Trainer Vicente Del Bosque wird wohl gehen, Xavis Zeit ist abgelaufen, Xabi Alonso tritt zurück, Iker Casillas und David Villa stehen vor dem Abschied: Die Goldene Generation Spaniens verlässt nach dem kläglichen WM-Aus mit dem nur erdenklich tristesten Spiel am tristesten Ort der Endrunde die große Bühne.
Das letzte Spiel des Weltmeisters am Montag in Curitiba gegen Australien wird zur Randnotiz eines Turniers, in dem die bestimmende Mannschaft des vergangenen Jahrzehnts nur noch eine bemitleidenswerte Kopie glorreicher Zeiten war.
Immerhin: Schönreden will im Lager der "Seleccion" niemand das schmähliche Abschneiden mit den beiden Niederlagen gegen die Niederlande (1:5) und Chile (0:2). "Wir haben bei dieser WM geschlossen versagt. Die Alten, die Jungen, die Trainer", sagte Coach Del Bosque: "Es ist alles unsere Schuld."
Aus Scheitern lernen
Doch was sind die Lehren aus dem Scheitern Spaniens? Einem Land, das zwischen 2008 und 2012 die Fußballwelt gnadenlos beherrscht hat. Aus dessen Hauptstadt zwei Mannschaften das Champions-League-Finale 2014 bestritten haben, mit zwölf spanischen Spielern, die beim Anpfiff auf dem Platz standen.
"Ich glaube, in den nächsten 100 Jahren wird es eine solche spanische Mannschaft nicht mehr geben - egal wie viele Talente nachkommen. Die aktuellen Spieler sind nicht zu ersetzen", sagte der frühere deutsche Nationalkeeper Oliver Kahn. Der gehört gewiss nicht einmal zu den profundesten Kennern des spanischen Fußballs, doch das muss man nicht einmal sein, um triste Jahre für die Iberer heraufzubeschwören.
Denn was kommt denn nach, wenn selbst das ewige Talent Fernando Torres mit 30 Jahren fußballerisch kurz vor dem Verfallsdatum steht? Linksverteidiger César Azpilicueta (24), Mittelfeldmann Koke (22) und Ersatztorwart David de Gea (23), drei Mitläufer, sind die einzigen Spieler im Kader, die jünger als 25 sind. Der verletzte Bayern-Mittelfeldmann Thiago (23) wird zurückkehren, Vereinskollege Javi Martinez (25) hat ebenfalls Führungs-Qualitäten.
Rückfall in alte Zeiten?
Doch das wird nicht reichen. Spanien könnte in jene Bedeutungslosigkeit zurückfallen, in der es zwischen den EM-Titeln 1964 und 2008 dahinsiechte. Das hemmungslose Schulden-Wettrennen zwischen Real und Barca hat die heimische Liga ruiniert, die Talente aus der U21, die seit Jahren in Europa alles abräumt, versanden auf dem Weg ins Nationalteam irgendwo zwischen Albacete und Saragossa.
"Wenn es an mir liegt, dann bin ich bereit, sofort zu gehen", sagte Del Bosque. An ihm liegt es sicher nicht. Bei Real Madrid 2003 wurde er schon einmal vorzeitig entsorgt, noch heute trauert man ihm in der Hauptstadt nach. Der Menschenversteher aus Salamanca wäre der richtige Mann für den Neuaufbau, aber er wirkt leer, ausgelaugt, verbrannt. Irgendwie steht er sinnbildlich für diese Mannschaft.
Und so kommt es in Curitiba gegen Australien noch einmal zu einem Spiel, das eigentlich Kabel 1 als Nostalgie-Match übertragen müsste. Dann wird Xavi noch einmal zeigen, was nur er am Ball kann, Casillas die sagenhaftesten Reflexe auspacken, die es bei einem Torwart je gab, David Villa an den großen David Villa erinnern.
In Spanien werden es die Fans mit Tränen in den Augen verfolgen: Eine solche Generation wird es nicht mehr geben. Nicht in naher Zukunft. Nicht in 100 Jahren.