US-Coach Jürgen Klinsmann dachte nur Minuten nach dem 2:2 gegen Portugal bereits an das Prestigeduell gegen Deutschland. Ein "Gijón 2014" schloss der Schwabe aus.
Als die Sprache auf die "Schande von Gijón" kam, war für Jürgen Klinsmann Schluss mit lustig. Mit kämpferischer Miene schloss der schwäbische US-Coach einen Nicht-Angriffspakt mit seinem Heimatland aus - und prophezeite der deutschen Mannschaft gleichzeitig einen heißen Tanz.
"Wir sind kein Team, das für ein Unentschieden gemacht ist. Wir kämpfen immer um den Sieg, das ist unser Spirit. Und zwar in jedem einzelnen Spiel", sagte Klinsmann nach dem spektakulären 2:2 (0:1) der Amerikaner bei der WM gegen Portugal in der brasilianischen Dschungel-Metropole Manaus.
Und weil der ehemalige Bundestrainer die Vorfreude auf das Prestigeduell mit seiner ehemaligen Mannschaft am Donnerstag in Recife kaum verbergen konnte, ließ er die nächste Ansage an Kumpel Joachim Löw folgen.
Howard glaubt an Sieg
"Wir sind voller Selbstvertrauen und hungrig", erklärte Klinsmann mit leuchtenden Augen und bekräftigte sein Ziel: "Gegen Deutschland gewinnen und Gruppenerster werden." Die deutsche Hymne will der 49-Jährige ungeachtet der speziellen Brisanz der Partie aber "natürlich" mitsingen.
Auch US-Keeper Tim Howard ließ keinen Zweifel daran, dass beim WM-Viertelfinalisten von 2002 der Glaube an einen Sieg gegen den punktgleichen Favoriten ausgeprägt ist.
"Wir gehen mit dem Gefühl da rein, eine wirkliche Chance zu haben", sagte der 35-Jährige vom FC Everton und träumte bereits vom Achtelfinale: "Wir haben die große Möglichkeit, in dieser Todesgruppe weiterzukommen, und sind enthusiastisch."
Skandal in Spanien
Dass beiden Teams bereits ein Unentschieden für den Sprung in die Runde der letzten 16 reicht, lässt dennoch Erinnerungen an eine schwarze Stunde der deutschen WM-Geschichte wach werden.
Bei der Weltmeisterschaft 1982 in Spanien hatte der Nicht-Angriffspakt zwischen der DFB-Auswahl und Österreich (1:0) im abschließenden Vorrundenspiel in Gijón für einen Skandal gesorgt. Es war genau das Ergebnis, das beide Mannschaften zum Weiterkommen brauchten.
Klinsmann war damals gerade mal 17 Jahre alt, doch der Weltmeister von 1990 erinnert sich mit Grausen an die Negativ-Schlagzeilen von einst.
Kein Wunder, dass der Wahl-Kalifornierer nach dem Unentschieden in Manaus ein zweites Gijón ausschloss. Nein, er erwarte nicht, dass Löw sich vor Donnerstag noch einmal melde. "Es ist nicht die Zeit für Freundschafts-Anrufe. Jetzt geht es ums Business", sagte Klinsmann mit entschlossenem Blick.
Bento traut Löw und Co.
Portugals Coach Paulo Bento jedenfalls glaubt nicht an eine Absprache zwischen den Freunden Klinsmann und Löw. "Ich schätze, beide wollen gewinnen. Außerdem: Ich verdächtige keine Kollegen", meinte Bento, dessen Mannschaft bei einem Unentschieden der Konkurrenten de facto ausgeschieden wäre.
Besonders die Deutsch-Amerikaner in Klinsmanns Formation sind heiß auf das Kräftemessen mit jener Equipe, die ihr aktueller Coach bei der Heim-WM 2006 auf Platz drei geführt hatte. "Für alle Beteiligten mit deutschen Wurzeln wird es ein besonderes Spiel", prophezeite der Ex-Schalker Jermaine Jones.
Der im Frankfurter Problemviertel Bonames aufgewachsene Mittelfeld-Abräumer will dabei keine Rücksicht auf sein Geburtsland nehmen. "Die Deutschen wollen weiterkommen. Aber auch wir wollen das und werden alles dafür tun", versprach Jones, der durch seinen Ausgleichstreffer zum 1:1 (64.) gegen Portugal eine fast perfekte Aufholjagd eingeläutet hatte.
Last-Minute-Schock durch Varela
Zwar legte US-Stürmer Clint Dempsey (81.) in der Arena Amazonia nach, doch nach einer Flanke des ansonsten enttäuschenden Weltfußballers Cristiano Ronaldo gelang dem eingewechselten Varela in letzter Sekunde noch der späte Ausgleich (90.+5) für Portugal. Nani (5.) hatte die Portugiesen früh in Führung gebracht.
Klinsmann-Berater Berti Vogts jedenfalls stapfte nach dem Abpfiff angesäuert durch die Mixed Zone. "Wir haben den Sieg verschenkt. Das ist schade", sagte der frühere Bundestrainer. Klinsmann blickte zu diesem Zeitpunkt bereits nach vorne: "Jetzt müssen wir Deutschland schlagen. Das wird ein weiteres Finale, aber darum geht es bei einer WM."
Boris Becker wunderte sich derweil im fernen Wimbledon ein wenig über die forschen Ansagen des US-Coaches. "Lustig, wie Klinsmann über Deutschland spricht. Das Land, in dem er geboren wurde und aufgewachsen ist. Ich wünsche ihm Glück", twitterte die Tennis-Ikone.