Tischtennis statt Training, Schwimmen statt Standards: Trainer-Routinier Ottmar Hitzfeld gönnte den Spielern der Schweizer Nationalmannschaft vor dem WM-Start in der Gruppe E am Sonntag in Brasília gegen Ecuador noch einmal Ablenkung. Mit der Ankunft in der brasilianischen Hauptstadt zählte für den Erfolgstrainer auf seiner Abschiedstournee aber nur noch ein erfolgreicher Start ins Turnier.
"Für uns zählt momentan nur dieses Spiel. Natürlich sind die anderen Gegner im Hinterkopf. Aber Ecuador wird unser erstes Finalspiel", sagte der 65-Jährige und rief seiner mit neun Bundesliga-Legionären gespickten Mannschaft die besondere Bedeutung des Vergleichs mit den Südamerikanern in Erinnerung: "Ecuador ist ein Mitkonkurrent für die Achtelfinal-Qualifikation. Es ist entscheidend, gegen sie gut in die Gruppe zu starten. "
"Die Stürmer sind überragend"
Besonders vor dem Angriff des Gegners zeigt Hitzfeld großen Respekt. "Die Stürmer sind überragend. Es ist eine starke Mannschaft mit guten Individualisten. Sie haben ein gutes Konterspiel, sie können blitzschnell umschalten. Wir müssen eine Top-Leistung bringen, um zu gewinnen", sagte der ehemalige Meistermacher von Borussia Dortmund und Bayern München vor seiner letzten großen Mission.
An seinen bevorstehenden Renteneintritt verschwendet Hitzfeld aber noch keinen Gedanken. Nach dem Vorrundenaus bei der WM 2010 in Südafrika trotz eines Auftaktsieges gegen den späteren Weltmeister Spanien und der verpassten Qualifikation für die EURO 2012 in Polen und der Ukraine brennt der Gentleman auf Wiedergutmachung: "Wir sind bereit, eine große WM zu spielen. Wir haben eine stärkere Mannschaft als 2010. Auch menschlich passt die Mannschaft besser zusammen."
Dafür überlässt Hitzfeld nichts dem Zufall. Im Estadio Municipal in Porto Seguro ließ er in den vergangenen Tagen oft hinter verschlossenen Türen trainieren. "Wenn wir öffentlich trainieren", stellte Hitzfeld mit Nachdruck fest, "geht das um die ganze Welt. Der Gegner könnte sich auf uns einstellen."
Löws Hitze-Konzept auch bei Hitzfeld
Das soll weder Ecuador noch die weiteren Vorrundengegner Frankreich und Honduras. "Es wird schon schwer, überhaupt durch die Gruppe zu kommen. Vom Viertelfinale will ich nicht sprechen", sagte der Gladbacher Coach Lucien Favre zur Ausgangslage seiner Schweizer Landsleute. Frankreich sei Favorit, Ecuador und Honduras gefährlich. Auch, weil sie an das Klima gewöhnt seien, so Favre.
Routinier Hitzfeld hat die besonderen Umstände in Brasilien aber berücksichtigt. Um sich an die klimatischen Bedingungen zu gewöhnen, ließ Hitzfeld wie Bundestrainer Joachim Löw in der Mittagshitze trainieren.
"Befreiende Motivation"
"Diese Bedingungen zu ignorieren, wäre fatal", sagte Hitzfeld, der das Abschlusstraining mit der "Nati" am Samstagmorgen im Estadio Nacional in Brasilia absolvierte und die Gegebenheiten vor Ort lobte: "Das ist ein fantastisches Stadion mit einem sehr großen Platz. Der Rasen ist fantastisch. Es sind beste Bedingungen, um ein gutes Spiel zu machen."
Dass die Begegnung gegen Ecuador bereits seine drittletzte als Trainer sein kann, daran denkt der Lörracher nicht. Wehmut soll ohnehin nicht aufkommen: "Für mich ist es eher eine befreiende Motivation, dass ich weiß: Nach der WM ist Schluss - und man muss nicht schon wieder die EURO vorbereiten." Seine Spieler sehen das allerdings anders. "Schade, dass er geht", sagte der Wolfsburger Ricardo Rodriguez.