WM

Schweizer Debakel gegen Les Bleus

Die Vorentscheidung: Mathieu Valbuena schließt einen Konter zum zwischenzeitlichen 3:0 ab
© getty

Durch einen nie gefährdeten 5:2 (3:0)-Sieg gegen die Schweiz hat sich Frankreich die Tabellenführung in der Gruppe E gesichert. Eines der unterhaltsamsten Spiele der WM in Brasilien bot mit sieben Toren die meisten Treffer im bisherigen Turnier.

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Vor 51.003 Zuschauern in der Arena Fonte Nova in Salvador brachten Olivier Giroud (17.) und Blaise Matuidi (18.) die Equipe Tricolore mit einem Doppelschlag innerhalb von 67 Sekunden in Führung. Nachdem Karim Benzema vom Punkt aus an Diego Benaglio scheiterte (32.), machte es Mathieu Valbuena fünf Minuten vor der Pause besser und besorgte die Vorentscheidung.

Nach der Pause steuerten Benzema (67.) und Moussa Sissoko (73.) weitere Tore für Frankreich bei. Die Eidgenossen konnten durch Blerim Dzemailis Freistoß-Tor (81.) und Granit Xhaka (87.) nur noch Ergebnis-Kosmetik betreiben.

Das Führungstor durch Giroud war das 100. WM-Tor in der Geschichte der Grande Nation. Das letzte Mal, dass die Equipe Tricolore bei einer Weltmeisterschafts-Endrunde mit drei Toren Vorsprung in die Halbzeit ging, war bei der ersten WM 1930 gegen Mexiko (Endstand 4:1)

Reaktionen:

Ottmar Hitzfeld (Trainer Schweiz): "Ich bin sehr enttäuscht über unsere Niederlage. Wir haben einen rabenschwarzen Tag erwischt. Wir haben nicht zu unserem Leistungspotenzial gefunden. Der Gegner konnte auf unsere Fehler lauern."

Didier Deschamps (Trainer Frankreich): "Der Abend hätte noch perfekter sein können. Aber: 5:2 zu gewinnen, das ist ein großartiger Sieg."

SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Ottmar Hitzfeld setzt auf insgesamt sechs Bundesligaspieler in der Startelf der Eidgenossen. Im Vergleich zum Last-Minute-Sieg gegen Ecuador gibt's zwei Änderungen. Seferovic ersetzt Drmic im Sturm, Mehmedi beginnt für Stocker auf dem linken Flügel.

Didier Deschamps stellt bei Frankreich ebenfalls zweimal um. Giroud und Sissoko dürfen von Beginn an ran und verdrängen Pogba und Griezmann auf die Bank.

6.: Benzema kommt 20 Meter vor dem Kasten der Schweizer an den Ball, findet keine Anspielstation und versucht's mit einem Schlenzer aufs lange Eck. Ein halber Meter fehlt!

9.: Giroud trifft von Bergen unglücklich mit dem Fuß im Gesicht. Der Innenverteidiger blutet stark, für ihn geht es nicht weiter. Senderos kommt in die Partie.

17., 0:1, Giroud: Der Arsenal-Stürmer erzwingt eine Ecke, die Valbuena von rechts ausführt. Die Hereingabe landet am zweiten Pfosten, wo Giroud elf Meter vor dem Kasten am höchsten springt einnickt. Benaglio ist mit den Fingerspitzen noch dran, kann den Einschlag aber nicht mehr verhindern.

18., 0:2, Matuidi: Was ist denn hier los? Nach dem Anstoß spielt Behrami einen Katastrophenpass direkt in die Beine von Benzema, der Matuidi links in den Sechzehner schickt. Benaglio sieht beim Flachschuss auf die kurze Ecke gar nicht gut aus. 67 Sekunden lagen zwischen den Toren.

30.: Die Schweiz über Mehmedi im Vorwärtsgang. Den Abschluss des Freiburgers aus der Distanz kann Lloris nur zur Seite abwehren, wo Shaqiri den Ball aus zwölf Metern direkt nimmt und den Nachschuss aufs lange Eck versucht. Hauchzart streicht die Kugel am Pfosten vorbei!

32.: Es ist nicht zu fassen! Djourou legt Benzema mit einem unnötigen wie dämlichen Foul - Elfmeter. Der Gefoulte tritt selbst an und scheitert an Benaglio, der schnell im linken Eck ist. Der Abpraller springt hoch zurück ins Feld, wo Cabaye heran rauscht und die Kugel aus fünf Metern vor dem leeren Tor volley an die Latte donnert.

40., 0:3, Valbuena: Eine Ecke der Eidgenossen wird dank des schnellen Umschaltens von Benzema und Varane zum Konter für Frankreich. Giroud ist nach einem Steilpass auf links komplett frei durch und passt perfekt in die Mitte, wo Valbuena locker einschiebt.

