Muss sich die Sportart auch im Jahr 2010 noch mit regelmäßigen Fehlentscheidungen abfinden? Schließlich existiert die entsprechende Technologie bereits. An sich stünde der sportlichen Wahrheitsfindung insofern nichts im Wege.
Bevor ich mich aber mit den verschiedenen Möglichkeiten auseinandersetze, ist es wichtig, eine Sache festzuhalten: Dass Frank Lampards Tor gegen die Deutschen nicht gegeben wurde, hat in keiner Form über den Ausgang des Spiels entschieden.
Die Three Lions haben sich von dieser WM verabschiedet, weil sie ihr Achtelfinalgegner förmlich auseinander genommen hat. Wäre das Tor anerkannt worden, hätte das Ergebnis zwar eine etwas versöhnlichere Form angenommen, verloren hätte man mit Sicherheit dennoch.
Blatter: Drei Gründe gegen Torlinientechnologie
Zurück zum Thema: Wie ließen sich derartige Fehlentscheidungen im Fußball zukünftig vermeiden? Erst vor kurzem hatte ich die Gelegenheit, mich mit FIFA-Präsident Sepp Blatter über diverse Themen zu unterhalten. Bestandteil dieses Gesprächs war auch die Torlinientechnologie. Laut Blatter gibt es drei Gründe dafür, weiterhin von einem Einsatz abzusehen.
1. Die Cairos-Technologie von Adidas, auch als Chip im Ball" bekannt, ist zu teuer. Um die Verlässlichkeit der entsprechenden Sensoren zu gewährleisten, müsste der gesamte Spieldfeldrand mit Antennen ausgestattet werden. Hinzu kommt, dass Adidas weiterhin der einzige Anbieter dieses Systems ist. Somit könnte es auch nur in Wettbewerben eingesetzt werden, in denen mit Bällen des Herzogenauracher Unternehmens gespielt wird.
2. Das Hawkeye-System - dabei werden anhand der Aufnahmen mehrerer um das Spielfeld positionierter Kameras die Flugbahn des Balls und die Geschehnisse auf dem Rasen in einer 3D-Ansicht nachgestellt - verfügt über keine durchgängige Abdeckung. Sind die Aktionen im Aufzeichnungsbereich einer Kamera zum Beispiel durch einen der Akteure verstellt, sind unter Umständen auch keine schlüssigen Aufnahmen möglich.
3. Ob bei Spielen im Amateurbereich oder beim Aufeinandertreffen internationaler Top-Teams, die Regeln sollten identisch, die Statuten dieselben sein, so Blatter.
Spezialtechnologie nur bei wichtigen Turnieren
Ich hingegen meine, dass eine Differenzierung hier durchaus angebracht ist. Bei einer WM oder in der Champions League etwa sollten die Schiedsrichter definitiv über entsprechende Möglichkeiten verfügen, um potenziell spielentscheidende Situationen korrekt beurteilen zu können.
Die Hawkeye-Videotechnologie wird man angesichts der oben genannten Schwächen und der Abneigung von FIFA und UEFA für den Moment außen vor lassen müssen. Wäre es aber nicht möglich, die großen Ballhersteller an einen Tisch zu bringen?
In diesem Rahmen könnte man Cairos durch einen entsprechenden Deal mit Adidas zumindest bei großen Turnieren und in wichtigen Spielen verfügbar machen. Die kleineren Verbände könnten sich die Technologie womöglich nach wie vor nicht leisten, ein Anfang wäre damit jedoch immerhin getan.
Entscheidende Beschlüsse sind auch nach dem Fauxpas vom Sonntag leider nicht zu erwarten. Einen kleinen Schritt hat die FIFA jedoch getan, indem sie allen Verbänden den Einsatz von fünf Offiziellen bei jedem Spiel nahegelegt hat.
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Pedro Pinto ist Sports-Anchor bei CNN International in London. Gemeinsam mit dem CNN World Sport-Team berichtet der gebürtige Portugiese von Sportereignissen auf der ganzen Welt. Vor seiner Tätigkeit bei CNN in London arbeitete er im Hauptquartier des Senders in Atlanta und moderierte in seiner Heimat Portugal mehrere Sportsendungen. Im Laufe seiner Karriere hat Pinto zahlreiche Sport-Stars wie Cristiano Ronaldo, Lionel Messi, Roger Federer, Gianluigi "Gigi" Buffon oder die Fußballlegende Pele interviewt. Für CNN International übernimmt Pinto die Berichterstattung über die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika (www.cnn.com/worldcup).