Ronaldo fühlt sich wie "weggeblasen", Mesut Özil schwärmt vom "hundertprozentigen Einsatz": Costa Rica surft vor dem Showdown der aufmüpfigen "Fußball-Zwerge" gegen Griechenland auf einer Welle der Sympathie. Nach drei Weltmeistern in der Vorrunde soll nun auch der Europameister von 2004 dran glauben. Doch Vorsicht ist geboten: Otto Rehhagels Erben brennen förmlich auf eine weitere Sensation.
"Wir haben gute Chancen", sagte Bundesliga-Profi Sokratis mit Blick auf das historische Achtelfinale seiner Griechen am Sonntag in Recife (22 Uhr im LIVE-TICKER). Zum ersten Mal steht "To Piratiko", das Piratenschiff, in der Runde der letzten 16 bei einer WM und wittert nun die große Chance, zehn Jahre nach dem EM-Triumph mit Rehhagel erneut für Furore zu sorgen. Sokratis und Co. wollen die Menschen in der von der Wirtschaftskrise gebeutelten Heimat weiter glücklich machen.
"DNA von Griechenland"
Bereits der Last-Minute-Sieg gegen die Elfenbeinküste (2:1) hatte unter der Woche für spontane Jubelfeiern unter der Akropolis gesorgt. Die Medien schrieben von einem "Wunder". Und selbst Regierungschef Antonis Samaras ist im fast 8000 Kilometer entfernten Athen inzwischen zum Fußballfan mutiert.
Auch gegen die Ticos soll die in der Öffentlichkeit häufig geschmähte, aber im Turnierverlauf so erfolgreiche Mauer-Taktik zum Schlüssel des Erfolgs werden. "Das ist nunmal die DNA von Griechenland", sagt Trainer Fernando Santos lapidar.
Doch der Portugiese, der seinen Rücktritt für das Turnierende bereits angekündigt hat, warnt vor der wichtigsten Partie einer griechischen Nationalmannschaft seit einem Jahrzehnt vor zu viel Euphorie. "Wir erleben gerade eine sehr intensive Zeit und müssen vorsichtig sein", sagte Santos, "denn wenn wir weiter Geschichte schreiben wollen, müssen wir wie in den letzten beiden Spielen zu Werke gehen." Will heißen: minimalistisch, defensiv und destruktiv.
Geschichte schreiben für das kleine Land
Auch Costa Rica setzt mit fünf Verteidigern auf eine stabile Defensive. Allerdings verzückte das Team von Jorge Luis Pinto bei den bisherigen Auftritten mit nahezu perfektem, weil schnörkellos und geradlinig vorgetragenem Konterspiel. Nach dem Gruppensieg vor den Weltmeistern Uruguay, Italien und England gilt Costa Rica bei den Buchmachern sogar als Favorit auf den Einzug ins Viertelfinale - es wäre der erste in der WM-Geschichte des kleinen Landes in Zentralamerika.
"Inzwischen kennt jeder Costa Rica und weiß, zu was wir in der Lage sind", sagte Coach Pinto nicht ohne Stolz. Die Favoritenrolle schob der Kolumbianer zwar weit von sich, doch sein Team sei zurzeit gut drauf. "Wir werden mit dem gleichen Respekt ins Spiel gehen wie gegen die drei Weltmeister", versprach Pinto. Die unbekümmerte Spielweise war auf der ganzen Welt staunend zur Kenntnis genommen worden.
"Eine wunderbare Überraschung"
"Costa Rica hat mich wirklich weggeblasen, das hätte ich echt nicht erwartet", sagte Brasiliens früherer Superstar Ronaldo. Der Weltmeister von 1994 und 2002 bezeichnete die Ticos als "eine wunderbare Überraschung, sie spielen mit Drive, wirklich toll. Das ist es doch, was wir bei der WM sehen wollen, diese Spielfreude, diese Überraschungen."
Und auch der deutsche Nationalspieler Mesut Özil zeigte sich angetan von den Leistungen des mittelamerikanischen Landes. "Es macht Spaß, sie spielen zu sehen. Sie geben immer 100 Prozent und sind deswegen erfolgreich", sagte Özil. Ronaldo glaubt allerdings "trotzdem nicht, dass sie noch sehr weit kommen werden". Vor allem die Griechen hören so etwas gerne.