60.: Die Schweizer Abwehr schwimmt bei einem schnellen Gegenstoß, über Cabaye kommt Benzema zentral an der Strafraumkante an den Ball. In seinen Versuch wirft sich Djourou, der den Ball abfälscht und über die Latte lenkt.

64.: Lichtsteiner setzt sich rechts durch und bringt eine halbhohe Hereingabe, die an Freund und Feind vorbei segelt und schließlich beim blanken Mehmedi am zweiten Pfosten landet. Der Schweizer hat Probleme bei der Ballannahme und semmelt gegen den herausstürmenden Lloris aus wenigen Metern weit drüber. Da war mehr drin!

67., 0:4, Benzema: Pogba zaubert einen Außenristpass aus dem rechten Halbfeld in den Strafraum. Senderos bekommt das lange Bein nicht mehr hin, Benzema wirft sich am Fünfereck in die Kugel und tunnelt Benaglio.

73., 0:5, Sissoko: Jetzt wird's ganz bitter. Konter Frankreich, Vorlage Benzema - Sissoko schiebt ihn aus halbrechter Position mühelos in die lange Ecke.

81., 1:5, Dzemaili: Freistoß aus knapp 25 Metern. Dzemaili tritt an und hämmert das Ding flach gen Mauer, doch Benzema und Pogba schaffen es irgendwie, die Kugel passieren zu lassen. Im linken Eck schlägt's ein!

87., 2:5, Xhaka: Inler schickt Xhaka mit einem weiten Pass hinter die Abwehr. Der Gladbacher nimmt die Kugel im Sechzehner sehenswert direkt und lässt Lloris keine Chance. Schönes Tor!

Fazit: Frankreich sichert sich verdiente drei Punkte, profitiert beim klaren Sieg aber auch von einer indiskutablen Abwehrleistung der naiv verteidigenden Schweizer.

Der Star des Spiels: Karim Benzema (SPOX-Note 1,5). Der Real-Stürmer hatte bei fast allen gefährlichen Aktionen der Franzosen seine Füße im Spiel und gewann starke 66,7 Prozent seiner Zweikämpfe. Schoss ein Tor selbst und bereitete zwei Treffer direkt vor. Einziger Schönheitsfehler war der vergebene Strafstoß aus Halbzeit eins.

Der Flop des Spiels: Johan Djourou (SPOX-Note 6). Der Innenverteidiger stand stellvertretend für die desolate Verteidigung der Schweizer. Führte in 90 Minuten inakzeptable drei Zweikämpfe (einen am Boden, einen in der Luft), von denen er keinen einzigen gewann. War zu jeder Zeit heillos überfordert.

Der Schiedsrichter: Björn Kuipers (Niederlande) bewies bei der Leitung des turbulenten Spiels viel Übersicht und leistete sich nur einen Fehler: Er pfiff das Spiel während eines Angriffs der Franzosen ab - Sekunden später traf Benzema, doch das Tor zählte natürlich nicht mehr. Xhakas Tor wegen Abseits abzuerkennen (27.) war dagegen ebenso richtig wie beim Einsteigen von Djourou gegen Benzema auf den Punkt zu zeigen (31.).

Das fiel auf:

  • Die Eidgenossen starteten giftig ins Spiel und zwangen Frankreich durch frühes Stören immer wieder zu überhasteten und unpräzisen Abspielen. Xhaka - nomineller Zehner - gab im Spiel gegen den Ball fast schon eine zweite Spitze.
  • Der neue Mann im Sturm Giroud verdrängte Benzema auf den linken Flügel, wo der Real-Stürmer mit seiner Präsenz trotzdem als Fixpunkt im Angriff der Franzosen agierte. Mit seiner physischen Präsenz sicherte er viele Bälle und war so an vielen Angriffen als Impulsgeber beteiligt.
  • Nach dem Doppelschlag der Equipe Tricolore aus heiterem Himmel war bei den Eidgenossen die Verunsicherung logischerweise zu spüren. Gerade, als sich die Mannschaft nach einer guten halben Stunde wieder ins Spiel zurück biss und durch den gehaltenen Elfmeter eigentlich im Aufwind war, liefen die Schweizer naiv in den vorentscheidenden Konter.
  • Die Schweizer Abwehr glich nach dem verletzungsbedingten Aus von Abwehrchef von Bergen einem Hühnerhaufen. Die Eidgenossen offenbarten große Probleme bei schnellen Gegenstößen und bekamen keinen Zugriff auf die französische Dreier-Offensive. Vor allem Djourou und der eingewechselte Senderos lieferten eine verheerende Partie ab.
  • Die Schlussoffensive der Schweizer mit den zwei Treffern war darauf zurück zu führen, dass Frankreich gegen Ende der Partie mehrere Gänge zurückschalteten. Von sich aus hatten Shaqiri und Co. zu keiner Zeit eine realistische Chance.

Schweiz - Frankreich: Die Statistik zum Spiel