Die krasse Fehlentscheidung des japanischen Schiedsrichters Yuichi Nishimura im WM-Eröffnungsspiel hat heftige Diskussionen losgetreten. Die kroatische Auswahl als Betroffene des Elfmeterpfiffs im Duell gegen Gastgeber Brasilien (1:3) am Donnerstag in Sao Paulo vermutete sogar eine Verschwörung.
Der Weltverband FIFA sah sich am Freitag zum Handeln und einer Stellungnahme gezwungen. Schiedsrichter-Chef Massimo Busacca nahm den Referee aus Asien in Schutz. "Der Schiedsrichter hatte eine sehr gute Position, und von da aus hat er diese Bewegung sehr gut sehen können. Es gab einen Kontakt. Wenn der Spieler nicht gehalten hätte, würden wir jetzt nicht diskutieren", sagte er über die Szene, die Nishimuras Elfmeterpfiff vor dem 2:1 Brasiliens vorausging.
"Streitfall" / "Schwarz oder Weiß"
In besagter Situation hielt der Kroate Dejan Lovren Brasiliens Stürmer Fred kurz fest, laut Busacca "erst mit der einen, dann mit der anderen Hand". Nishimura entschied auf Strafstoß - und Neymar brachte Brasilien 2:1 in Führung.
Busacca sprach immerhin von einem "Streitfall", in dem es nicht nur "Schwarz oder Weiß" gebe. Jedoch sei den Mannschaften vor dem Turnier in einem von 27 Beispiel-Videos klargemacht worden, dass Halten streng geahndet werden würde. Die Kroaten hätten also wissen müssen, was auf sie in solchen Fällen zukommt.
Außerdem war der Schweizer, früher selbst Schiedsrichter auf Weltklasse-Niveau, um Verständnis für seinen japanischen Kollegen. "Der Schiedsrichter trifft die Entscheidung in weniger als einer Sekunde. Er ist nicht der Verteidiger oder der Angreifer um zu verstehen, wie stark das Halten wirklich war", sagte er.
Schiedsrichteransetzungen besser zu durchdenken
Die ehemaligen FIFA-Schiedsrichter Bernd Heynemann (Magdeburg) und Urs Meier (Schweiz) übten dagegen vernichtende Kritik am Elfmeterpfiff. "Den Elfmeter hätte der Schiedsrichter nicht pfeifen dürfen", sagte Meier. Heynemann forderte die FIFA auf, die Schiedsrichteransetzungen besser zu durchdenken.
Der Brasilianer Fred habe den Strafstoß provoziert, betonte Meier im ZDF, "ein Schiedsrichter auf Weltklasseniveau hätte das sehen müssen." Heynemann lästerte bei Sport1, "da braucht man keine Zeitlupe", um die Unrechtmäßigkeit des Elfmeters, den Neymar zum 2:1 nutzte, zu erkennen.
Entschuldigung und Freude
Die Schiedsrichter hätten es nach diesem Start nun "besonders schwer", sagte Heynemann und fügte an, die FIFA müsse besser darauf achten, welche Schiedsrichter sie jetzt nominiere: "Wichtig ist, dass jetzt nichts mehr passiert. Es ist wichtig, welche Ansetzungen die Schiedsrichterkommission jetzt tätigt." Der deutsche Schiedsrichter Felix Brych leitet am Samstag die Begegnung zwischen Uruguay und Costa Rica.
Während sich die brasilianische Tageszeitung O Globo auf Japanisch ("Arigato") für den Elfmeterpfiff von Nishimura bedankte, reagierten japanische Fußballfans verschämt auf die Fehlentscheidung ihres Landsmanns. In den sozialen Netzwerken entschuldigten sich Japaner für die Entscheidung ("Sorry, Croatia"), zahlreiche fingierte Fotos zeigten den Schiedsrichter mit einem brasilianischen Trikot.