Vor rund 35.000 Zuschauer im Mbombela-Stadion in Nelspruit brachte Shane Smeltz den krassen Außenseiter früh in Führung (7.). Vincenzo Iaquinta glich per Foulelfmeter zum 1:1 aus (29.), Tommy Smith hatte Daniele De Rossi im Strafraum am Trikot gezogen.
Italien und Neuseeland liegen damit mit zwei Punkten auf Platz zwei der Gruppe F, Paraguay liegt mit vier Zählern in Front. Im letzten Spiel trifft Italien auf die Slowakei.
Nachbetrachtung:
Lippi hatte von seinen Mannen vor der Partie gefordert, schnell und mit dem Ball am Boden zu spielen. Beide Vorgaben setzten die Azzurri nicht um. Immer wieder fehlte das Tempo, die spielerischen Mängel sind unverkennbar. "Das war ein Flop, jetzt wird es eng", titelte die "Gazzetta dello Sport" nach dem Schlusspfiff.
Die Rufe nach Pirlo werden nach dieser Partie immer lauter werden, wenn es nur irgendwie geht, wird Lippi den Milan-Taktgeber im entscheidenden Spiel gegen die Slowaken bringen.
Eine Sache dürfte Lippi dann doch noch Mut machen: Die zwei Gegentore entstanden aus den zwei einzigen Schüssen aufs Tor des Weltmeisters. Keeper Marchetti musste in drei Halbzeiten noch keinen einzigen Ball halten. Jetzt müssen aber Tore her. Für die sollte gegen die Slowakei Pazzini sorgen, denn Gilardino dürfte mit seinem zweiten blutleeren Auftritt all seine Karten verspielt haben.
Die Neuseeländer unterstrichen auch in ihrem zweiten Spiel, wie weit man es mit Einsatz und Leidenschaft bringen kann. Mit dieser Einstellung und ein paar gut getretenen Standards ist auch gegen Paraguay etwas möglich, denn hinten sind die Kiwis nur schwer zu knacken. Youngster Wood hätte sich in der Offensive einen Platz von Anfang an verdient. Allerdings wird Coach Herbert wohl auch gegen Paraguay auf die körperlich starken Offensivspieler setzen. Paraguays Innenverteidiger haben gezeigt, dass es quirlige Stürmer wie Sestak und Vittek sehr schwer gegen sie haben.
Reaktionen
Ryan Nelsen (Neuseelands Kapitän): "Es ist unglaublich. Ich bin absolut sprachlos. Wir erholen uns jetzt und dann machen wir das nochmal. Der Elfmeter war lächerlich."
Ricki Herbert (Neuseelands Trainer): "Ich bin einfach nur sehr, sehr stolz."
Marcello Lippi (Italiens Trainer): "Es war ein Spiel, das wir hätten gewinnen müssen. Wir hatten kein Glück, aber wir haben auch nichts Großartiges geleistet. Das lag nicht an fehlendem Willen, aber die geistige Frische hat uns schon gefehlt. Die Jungs wissen, dass sie besser spielen können"
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Anpfiff: Lippi vertraut mit Ausnahme von Marchetti, der den verletzten Buffon ersetzt, den selben Spielern wie im Auftaktspiel. Die Taktik änderst sich allerdings: Iaquinta geht neben Gilardino in die Spitze, Marchisio spielt links im Mittelfeld - ein klassisches 4-4-2. Neuseeland ändert weder Taktik noch Akteure.
7., 0:1, Smeltz: Freistoßflanke von halb-links auf den Elfmeterpunkt. Reid kommt zum Kopfball und bringt den Ball Richtung Tor. Cannavaro verlängert unglücklich mit dem Oberschenkel und Smeltz spitzelt aus leichter Abseitsposition aus zwei Metern den Ball über die Linie.
17.: Chiellini kommt bei einer Ecke mit nach vorne. Neuseeland bringt den Ball nicht raus und Chiellini bekommt die Kugel am langen Pfosten auf den starken linken Fuß. Er trifft aber nicht richtig, und der Versuch geht vier Meter drüber.
27.: Montolivo zieht aus 20 Metern ab. Der Ball ist scheinbar auf dem Weg ins Toraus, dreht sich aber nach innen und zieht auf einmal Richtung Tor. Paston bleibt stehen, aber der Ball landet nur am Pfosten.
