbeiten."
... den Wunsch, nicht noch lieber Spieler zu sein: "In der Kabine war es immer ein entspanntes und lustiges Leben. Die Arbeit auf dem Platz, der ganze Tag, da habe ich dann irgendwann gemerkt, dass ein 18-Jähriger schneller fit wird, deutlich schneller regeneriert. Und dann ist das manchmal ein hartes Brot, wenn man älter wird. Man merkt dann schnell mal, dass man an seine körperlichen Grenzen kommt. Von daher fehlt mir das nicht. Um auf Champions-League-Niveau zu spielen, muss man 24 Stunden Profi sein."
... seine Erfahrungen als TV-Experte: "Es war schon schwierig, ein Spiel in 90 Sekunden zu erklären. So lange ist meist ein Slot, wenn man Glück hat vielleicht zweieinhalb Minuten. In dieser Zeit Inhalt rüberzubringen und ein Fußballspiel zu analysieren, ist nicht so einfach."
... die Inhalte seines Masterstudium bei der UEFA: "Alle Aspekte rund ums Management im Fußball. Wie baut man zum Beispiel ein Stadion und welche Rolle spielen die Aspekte der Vermarktung? Dann natürlich Transfers mit allen Regularien und Besonderheiten. Zu dem Zeitpunkt damals war gerade das Third-Party-Ownership, also der Einfluss einer Drittpartei an den Rechten der Spieler, aktuell. In Deutschland wird das nicht gern gesehen, aber kleinere Länder sagten, dass sie ohne diese Investoren keine Transfers tätigen können. Diese Abläufe mal mit einer anderen Brille zu sehen, war sehr interessant. Davon profitiert man sehr. Es waren viele Themenschwerpunkte."
Rolfes über Spielertransfers: "Manche Transfers dauern nur zwei Tage"
... die Reisen während des Studium, die einer Klassenfahrt glichen: "Ja, das kann man so sagen (lacht). Es waren insgesamt sieben Wochen-Seminare. Zum Beispiel in New York, wo wir die MLS und den Transfer-Draft kennengelernt haben. Wir waren 24 ehemalige Spieler, also in etwa die Kadergröße einer Mannschaft. Da kam so ein bisschen ein Spieler-Gefühl auf. Von daher haben wir heute noch guten Kontakt und haben auch einen Alumnus gegründet. Aktuell läuft der dritte Jahrgang, in dem mit Clemens Fritz und Rene Adler wieder zwei Deutsche dabei sind."
... den Mannschaftsgeist in Managern: "Es ist schon viel Teamchemie vorhanden. Aber jeder hat eine klare Vorstellung, wie wir uns verbessern müssen oder welcher Transfer in Frage kommt, damit wir erfolgreicher sein können. Das regt die Diskussion immer wieder an. Egoismus finde ich dafür nicht negativ, da eine starke Meinung hilft, um in einer Entscheidung nach vorne zu kommen. Aber am Ende stehen wir bei jeder Entscheidung dahinter. Und das ist bei uns 100 Prozent der Fall."
... die vielen Perspektiven seiner Karriere: "Es hilft sehr. Zum Beispiel bei den Medien die Bedürfnisse oder vielleicht auch Not zu erkennen, dass ein Journalist etwas liefern muss. Oder auch am Verhandlungstisch mit Spielern und Beratern zu verhandeln."
... die Vertragsverlängerung mit Peter Bosz: "Jede Verhandlung ist unterschiedlich. Bei Peter haben wir ihm klar gesagt, dass wir zufrieden sind, weil wir bei Bayer 04 für offensiven Fußball stehen und Talente entwickeln wollen. Das passt zu seiner Arbeit und ist eine gute Kombination. Wir waren in 2019 ja auch erfolgreich. Peter hat im Gegenzug erklärt, dass er die Professionalität und die ganzen Rahmenbedingungen im Verein schätzt, und dass er sich rundherum wohlfühlt. Die sportlichen Aspekte sind aber immer die Grundlage für solche Verhandlungen."
... die Dauer eines Spielertransfers: "Wir haben zum Beispiel schon im vergangenen Winter Kontakt zum Berater von Exequiel Palacios aufgenommen. Der war damals schon ein Thema, aber da ging es nicht, weil er in Kontakt zu Real Madrid stand. Dann hat er sich leider das Wadenbein gebrochen und der Wechsel kam nicht zustande. Wir haben seine Genesung weiter verfolgt und haben nun die Chance genutzt, den Transfer zu tätigen. Das ist ein Beispiel, bei dem man sehr lange Kontakt pflegt. Und auf einmal geht es recht schnell, weil sich eine Tür geöffnet hat. Andere Transfers dauern vielleicht insgesamt nur zwei Tage. Das kommt immer auf die Konstellation an."
Rolfes: "Wenn wir Spieler abgeben, dann nur in die absolute Weltspitze"
... seine Verhandlungskünste: "Ja, das gehört dazu. Aber es kommt sicherlich auf die verschiedenen Kulturen an. Und auf die Berater. Manche sind sehr professionell und wissen, in welchem Bereich ihre Spieler mit ihrer Qualität verdienen können. Mal ist es einfacher, mal komplizierter. Wir haben von uns aus aber ein sehr klares Bild, wie wir eine Verhandlung gestalten."
