SPOX: Ihren Vertrag bis zum Jahr 2005 konnten Sie letztlich dennoch nicht erfüllen. Er wurde nach der Saison 2003/2004 aufgelöst. Welche Erinnerungen haben Sie an die Gespräche?
Hitzfeld: Es war ein offener und ehrlicher Umgang. Wir wurden nur Zweiter - dann muss man beim FC Bayern damit rechnen, entlassen zu werden. Uli hat mich zu sich nach Hause zum Essen eingeladen und ganz ruhig erklärt, dass man sich von mir trennen möchte. Es war eine ehrliche Meinung, die ich nach sechs langen Jahren auch nicht falsch verstanden habe. Für mich war es in dem Moment auch eine Erleichterung, weil ich selbst nicht die Kraft hatte, aufzuhören. Ich war ausgelaugt und hatte ein Burnout. Deshalb habe ich anschließend auch zweieinhalb Jahre Pause gemacht.
SPOX: Es sagt viel über Ihr persönliches Verhältnis aus, dass Sie ohne Zögern im Februar 2007 auf die FCB-Trainerbank zurückkehrten, als Uli Hoeneß Sie anrief.
Hitzfeld: Man sieht daran, dass wir Vertrauen zueinander haben. Die Trennung hat keine Spuren hinterlassen. Ich hatte zwar nicht geplant, wieder zurück zu gehen, aber als Uli Hoeneß am 31. Januar anrief ...
SPOX: ... wusste er wieder, was er sagen musste?
Hitzfeld: Natürlich! (lacht) "Würdest du uns helfen?", fragte er. Das war eine kluge Formulierung, da kann man ja nicht nein sagen.
SPOX: Sie blieben noch einmal fast anderthalb Jahre bis zum Sommer 2008. Wie regelmäßig hatten Sie danach noch Kontakt zu Hoeneß?
Hitzfeld: Wir haben immer mal telefoniert und uns ab und zu getroffen. Der Kontakt ist nie abgebrochen.
SPOX: Wie haben Sie da im Januar 2013 seine Selbstanzeige aufgenommen?
Hitzfeld: Das war eine ganz schwierige Zeit, als alles an die Öffentlichkeit gelang. Das hat ihn sehr getroffen - und natürlich auch alle, die ihm nahe standen. Ich hatte auch großes Mitgefühl, denn es kam die schwerste Zeit seines Lebens auf ihn zu. Das hat ihn deutlich mitgenommen.
SPOX: Als außenstehender Beobachter schien man ihm das ansehen zu können.
Hitzfeld: Das würde jeden hart treffen. Jeder hätte Probleme, mit so einer Situation umzugehen, wenn man öffentlich an den Pranger gestellt wird. Er hat den Fehler zugegeben und sich gestellt, was ich als sportliche Reaktion empfinde.
SPOX: Sie haben ihn einige Male in der JVA Landsberg besucht. Wie wirkte er dort auf Sie?
Hitzfeld: Das war für ihn eine schwere Zeit. Mit dem Dasein in der JVA hat er auch mal gehadert, was aber jeder Mensch nachvollziehen kann. Wenn man plötzlich hinter Gitter muss, verändert man sich auch. Uli wurde nachdenklicher. Die Verurteilung hat ihn ins Herz getroffen. So eine Situation muss man erst einmal verarbeiten. Ich war aber immer überzeugt, dass er dort wieder gestärkt herauskommt. Er ist eine Kämpfernatur und lässt sich nicht unterkriegen. Ich habe das Gefühl, er ist jetzt schon wieder der Alte.
SPOX: Also wird beim FC Bayern auch die "Abteilung Attacke" wieder reaktiviert?
Hitzfeld: Ich hoffe schon, dass sich Uli ab und zu mal wieder zu Wort meldet. Es wäre schade, wenn er sich nicht positionieren würde. Er weiß damit den Trainer zu entlasten und vielleicht auch mal von sportlichen Problemen abzulenken.
SPOX: Dann ist der Zeitpunkt der Rückkehr nach dem sportlichen Durchhänger in Dortmund womöglich genau der richtige.
Hitzfeld: Ja, das kann auf jeden Fall eine große Signalwirkung für die Mannschaft haben. Er wird mit alter Stärke noch einmal die Zielsetzung verkünden. Uli wird das bayrische Selbstbewusstsein aufrechterhalten.
SPOX: Erwarten Sie sich genau das auch von seiner Antrittsrede? Er will sie wie gewohnt ohne Manuskript frei halten.
Hitzfeld: Es wird sehr emotional werden und Uli wird Standing Ovations erhalten. Er wird der Bundesliga den Kampf ansagen und klar machen, dass Bayern auch zukünftig die Nummer eins ist. Ich bin sicher, Uli findet die richtigen Worte.
SPOX: Im kicker sagte Hoeneß am Montag, er wolle sich "nicht sieben Tage die Woche 24 Stunden lang" in die Klubzentrale an der Säbener Straße setzen. Wie schwer wird es ihm fallen, das Wort zu halten?
Hitzfeld: Ich glaube, dass er für sich das richtige Maß findet. Er wird sich auch mal zurückziehen, schließlich ist es eine seiner Stärken, zu delegieren. Er bringt seinen Mitarbeitern viel Vertrauen entgegen und kann Aufgaben auf mehrere Schultern verteilen.
SPOX: Das heißt, er kann das Treiben auch mal entspannt von der Couch aus verfolgen?
Hitzfeld: Das vielleicht nicht, mehr als einen Tag wird er sich in der Woche wohl nicht rausnehmen. (lacht) Und selbst an dem Tag wird er immer informiert sein. Alles wird über Uli laufen.