Das Problem heißt Donald Trump. Dass der US-Präsident in dieser Woche erneut seine Pläne für den Mauerbau an der Grenze zu Mexiko vorgestellt hat, dürfte die Fußballchefs auf beiden Seiten des Rio Grande zur Verzweiflung gebracht haben.
Als müsste der Verbund aus den USA, Mexiko und Kanada nicht ohnehin schon um den Zuschlag für die "Mega-WM" im Jahr 2026 bangen, wirft Trump den Bewerbern immer neue Knüppel zwischen die Beine.
Auch Chicago zieht Bewerbung zurück
"Will derzeit irgendjemand auf der Welt den USA etwas Gutes tun?", fragte ESPN zuletzt mit Blick auf die WM-Vergabe im Zusammenhang mit der fragwürdigen Politik des US-Präsidenten. Dann listete der US-Sender jede Menge Gründe auf, die dafür sprechen, dass die Nordamerikaner die Wahl beim FIFA-Kongress am 13. Juni in Moskau verlieren werden.
Am Donnerstag kam ein weiterer hinzu. Nach Vancouver zog auch Chicago, Sitz des US-Verbandes, seine Bewerbung als Spielort zurück.
Nicht nur das, es hagelte dabei Kritik an der FIFA: Zu viel Unsicherheit, Risiko für den Steuerzahler und keine Flexibilität sowie Verhandlungswillen aufseiten des Weltverbandes. Alles Dinge, die das Standing der Bewerber nicht verbessern werden.
Marokkos Chancen werden größer
Ohnehin soll laut ESPN Marokko am Tag vor dem Anpfiff der WM-Endrunde in Russland (14. Juni bis 15. Juli) die komplette Unterstützung aus Afrika (54 Verbände) erhalten. Zudem werden Teile Asiens (46) und Südamerikas (10) für die Nordafrikaner stimmen.
Damit ist es nicht mehr weit bis zur erforderlichen Mehrheit, die bei 104 Stimmen liegt. Eigentlich wären es angesichts von 211 FIFA-Mitgliedern 106 Stimmen, doch die vier Bewerber und das suspendierte Guatemala dürfen nicht abstimmen.
Wie nervös die Nordamerikaner sind, zeigte sich in der vergangenen Woche. Bewerbungsboss Sunil Gulati (Ex-Chef des US-Verbands USSF) wurde durch die drei Verbandspräsidenten ersetzt, um mehr Einigkeit zu signalisieren.
Die drei fungieren nun als gleichberechtigte Co-Chefs, obwohl die USA 60 der 80 Spiele austragen wollen. Mexiko und Kanada sind bei der ersten Endrunde mit 48 Teilnehmern für jeweils zehn Partien vorgesehen.
FIFA-Mitglieder sind gegen Trump
Zuvor hatte Gulati erklärt, dass die großen Vorteile der Nordamerikaner bei der Infrastruktur nicht ausreichen werden: "Bei der Entscheidung werden viele Dinge eine Rolle spielen."
Zu diesen Dingen gehört die Aversion vieler FIFA-Mitglieder gegen Trump. Erst wegen seines Einreiseverbots für Bürger aus sechs vorrangig muslimischen Ländern, dann aufgrund seiner Diffamierung armer Nationen ("Shithole Countries").
Bei ihren Bewerbungstouren durch die Welt wird die nordamerikanische Delegation schon lange nicht mehr nach Stadien oder Hotels gefragt. Es geht vielmehr darum, ob die USA Fremde überhaupt willkommen heißen werden - ganz abgesehen von der (Un-)Sicherheitslage in Mexiko.
Dazu kommen noch andere Nachteile für die Nordamerikaner. So ist das harte Durchgreifen des US-Justiz gegen korrupte Ex-Funktionäre den Südamerikanern ein Dorn im Auge. Auch die Zeitzone spielt eine Rolle. Marokko liegt in derselben Zone wie England - was bei vier Spielen pro Tag nicht ganz unwichtig für den größten TV-Markt (Europa) ist.
Vollversammlung wird erstmals wählen
Diese Gemengelage sorgt dafür, dass sich die Marokkaner die Hände reiben - trotz der Fragezeichen hinter der Infrastruktur und den Menschenrechten. "Zu unseren Stärken gehört unsere Lage. 16 Europäer und 9 Afrikaner werden dabei sein - alle in derselben Zeitzone", sagte Marokkos Bewerbungschef Hicham El Amrani: "Und in Europa wird über die Hälfte des weltweiten Umsatzes gemacht."
Und so sehen die Marokkaner, die schon viermal mit einer Bewerbung gescheitert sind (trotz Bestechungsversuchen), dem Besuch der FIFA-Inspektoren im April gelassen entgegen. Am 6. Juni werden die Bewerbungen dem Council vorgestellt. Das Gremium entscheidet dann über die Zulassung zur Abstimmung.
Als Folge der Korruptionsvorwürfe rund um die vergangenen Vergaben durch das frühere Exekutivkomitee wird erstmals die Vollversammlung wählen.