29., 1:1, Iaquinta (Elfmeter): Smith zieht De Rossi nach einem Freistoß in den Strafraum am Trikot - es gibt Elfmeter. Iaquinta verlädt Paston und trifft sicher zum 1:1. Unten rechts schlägt's ein.
70.: Camoranesi spielt Montolivo im Zentrum an. Der nimmt den Ball mit, legt ihn sich auf den rechten Fuß und zieht aus 30 Metern ab. Guter Schuss, aber Paston fliegt und faustet den Ball zur Seite.
83.: Der 18-jährige Wood spielt Cannavaro am Strafraum genial aus und zieht dann zum Tor. In Bedrängnis geht sein Schuss aus zehn Metern nur ganz knapp am langen Eck vorbei.
90.: Zambrotta spielt jetzt fast Mittelstürmer und hat die nächste Großchance. Von rechts zieht er in die Mitte und schießt aus sieben Metern aufs Tor. Aber Smith blockt den Schuss. Paston hätte den Ball nicht gehabt.
Fazit: Neuseeland erkämpfte sich gegen spielerisch enttäuschende Italiener verdient einen Punkt.
Der Star des Spiels: Ryan Nelsen(SPOX-Note 2). Der Kapitän der Neuseeländer trieb Gilardino zur Verzweiflung, der italienische Stürmer sah gegen den Blackburn-Verteidiger kein Land. Nelsen agierte kompromisslos, konzentriert und spielte seine körperliche Stärke aus. In Halbzeit zwei klärte er zweimal in höchster Not. Ebenfalls ganz stark: Torhüter Paston.
Die Gurke des Spiels: Alberto Gilardino (SPOX-Note 5). Zweites Spiel des Fiorentina-Stürmers, zweiter Flop. Dabei hatte er diesmal Iaquinta an seiner Seite. Doch Gilardino brachte auch diesmal so gut wie gar nichts auf den Rasen und fiel eigentlich nur mit einem Foul an Nelsen auf. Mickrige acht Ballkontakte hatte er in den ersten 45 Minuten vorzuweisen. Lippi nahm ihn zur Halbzeit runter und brachte Di Natale.
Die Pfeife des Spiels: Carlos Batres. Der Mann aus Guatemala hatte es bei Kopfballduellen mit vielen Ellbogen im Gesicht zu tun, legte die Situationen aber meistens richtig aus. Den Elfmeter konnte man geben, Smith zog De Rossi am Trikot. Das Tor der Neuseeländer hätte wegen Abseits abgefiffen werden müssen, die Situation war aber sehr schwer zu erkennen. Da kann man Batres keinen großen Vorwurf machen.
Analyse: Italien-Coach Lippi hatte seine Spieler vor den Standards der Kiwis gewarnt - nach sieben Minuten waren seine Worte schon verpufft und Neuseeland führte. Italien probierte es nach dem frühen Rückstand mit vielen langen Bällen und war fast nur nach Standards gefährlich. Von Montolivo und De Rossi kam in der Zentrale nur wenig, der aktivste Mann war Zambrotta, der über rechts fast auf einer Höhe mit Mittelfeldmann Pepe agierte.
Der Pfostentreffer von Montolivo (27.) war so etwas wie ein Weckschuss für die Azzurri. Der Weltmeister machte ein paar Minuten Druck und glich aus, danach ließ er es aber wieder gemütlich angehen. Tempo im Spiel? Fehlanzeige.
Zur Halbzeit kamen Camoranesi und Di Natale für Pepe und Gilardino. Montolivo rückte weiter nach vorne und teilte sich mit Camoranesi die Spielmacherrolle. Spielerisch besser wurde es dadurch nicht, Gefahr entstand meistens nur nach hohen Bällen oder Standards. Die Italiener spielten sich immer wieder in der Mitte fest, dort gab es aber so gut wie kein Durchkommen. Viel zu selten wurden die Außen Di Natale und Zambrotta (!) ins Spiel miteingebunden.
Nach zwei Spielen ist klar: Die Italiener tun sich schwer, wenn sie das Spiel machen müssen. Lippi wird froh sein, dass Pirlo vielleicht schon gegen die Slowakei wieder einsatzbereit ist.
Die Neuseeländer taten das, was sie am besten können: Tief stehen, den Gegenspielern keinen Platz zum Atmen lassen und vorne zwischendurch mit hohen Bällen für Gefahr sorgen.
Italien - Neuseeland: Daten zum Spiel