... die Werte von Verträgen: "Das hängt mit der Entwicklung der Ablösesummen zusammen, die sehr viel höher geworden sind. Der Mechanismus, mit guten Spielern frühzeitig zu verlängern, ist deshalb ein ganz normaler Vorgang. Es geht ja schließlich auch darum, Ablösesummen zu generieren."
... ob Spieler nun häufiger einen Wechsel erzwingen würden : "Nein, das glaube ich nicht. Solche Fälle gab es früher auch schon. Jeder Spieler hat auch das Interesse, seinen Marktwert zu steigern."
... Vereine, die Star-Spieler auf die Tribüne setzen könnten: "Innerhalb eines Teams ist das relativ einfach. Wenn ein Spieler einer Mannschaft durch seine Leistung häufig hilft, werden Kleinigkeiten auch häufiger mal verziehen. Wenn er nicht so viel leistet, dann ist das nicht der Fall. Entscheidend ist, bei der Teamzusammenstellung auf den Charakter zu achten. Geht man vielleicht ein Risiko ein, wenn es ein Spielertyp ist, der für Extravaganzen bekannt ist?"
... Planungsschwierigkeiten: "Nein, es war schon vor zehn Jahren normal, dass Top-Spieler oder Spieler, die wir zu Top-Spielern entwickeln, den Sprung in die absolute Weltklasse machen. Das ist eine Qualität von Bayer 04. Das ist ein Grund, warum Moussa Diaby von Paris Saint-Germain zu uns kommt, weil er weiß, dass er bei uns die Chance hat, zum absoluten Top-Spieler zu reifen. Am Ende bin ich stolz, wenn Dani Carvajal oder Toni Kroos ein paar Mal die Champions League mit Real Madrid gewonnen haben. Solche Abgänge kalkulieren wir in die langfristige Kaderplanung mit ein."
... den Status von Bayer Leverkusen als Durchgangsverein: "Wenn wir Spieler abgeben, dann nur in die absolute Weltspitze. Und es gibt auf der Welt nur sechs, sieben Vereine, die in der Position sind, Spieler nicht zwingend verkaufen zu müssen. In Deutschland ist das nur der FC Bayern München. Ich möchte ja auch Spieler haben, die ambitioniert sind und ganz nach oben wollen. Die haben dann auch die richtige Einstellung, um bei uns erfolgreich zu sein. Deshalb habe ich damit kein Problem."
Simon Rolfes: "Ich versuche, einen engen Draht zu den Spielern zu haben"
... Entscheidungen von Transfers: "Bei Transfers entscheiden final Rudi Völler und ich, wir nehmen aber Trainer Peter Bosz mit ins Boot. Peter hat einfach nicht die Zeit, sich jeden Spieler vier, fünfmal anzuschauen. Von daher liegt das bei Rudi und mir und unseren Scouts, die sich permanent damit beschäftigen."
... das Durchsetzen gegen Rudi Völler: "Wenn er gegen einen Transfer ist, dann wird er dafür Gründe haben. Und das wird er in der Diskussion vertreten. Mit Rudi ist es das aber sehr angenehm, weil wir immer inhaltlich diskutieren, ob ein Spieler zu uns passt oder nicht."
... den Austausch unter Sportdirektoren: "Der ist sehr gut. Der DFB hat vor kurzem zum Beispiel eine Reise ins Silicon Valley organisiert und wir haben dort interessante Ansichten kennengelernt. Es ist ein gutes Miteinander."
... ein Vorbild als Sportdirektor: "Ich habe nicht das eine Vorbild. Aber in unserer Branche war Uli Hoeneß sicherlich einer, der das Management auf ein neues Niveau gehoben hat. Rudi ist seit 20 Jahren dabei und ist erfolgreich. Da schaue ich mir viel von ab. Aber jeder muss seine eigenen Fußabdrücke hinterlassen. Ich versuche, von erfahrenen Leuten zu lernen."
... Kontakt zu Spielern: "Ich bin häufig beim Training und gehe auch in die Kabine. Wenn es ein wichtiges Thema gibt, setze ich mich in Ruhe mit den Spielern hin und quatsche eine Stunde mit ihnen. Gerade beim Training kann man genau erkennen wie gerade die Stimmung und die Gruppendynamik in der Mannschaft ist. Das finde ich extrem spannend. Der direkte Kontakt ist besonders wichtig. Wie geht es dem Spieler, wo will er hin oder ist er vielleicht gerade unzufrieden? Ich versuche, einen engen Draht zu den Spielern zu haben."
... das finale Scouting eines Spielers: "Viele Informationen sind wichtig. Da es nicht mehr viele öffentliche Einheiten gibt, ist das beim Training aber schwierig. Deshalb versuchen wir es bei allen möglichen Leuten, die diesen Spieler begleitet haben. Das kann zum Beispiel ein Jugendtrainer sein. Da ist aber auch der direkte Kontakt zum Spieler, wie verhält er sich im privaten Umfeld und wie verhält er sich der Familie gegenüber."